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mit Ober- und Nieder-Voigtsdorf und kaufte sich noch dazu Röhrsdorf bei Königsbrück; dieser starb in Röhrsdorf 1820 und wurde nach Dorfchemnitz begraben; der jüngste, Georg Adolph hatte, drei Söhne, wovon der älteste, George Heinrich von Hartitzsch, Kammerherr und Hof- und Justizrath, Staucha bekam, welcher mit einer Gräfin von Holzendorf verehelicht war und in dieser Ehe drei Töchter erzeugt hat, Maria Louise, Pauline Agnes und Anna erzeugt hat. Der jüngste Sohn Julius Lieutenant, besass Haide und ist im Jahre 1816 gestorben; der zweite Sohn, Hans Adolph von Hartitzsch, vermählt mit der einzigen Tochter des Hans Dietrich Alexander von Hartitzsch‚ seines Oheims, Erdmuthe Friederike Elisabeth, ist nun seit 1814 Gerichtsherr von Dorfchemnitz und Voigtsdorf und besitzt auch Heide und Knathewitz. Alle 5 Kinder haben dieselben durch den Tod verloren und besitzen nur noch eine Pflegetochter, eine geborene Bose. Mögen sie noch lange zum Wohle ihrer Untergebenen leben und wirken. Dorfchemnitz hat gerade ihnen sehr viel zu verdanken. Von dieser Herrschaft werden Sonntags Arme gespeist; für arme Schulkinder ist das Schulgeld bezahlt, Zinsen und Abgaben sind stets in bedeutendem Maasse erlassen, zum Kirchen-, Orgel-, Pfarr- und Schulbau Beiträge geschenkt worden, so dass die ganze Umgegend dieser Familie ihre Liebe und Achtung im hohen Grade auf jegliche Weise erkennen zu geben sich bemüht.

Die Wirthschafts- und Stall-Gebäude des Rittergutes, mit welchen das früher von beiden Besitzern bewohnte Herrnhaus in eins gebaut ist, sind bedeutend gross und schliessen eine nach der neuesten Erfindung im Jahre 1836 angelegte Branntweinbrennerei in sich. Das eigentliche Schloss, so wie die übrigen Gebäude sind von dem jetzigen Herrn Besitzer sehr verbessert worden.

Ausserdem zeichnet sich das Rittergut durch seine vortrefflichen Waldungen aus, deren Holzschlag auf 80 Jahre angenommen ist. Herr Rittmeister von Hartitzsch, der derzeitige Besitzer und sein Vorbesitzer haben hierauf ihre ganze Aufmerksamkeit verwendet und keine Kosten gescheut. Man kann keck behaupten, das diesem Rittergute in dieser Hinsicht wohl wenige in Sachsen gleichkommen.

Zum Rittergute gehört auch ein grosser Obstgarten, welcher eine Masse veredelter Sorten Obst enthält, die vom Herrn Rittmeister von Hartitzsch entstammen.

Auf den früheren Landtagen sass der Rittmeister von Hartitzsch vom Jahre 1818 an als Besitzer des Ritterguts Voigtsdorf in der allgemeinen Ritterschaft und dann auf das Gut Knathewitz mit Haida im weiten Ausschuss. Nach früherer Landtagsverfassung bis zum Jahre 1831 war er, als Rittergutsbesitzer von Dorfchemnitz, zwar auch Landtagsfähig, erhielt aber, wie jene zu Weissenborn und Colmnitz‚ keine Auslösung, weil Dorfchemnitz halb amt- und nur halb schriftsässig war. Das Gut leistete ein Ritterpferd.

Die Zahl der Hufen betrug 29¾ wobei die beiden Pfarrämter zu 1 Hufe berechnet wurden; 2 Hufen sind dismembrirt worden. Ausserdem giebt es hier 24 Gartennahrungsbesitzer, 38 Hausbesitzer, 35 Häusler, 33 sogenannte Häusler auf dem Rittergutsboden, die früher Lehnhäusler waren. Ausserdem hat der Gerichtsherr 2 Lehnhäuser gekauft, wovon das eine zur Revierförsterwohnung eingerichtet worden ist, und das andere dem herrschaftlichen Bretmühlen-Pachter als Wohnung dient.

Die Schicksale des Ortes anbetreffend, so hat derselbe viele Kriegsdrangsale, Pest und Theurung zu ertragen gehabt. Im Jahre 1604 haben die Kaiserlichen geplündert. Im Jahre 1762 musste Dorfchemnitz in einem Tage an Lieferungen für 1200 Thlr. beschaffen. Im Jahre 1772 sind durch Theurung und Hungersnoth viele Menschen gestorben und am 23. August 1813 bivouakirten 11000 Mann Soldaten auf dem Marsche nach Dresden grösstentheils auf dem Pfarrgute. Die Soldaten hatten im Gottesackerhäuschen und in der Rittergutsscheune Feuer gemacht, ohne zu schaden. Dabei war ein schreckliches Regenwetter; alle Wohnungen, die nicht zu entfernt lagen, waren voll Soldaten und Pferde.

Auch mehrmals hat Dorfchemnitz durch starke Fröste mit grossem Misswachs auf den Fluren zu kämpfen gehabt und in den Jahren 1727 bis 1737 grosse Reparaturen und Bauten an Kirche, Pfarre und Schule unternehmen müssen. – Collator über Pfarre und Schule ist der jedes malige Besitzer des Ritterguts von Dorfchemnitz.

Wie die meisten alten Kirchen ist auch die von Dorfchemnitz in der Nähe des Schlosses gelegen, um sie vom Schlossherrn mit vertheidigen zu lassen. Die hiesige Kirche wurde im Jahre 1737 reparirt und von 1802–1804 durch gänzliche Umgestaltung in ein einfach-schönes Gotteshaus verwandelt. Die äussere Länge der Kirche beträgt 70 Ellen, die Breite 24 Ellen; doch ist das Innere ungleich kürzer, der Raum

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/180&oldid=- (Version vom 3.6.2018)