Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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¼ Stunde westlich von der Stadt Freiberg an der Strasse von Oederan gelegen.
Freibergsdorf kann ziemlich für eine Vorstadt von Freiberg gelten, da es nicht allein mit der Petersvorstadt ziemlich genau zusammenhängt; sondern da auch die Freiberger Ferne-Siechenkirche erst jenseits dieses Dorfes steht.
Das Dorf selbst treibt wenig Ackerbau, da es viel Bergleute, Handwerker und Tagelöhner zu Bewohnern hat.
Früher galten die äuseren Sitten der Bewohner nicht für die besten; doch hat in der neuern Zeit sich dies in vielen Stücken gebessert und die hiesigen Bergmannsjungen sind lange nicht mehr so verschrieen wie sonst.
Der Ort zieht sich fast ⅜ Stunde lang an der Südseite der Oederaner Chaussee bis in die Nähe des Spitalwaldes hinauf. Daher die Sage, dass man hier die Gänse nur auf einer Seite brate. Eine Sage, die sonst auch von den Thonberg-Strassenhäusern bei Leipzig existirte. Von den letzteren Häussern möchte diese Sage nicht mehr ganz passen, da in der neuern Zeit auf der entgegengesetzten Seite ebenfalls Häuser entstanden sind.
Das Rittergut Freibergsdorf ist älter als die Stadt Freiberg und war von seiner Entstehung an im Besitze der Familie von Freiberg. Nachdem es Alb. von Freiberg und seine Gemahlin geb. Holdecke besessen hatte, eignete es Heinrich der Erlauchte 1259 der Stadt Freiberg zu, aber nur als Allodialgut.
Damals gehörte eine bedeutende Waldung zum Rittergute, welche aber im 16. Jahrhundert von 2 Bürgermeistern zu Freiberg zum offenbaren Schaden der Stadt an Kaspar Freibergern verkauft wurde, später und zwar im Jahre 1690 besass das Gut der Bergrath von Schönleben. Im 19. Jahrhundert war das Kleeberg’sche Geschlecht damit beliehen.
Der derzeitige Besitzer ist Herr Adolph Börner.
Die Gebäude des Ritterguts sind, wie die Abbildung darthut, wohlgebaut, wenn auch das Rittergut an sich nicht so stark ist. Es leistete sonst ein Ritterpferd.
Eingepfarrt ist der Ort nach der St. Johanniskirche. Das dieser Kirche nahe Hospital wurde von 1224 an durch milde Beiträge gestiftet.
In den Jahren 1272, 1280 und 1295 kamen die Dörfer Hilbersdorf, Ober-Bobritzsch und Sohra mit allen Einkünften und Gefällen, auch 1309 das Zinsgetreide von Lichtenberg und 1334 der Zehend in Conradsdorf, als Geschenk an das Hospital, dessen Vermögen nach und nach wuchs.
Das Meiste hat dieses Hospital Heinrich dem Erlauchten zu verdanken.
Dieses Hospital ist ohne Zweifel eines der reichsten Sachsens, indem der Stadtrath qua. Verwalter des Spitals mehrere seiner ansehnlichsten Ortschaften, 3 Vorwerke und beide Spitalwälder besitzt. Von letzteren verbreitet sich einer zwischen Bobritzsch, Sohra und Pretzschendorf und umschliesst die Ruinen des Raubschlosses Sohra, der andere liegt zwischen Freibergsdorf, St. Michaelis und Kleinschirma und enthält auch den Hungerbrunnen, woraus die Bergleute häufig das Trinkwasser holen und welchen 1681 die Kurfürstin Margaretha mit ihrem ganzen Hofstaate besuchte, bei welcher Gelegenheit die Kurfürstin im Rittergute Freybergsdorf mit einsprach.
In die Kirche zu St. Johannis geschahen die im Jahre 1261 von Heinrich dem Erlauchten abgeschafften Wallfahrten zur wächsernen und schönen Maria.
Erzgebirgischer Kreis, 20. Heft oder 105. der ganzen Folge.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/239&oldid=- (Version vom 17.8.2017)