Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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an der Strasse von Annaberg nach Chemnitz, unfern des südlich sich erhebenden Greifensteins an einem Bache, der nach seiner Vereinigung mit dem Ehrenfriedersdorfer Wasser die Wilzsch heisst, gelegen.
Das Rittergut, Hof-Thum genannt, liegt dicht an dem Städtchen Thum und ist dasselbe, welches wir in der Abbildung erblicken.
Nach und nach hat dieses Rittergut vorn Städtchen Thum Wiesen gekauft und ist deshalb der jedesmalige Besitzer von Hof-Thum Bürger in der Stadt Thum. Das Rittergut ist stark und wie das Bild darthut, schön gebaut. Die Schäferei und die Kalköfen liegen beim Marktflecken Herold.
Thum, die Stadt und das Rittergut welches früher ein blosses Vorwerk war, gehörte zu der Herrschaft Wolkenstein, deren erste bekannte Besitzer die von Waldenburg waren. Schon im Jahre 1241 kamen dieselben hier vor und zu der Herrschaft gehörten die Orte Wolkenstein, Geyer, Ehrenfriedersdorf, Thum und Zschopau. Nach dem Aussterben der Herren von Wolkenstein kam die Herrschaft 1440 oder einige Jahre später an Kurfürst Friedrich den Sanftmüthigen. Im Jahre 1485 übernahm solche sein Sohn Albrecht der Beherzte. Dieser verkaufte Thum oder Hof-Thum im Jahre 1499 mit allen Rechten an seinen Rath Heinrich von Schönberg dem Aelteren zu Stollberg um 725 Gulden, dessen Nachkommen es bis auf die neuesten Zeiten nebst Jahnsbach, Gelenau u. s. w. besessen haben.
Die sächsische Familie von Schönberg ist wohl zu unterscheiden von der Rheinländischen in diesem Album schon näher auch beschriebenen Gräflichen Familie gleichen Namens. Die sächsische Familie führt einen aufrecht stehenden Löwen im Wappen, halb roth halb grün im goldenen Felde und hat bis zu Anfang des 14. Jahrhunderts ihr Stammschloss Schönberg bei Naumburg besessen, welches dann an das Stift zu Naumburg übergegangen ist.
Seit dem 6. Juli 1847 besitzt die Schönbergsche Familie, Gelenauer Linie, Thum ebenfalls nicht mehr, sondern solches ist vom Herrn Aug. Casp. Ferd. Damm von Schönberg an den Königl. Preuss. Oberstlieutenant a. D. Herrn August Adolph Friedrich Ludwig von Zastrow übergeben worden.
Zur Gerichtsbarkeit des Rittergutes gehörte früher der Marktflecken Herold, ein Theil von Drehbach und Oberndorf. Letzteres hat seinen Namen wahrscheinlich noch aus jenen Zeiten behalten, wo Thum bloss ein Dorf war und wohl das Niederdorf genannt werden mochte; denn dass Oberndorf ursprünglich mit Thum nur einen Ort bildete, ist aus verschiedenen Ursachen mit Grund anzunehmen: Auch hat dasselbe in mancherlei Beziehung z. B. in der Braugerechtigkeit mit der Stadt gleiche Rechte. Oberndorf liegt hart an der Nordseite der Stadt an und erstreckt sich an einem geringen Wasser gegen Nordwest hinauf, wird auch von der Strasse von Chemnitz nach Annaberg durchschnitten.
Oberndorf wie Thum nähren sich mit Posamentierarbeit, mit Spitzenklöppelei, Handwerken aller Art, dem Feld- oder Bergbau. Die hiesigen Bänder und Spitzen werden gewöhnlich an die Handlungen in Annaberg, Chemnitz und Zschopau abgesetzt.
Der Bergbau wird meistens auf Zinnzwitter getrieben und steht unterm Bergamte Annaberg.
Bei Thum findet man den Thumerstein, ein Fossil, das sehr theuer bezahlt und für Sachsen nur hier gefunden wird. Ausserdem bricht man dieses Fossil nur noch in der Dauphinée und zu Kongsberg in Norwegen.
Mitten im Freiwalde, ½ Stunde südlich von Thum entfernt, liegt der obenerwähnte Greifenstein. Dieser Felsen besteht aus 9 bis 10 senkrecht und freistehenden gegen 100 Fuss hohe Spitzen bildenden Granitfelsen. Diese Felsengruppe ist höchst sonderbar gestaltet und mit Bäumen malerisch durchwachsen, die in der Ferne das Ansehen einer alten Burg hat. Die Steinblöcke liegen schichtenweis, wie Betten, über einander, immer kleiner und kleiner, flugs bis zu der Grösse eines Hutes und dem Ansehen nach sind sie so locker, als wollten sie jeden Augenblick zusammenstürzen. Auf einem derselben kann man bequem gehen und man hat darauf eine Aussicht von 6 Meilen des Erzgebirges. Von der höchsten Spitze des Felsens aus ist schon mehrmals die Umgegend aufgenommen worden. Diese Felsen sind eben so geformt, wie der Rudolphstein im Fichtelgebirge.
Die ganze Gegend wird durch diese Felsenparthie und durch das Thumer Wasser höchst romantisch und an den Greiffenstein knüpfen sich eine Reihe Sagen, zu deren näherer Aufzählung hier kein Platz ist.
Das Thumer Wasser heisst auch das Greifensteiner und ist als solches vom Greiffenbache zu unterscheiden. Ersteres entsteht durch Vereinigung zweier Bäche, des Oberdorfer Wassers und des Jahnsbaches. Der Jahnsbach bespült auch die Stadt Thum selbst. Die Vereinigung
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/200&oldid=- (Version vom 3.6.2018)