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Ober-Forchheim


an den Dresden-Annaberger und Zöblitz-Oederaner Strassen, am rechten Ufer des Haselbaches gelegen, welcher hier, wie fast überall, ein schönes, geöffnetes Thal bildet und die gleichsam einen einzigen, 2½ Stunden langen Ort bildenden Dörfer Dörnthal, Ober- und Niederhaselbach, Ober- und Niederforchheim durchfliesst.

Die Häuserreihen ziehen sich von der Anhöhe, auf welcher die Kirche liegt, zu beiden Seiten des Bachs in das Thal hinunter und steigen wieder auf der entgegengesetzten Anhöhe den Berg hinauf, auf welchem das Rittergut Oberforchheim liegt, dessen Gebäude man weithin sieht und von wo aus man die schönste Aussicht über das ganze Thal und die nähere und entferntere Umgegend geniesst.

Die Gebäude des Gutes sind durchgängig neu und zwar in Folge eines Hauptbrandes. Sie sind eine Zierde für die ganze Gegend.

Die Erbauung des Ortes kann nicht mit Bestimmtheit angegeben werden und eben so wenig die Erbauung des früheren Rittersitzes von Ober-Forchheim. Zuerst waren wohl die Ritter von Forchheim damit beliehen. Dann kamen Ober- und Niederforchheim, Ober- und Nieder- und Neuhaselbach, Ober-, Mittel- und Nieder-Sayda, Lippersdorf, Görsdorf, Zöblitz, Sorgau zur Herrschaft Lauterstein, welche die Ritterfamilie von Berbisdorf innen hatte.

Andreas von Berbisdorf, welcher den obern Lauterstein hatte und mit seinem Gerichtshalter im Lehngericht zu Obersayda stets zu Gerichte sass, verkaufte zu Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts Ober- und Nieder-Lauterstein, Görsdorf und Sorgau an den Landesherrn und theilte die übrigen Besitzungen unter seine Söhne auf eine merkwürdige Weise, dass man glauben könnte: „Es sei darum gewürfelt worden.“

Christoph von Berbisdorf erhielt Oberforchheim, und da dieser Ort wenig Bauern hatte, gab ihm sein Vater dazu noch das Erb-Lehngericht, 8 Bauern, auch Erbgärtner und Häusler von dem 1 Stunde entfernten Mittelseyda, 3 Bauern, 1 Gärtner und Häusler von Niederseyda, mehre Bauern, Gärtner und Häusler von Lippersdorf und das jus patronatus von Forchheim antheilig und von Mittelseyda ganz.

Dieser Christoph von Berbisdorf verkaufte im Jahre 1615 das jus. patronatus von Mittelseyda an seinen Vetter Siegismund von Berbisdorf auf Mittelseyda, Königl. Kammerrath für 100 Mfl., worüber letzterer sich so freute Kirchenpatron geworden zu sein, dass das bisher dem Pfarrer gebührende Osterlamm in einem fetten Schöps zur Kirchweihe verwandelt wurde, mit der Bedingung‚ dem Schulmeister alljährlich und zwar wechselsweise einmal ein Vorder-, einmal ein Hintertheil zu geben, und dem Pfarrherrn allemal zu Weihnachten 1 Tonne Bier unentgeldlich zu verabreichen.

Dem Christoph von Berbisdorf folgte sein Sohn Hans Hildebrand von Berbisdorf, welcher 1675 mit Tode abgegangen ist. Dann wurde dessen Wittwe Frau Eva Dorothea von Berbisdorf damit beliehen und so blieb das Gut Oberforchheim noch bis ins 18. Jahrhundert bei der Familie von Berbisdorf, wo es dann an Chr. Andreas Woydt kam, der es auf seinen Sohn Christian Heinrich Woydt, welcher im Jahre 1805 in den Adelstand erhoben wurde, vererbte.

Später entstand zu Herrn von Woydt ein Schuldenwesen und aus der von Woydtischen Schuldenmasse erstand es der Freiberger Rath im Namen des St. Johannishospitals (einer sehr reichen Stiftung) jedoch mit dem Vorsatze, es unter günstigen Bedingungen wieder zu verkaufen, welcher Vorsatz auch zur Ausführung kam. Der derzeitige Besitzer ist Herr Hauptmann von Trebra.

Oberforchheim hat mit Niederforchheim gleiches Schicksal im 30jährigen Kriege gehabt. Mord, Brand und Raub war an der Tagesordnung in jener Zeit und diese hatten im Gefolge die Pest, welche im Jahre 1681 fast alle Einwohner hinwegraffte. In den Nothjahren des 19. Jahrhunderts hat Ober-Forchheim und der ganze Ort ebenfalls viel dulden müssen, obschon das Elend von den mildthäthigen Gerichtsherrschaften auf jede mögliche Weise von Zeit zu Zeit zu mildern gesucht wurde. Namentlich bot sich stets für den fleissigen Arbeiter wenigstens Gelegenheit dar, den nothwendigen Unterhalt zu finden, da der bedeutende Torfstich in Nieder-Forchheim viele Hände beschäftigt. Der Hauptnahrungszweig von Forchheim ist zwar die Leinweberei, welche aber bei dem Mangel an günstigem Absatze und wegen der ungünstigen Flachsernten nicht mehr so lohnend ist, wie früher.

Das Collaturrecht über Kirche und Schule steht dem Rittergute Ober-Forchheim antheilig zu.

Die Kirche, welche eigentlich zum Oberdorfe gerechnet wird, ist ein ansehnliches Gebäude und zeichnet sich besonders durch ihre Silbermannsche Orgel aus, welche man unter die Meisterwerke ihres Erbauers rechnet.

Von der Kirche und Pfarre hat man eine herrliche Aussicht auf das ganze Thal und das Rittergut Oberforcheim liegt vor unsern Augen,

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/188&oldid=- (Version vom 3.6.2018)