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Tuttendorf


liegt nordöstlich ½ Stunde von Freyberg entfernt im gekrümmten, angenehmen, von Fichten und Laubholz beseiteten Thale der sich hindurchschlängelnden Mulde.

Den Namen des Ortes erklären Einige durch Theodonisdorf (woher auch Dietenhofen oder Thionville benannt worden sei), Andre durch Theodotusdorf. Indess kommt schon 1185 der Name Tutendorf vor und deshalb ist wohl an den altdeutschen Namen Tute, Teute, Taute zu denken, von welchem so viele andere Ortsnamen abstammen.

Tuttendorf bildete ursprünglich ein besonderes Erblehngut mit eigenen Gerichten, welches die Schriftsässigkeit erlangte und ist der Ort selbst sehr alt. Ja, man hat die Vermuthung aufgestellt, dass derselbe sammt Christiansdorf als eigentlicher Mutterort der Colonie Freyberg zu betrachten sei. Denn der Bergbau Tuttendorfs, vormals sehr belebt, seit 3 Jahrhunderten aber nicht bedeutend, soll älter sein als der Freyberger, eine Behauptung, die dadurch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, dass unter andern Tuttendorf, des ergiebigen Bergbaues wegen, von dem Bezirke des durch Otto den Reichen 1162 gestifteten Klosters Altenzelle urkundlich ausgeschlossen blieb.

Mit dem nahe gegenüber, auf dem rechten Muldenufer gelegenen Conradsdorf, durch eine Brücke in Verbindung gesetzt, ist das rücksichtlich seiner Gebäude von der Mulde nach Freyberg zu sich ziehende Tuttendorf, von dem tiefer liegenden Dorfe Halsbrücke nur eine kleine halbe Stunde entfernt.

Das hiesige Herrenhaus zeichnet sich durch seine Grösse und schöne Bauart aus und gewährt für unser Album gewiss ein herrliches Bild.

Die früheren Besitzer des Gutes sind wegen mangelnden Nachrichten nicht mehr mit Bestimmtheit zu ermitteln gewesen. Auf alle Fälle stand es, wie die anderen Orte des Freyberger Bergbaues, in den ersten Jahrhunderten unter einem Advocatus oder Voigt, auch Friedensrichter genannt. Erst nach Beseitigung dieser Voigte mag Tuttendorf ein selbstständiges Gut geworden sein. Denn als erster bekannter Besitzer von 1451 wird uns der Freiberger Bürgermeister Weller von Molsdorf genannt, derselbe, welcher bei der Landestheilung zwischen Friedrich dem Sanftmüthigen und Herzog Wilhelm auf des Ersteren Ansinnen, Wilhelmen die Treue zu versagen, dem Kurfürsten die Wahl stellte, sie sterben oder treu bleiben zu lassen, worauf letzteres der Kurfürst Friedrich vorzog.

Durch den Bürgermeister Weller von Molsdorf kam Tuttendorf an den Stadtrath zu Freyberg, als den Verwalter des Johannishospitales, von welchem es die Scheunert’sche Familie aquirirte, bei welcher solches sich jetzt noch befindet. Herr August Wilhelm Scheunert ist der dermalige Besitzer.

Tuttendorf liegt in einem milden und schon viel Laubholz zeugenden Thale, gegen 900 bis 950 par. Fuss über dem Meere.

Unterwärts vermitteln es einzelne Häuser so ziemlich mit Halsbrücke. Die Mulde hat hier sehr gekrümmten Lauf, weshalb der Ort im Thale nirgends weit zu sehen ist; auch dehnt sich derselbe nicht nach hiesiger

     Erzgebirgischer Kreis, 21. Heft oder 110. der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/251&oldid=- (Version vom 17.8.2017)