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Callenberg.


Das Dorf Callenberg, nebst den dazu gehörigen Ortstheilen Ober-Callenberg und Nieder-Callenberg, liegt eine Stunde südöstlich von Waldenburg an der Strasse nach Hohenstein und besteht aus einhundert und dreissig Häusern mit zwölfhundert Einwohnern, von denen die meisten Strumpfwirker sind und eine besondere Innung bilden. Westlich vom Dorfe liegen ein Teich und eine Mühle, nördlich das Callenberger Holz.

Das hiesige Rittergut wird in einer Urkunde vom Jahre 1307 erwähnt, wo es Eigenthum des Ritters Friedrich von Calenberg war; in der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts aber gehörte es dem Bruder des bekannten Kunz von Kaufungen, der, nach der Volkssage, hier die Strickleiter anfertigen liess, welche er bei Entführung der churfürstlichen Prinzen benutzte, und auch die zwei grossen Eichen in der Nähe des Rittergutes gepflanzt haben soll. Dass Kaufungen auf Callenberg häufig seinen Wohnsitz hatte beweisen viele schriftliche Dokumente, auch ist der Brief, welchen Hans Schwalbe wenige Tage vor dem Prinzenraube an Kunz von Kaufungen schrieb an „den Erbaren strengken Jungker Cunradt von Kauffungen uf Kahlenberg“ gerichtet. Nach dem furchtbaren Gericht, welches Churfürst Friedrich über die verwegenen Prinzenräuber ausübte, und welches auch den Herrn auf Kahlenberg wegen der unüberlegten Aeusserung: „das Nest werden sie wohl finden, aber die Vögel sind ausgeflogen“ auf das Schafott lieferte, finden wir bis zum Ende des funfzehnten Jahrhunderts als Besitzer auf Kahlenberg Junker Dietrich von Kaufungen, bei dessen Familie das Gut bis 1581 blieb. Schon im Jahre 1564 war Callenberg an Balthasar von Taubenheim gekommen, der Vormund einiger unmündigen Kinder Dietrichs von Kaufungen gewesen zu sein scheint, um 1570 aber gehörte das Gut bereits wieder den Kaufungen. Von ihnen erzählt eine im hiesigen Pfarrarchive aufbewahrte alte Schrift: „Gedenk Verzeichnis nach anleitung auss den Alten Kirchregistern, der Pfarrer so damals Plebani sind genennet worden vnndt Kirchrechnung gehalten haben“ dass „am 2. September 1568 Wolfgang Bürkner von Glauchau, als Pfarrherr hierher gezogen und anfängklich im grosen ansehen bei den Jungkern zum Callenbergk, alss Cunrad, Haubold‚ Dietrich, Siegemunde, Nickel vndt Georgen gewessen und grose Gunst bei ihnen gehabt. Als aber gedachte Jungkern zu des Gottshauses hechsten schaden sich unbefugter weise zu ihren nutz darinne zu hauen und verkauffen unterstanden hat gedachter Herr Pfarrer solchen frevel ihnen nicht lenger gestatten wollen vndt gebürlicher weise sie darumb gestraffet. Darauf die gedachten Jungkern einen Zorn auf ihn geworffen, mit beträuung ihn vff der Cantzel zu erschiessen. Auss furcht zu rettung seines lebens hat er eilende seinen Dienst bei dem Herrn Superintendenten zu Waldenburgk alss Inspectori der Pfarr Callenbergk resigniret. Inn solchem seinen Exilio ist er entlich bei seinem Sohne Danielo Bürknero, Cantori zu Eger nach zwei Jahren gestorben. – Inndess hat das gantze geschlecht der Jungkern von Kauffungen vff Cahlenberg, Got der Herr nach seinem gerechten Gericht also gestrafft, das sie geschwinde und balt nach einand gestorben sein.“ Der Pfarrer Bürkner hat mehrere auf diesen Streit bezügliche Schriften verfasst, worunter sich auch ein lateinisches Schreiben an den damaligen Superintendenten zu Waldenburg, M. Nikol Seydel, befindet, worin diesem der Vorwurf gemacht wird, dass er sich des Pfarrers nicht hinreichend angenommen habe. Der Superintendent wollte diesen Verdacht nicht auf sich ruhen lassen und hat den Hauptmann von Lindenau die in das Kirchenbuch eingehefteten diesen Streit betreffenden Notizen herauszuschneiden, was bei der Kirchenvisitation 1596 auch geschah, der Pfarrer Bartholomäus Mann zu Callenberg aber, um bei der Nachwelt nicht in Verdacht zu kommen als ob er andere und wichtigere Dinge der Vergessenheit anheim geben wollen, hat den ganzen Hergang der Sache auf einem besonderen Blatte mitgetheilt und im Archive niedergelegt. Bemerkenswerth

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/098&oldid=- (Version vom 21.5.2017)