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Gunderode schrieben, verkauften das zum Theil verfallene Schloss mit Zubehör an Kurfürst August 1576 für 54,875 Gulden, welcher ein Amt daraus bildete.

Dieses Amt begriff nach einem alten Register das Städtchen Lengefeld, 3 Dörfer, 150 gesessene Leute, die Vorwerke Wingsdorf d. i. Wünschendorf, Ober- und Nieder-Rauenstein, 2 Mühlen, 3 Teiche.

August baute das Schloss wieder aus und Kurfürst Christian schlug das Amt 1596 zu Wolkenstein, obgleich es mit diesem nur in geringer Breite grenzte. Im 17. Jahrhundert kauften von der Kammer die Herren von Böhlau von Rauenstein den kleineren Antheil, aus welchem das Rittergut Wünschendorf gebildet wurde, wogegen die von Römer den grösseren Theil, der das Gut Rauenstein abgab, acquirirten.

Im Anfang des 19. Jahrhunderts kam Wünschendorf an die Familie Kirchhahn und seit dem 29. Jan. 1845 ist Wilhelm Friedrich Pfefferkorn zu Penig damit beliehen.

In Wünschendorf werden wie in Stolzenhain viel Holzwaaren gefertigt, vorzüglich Wirthschaftsgeräthe. Ausserdem nähren sich die Einwohner des Orts von Spinnerei und Weberei, wovon das nahe Lengefeld der Hauptort ist: denn hier werden Leinwand, Kattun, Parchent, Canevas geweht und nach Oederan, Chemnitz und Zschopau geliefert.

Im nahen Goldbrunnen fand man sonst auch häufig Granaten.

Im Westen liegt der hohe Galgenberg, wo an der Lengefeld-Zschopauer Strasse ein Forst- und Gasthaus steht.

Die ganze Gegend um Wünschendorf ist für den Naturfreund höchst angenehm und interessant. Wünschendorf selbst liegt romantisch auf dem Berge an der Strasse, die nach Waldkirchen führt.

Eingepfarrt ist Wünschendorf mit Rauenstein, mit Martinbüschel und Reifland, und Pockau nach Lengefeld, welcher Ort 2 Stunden von Zschopau entfernt liegt. Die dasige Kirche ist durch die Bemühung des Herrn auf Rauenstein, Herrn Carl Christoph von Römer im Jahre 1725–1729 erneuert und erweitert worden, wie dies Alles schon bei der Beschreibung von Rauenstein näher erwähnt worden ist.

In dem unweit Lengefeld gelegenen Walde und in dem hinter Marienberg gegen Süd liegenden Gebirge, unweit dem Dorfe Grumbach, sind Kalklager in Gneusse. Diese durch Flötzklüfte getrennten Lager sind 20 bis 40 Fuss mächtig und der Kalkstein von weisser Farbe ist ziemlich feinkörnig. Der in den Lengefelder Brüchen ist besser als der in den Schmalzgruben, wo er nicht so rein ist. Hier findet man ihn oft mit Gneuss, dunkelgrünem Asbest, schörlartigem Gestein, schwarzer und grüner Hornblende und eisenfarbigem, fein schuppigem, magnetischem Eisenstein vermischt.

Lengefeld hat auch 2 Jahrmärkte, wovon der eine Montags nach Georgi, der andere Montags nach Simon Judä fällt.

Lengefeld liefert ebenfalls wie Wünschendorf und Stolzenhain viel Holzwaaren, besonders Geräthschaften.

Vor der neuen Gerichtsorganisation gehörte Lengefeld, wie Stolzenhain und Wünschendorf, zum Amte Wolkenstein, ein Amt, welches aus den Waldenburgischen Herrschaften Wolkenstein und Scharfenstein, so wie der Rauensteiner Herrschaft erwachsen und meist erst spät Eigenthum der Markgrafen geworden war.

Gewöhnlich hiess es das Amt Wolkenstein mit dem Mühlenamte Annaberg. Letzteres war ehedem die Herrschaft Balberg, wovon wir zu einer andern Zeit Gelegenheit haben werden, mehreres zu erwähnen.

Lengefeld ist bei der neuen Gerichtsorganisation ein selbstständiges Gerichtsamt geworden, wozu Wünschendorf mit Stolzenhain gehört.

Wünschendorf zählt jetzt 67 bewohnte Gebäude, 127 Familienhaushaltungen und 754 Einwohner. Stolzenhain 8 bewohnte Gebäude, 9 Familienhaushaltungen und 51 Bewohner. Unter den Einwohnern von Wünschendorf befinden sich 19 Häusler und 15 Begüterte.

Seit dem Jahre 1822 ist in Wünschendorf eine besondere Schule mit einem Thurm erbaut, welche von 120 Kindern besucht wird.

Früher wurde der Unterricht in den Wohnungen der Einwohner gehalten.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/198&oldid=- (Version vom 2.12.2018)