Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/263

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Börnichen


10 Minuten von Oederan, auf bedeutender Anhöhe über dieser Stadt, aber dennoch in einer seichten Vertiefung am Abhange des Börnicher Baches und am westlichen Gehänge der Börnicher Höhe gelegen, wo man im Vordergrund die Krone des Gebirges, das nur 1½ Stunde entfernte Schloss „Augustusburg“ erblickt.

Nach Nordwesten hin erreicht das Auge das Niederland und sogar die höhern Flächen von Leipzig, gegen Süden erhebt sich das Gebirge jenseits Augustusburg, welches sich nebst Schellenberg hier prachtvoll und malerisch erhebt, und zwar in theatralischer Entfernung empor bis zu seinen höchsten Spitzen, dem Keil- und Fichtelberge.

In unmittelbarer Nähe und einer kurzen Entfernung, wie sie oben schon angedeutet worden, liegt die Stadt Oederan.

Durch den Ort führt der Hainicher Fussweg welcher zur Belebung desselben viel beiträgt.

Das Dorf selbst erstreckt sich ziemlich lang in östlicher Richtung und das Schloss steht im nördlichen Abhange des Thals; hinter demselben zieht sich der französische und englische Garten. Dieses sehr weit sichtbare und in seinem kürzern Hauptflügel wahrhaft prächtige Schloss wurde in Jahre 1745 vollendet, hat 2 Etagen, in allen Flügeln 27 Fenster in der Breite und gilt als Zierde der hiesigen Umgegend.

Das Schloss selbst bildet mit einem Theile der Wirthschaftsgebäude einen sehr schönen geräumigen Hof in einem länglichen Vierek, und ist durchaus massiv von dicken Mauern erbaut, mit Schiefer- und Ziegel-Bedachung versehen. Das Innere desselben enthielt eine grosse Anzahl von comfortabel und luxuriös eingerichteten Zimmern.

Namentlich bemerkenswerth in diesem Schlosse ist die Bibliothek, mit einer grossen Anzahl französischer und italienischer Werke ausgestattet – eben so die schöne Sammlung verschiedenartiger älterer und neuerer Waffen und Gewehre – besonders aber der grosse Ahnensaal, welcher vom jetzigen Besitzer mit grosser Vorliebe restaurirt und mit alten Stiftungen, Fahnen und Waffen geschmückt und ergänzt worden ist.

Dieser Saal enthielt die grösstentheils höchst werthvollen und von berühmten Meistern (Cranach, Holbein u. s. w.) gemalten Bilder aller der Herren von Schönberg und deren Frauen, welche Börnichen und die herrliche Ahnenreihe bildeten, die bis in das 15. Jahrhundert zu rückreicht.

Damals besass das Rittergut Börnichen Kaspar von Schönberg auf Sachsenburg mit allem heutigen Zubehör, jedoch ohne das Beigut Hohenlinde, welches früher Oederans Stadtgut war.

Den Ursprung dieser berühmten Familie von Schönberg haben wir schon bei der Beschreibung vom Rittergute Rothschönberg hinlänglich erörtert, so dass wir füglich hier darüber hinweggehen können und nur so viel zu erwähnen haben, dass sich nach und nach dieses hochadelige Geschlecht in verschiedenen Linien, in die Sachsenburger (jetzt Börnicher), Wingendorfer und Pfaffenröder, in die Reinsberger, Rothschönberger, Stollberger (jetzt Lausitzer) die wieder in verschiedene Nebenlinien zerfielen, sich theilte.

Als gemeinsamer Stammvater von allen diesen Linien wird Caspar von Schönberg angenommen, nicht desshalb, weil er etwa der einzige von Schönberg gewesen, sondern weil von ihm an erst sich diese Linien und das jetzt in Sachsen und den angrenzenden Ländern blühende Geschlecht von ihm abstammt und von ihm an erst genaue Stammbäume, Lehnbriefe, Urkunden und Nachrichten ausgehen.

Caspar von Schönberg war geboren 1324 und starb 1389. Er besass Neusorge, Wilsdruf, Burschenstein,[VL 1] welches er 1336 von seinem Vater Ascanius in Lehn erhielt – Sachsenburg, Rothschönberg, und ausserdem Limbach und Frankenberg. Erst ein Urenkel von diesem Caspar von Schönberg, Hans von Schönberg, Vormund des Prinzen und Verweser von Sachsen, vermählt mit Anna von Hirschfeld aus dem Hause Otterwisch acquirirte Börnichen, von welchem es an Caspar III., dem Geheimen Rath und Landesverweser kam. Letzterer war mit einer Margaretha von Bünau aus dem Hause Weesenstein verheirathet. Aus dieser Ehe gingen 3 Söhne hervor, Hans, Wolf und Caspar, welche nach dem Tode des Vaters in Jahre 1496 in dessen Güter sich theilten, und zwar so, dass die jüngeren, Wolf und Caspar die Güter Sachsenburg, Neusorge, Frankenberg erhielten und so die Gründer dieser neuen Linie wurden, aus welcher, nachdem 1609 Neusorge, Frankenberg und Sachsenburg an den Kurfürst Johann Georg verkauft wurden, die Limbach, Mittelfrohnau, jetzt Pfaffröder Linie entstand. Der älteste Sohn Hans erhielt Oberschöna und Börnichen, erwarb sich Pulsnitz und war der Gründer der Schöna’schen oder wie sie seit Ende des 17. Jahrhunderts heisst, der Börnicher Linie, weil die Herren von Schönberg

     Erzgebirgischer Kreis, 22. Heft oder 114. der ganzen Folge.

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Purschenstein
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/263&oldid=- (Version vom 17.8.2017)