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Weissbach sammt den Wirthschaftsgebäuden und einem grossen Theile des Dorfes durch die Kaiserlichen niedergebrannt, und noch jetzt ist die von einem Wallgraben umgebene Stätte bemerkbar auf der das alte Schloss stand. Dieses baute man nicht wieder auf sondern verlegte den Herrensitz nach Dittersdorf, die Oekonomiegebäude aber sind zum Theil wieder hergestellt worden und bestehen jetzt aus der Schäferei, dem Malzhause, einer Scheune und einer Ziegelei. Im Niederdorfe befand sich vor langer Zeit ein Eisenhammer, so wie man auch früher hier Bergbau trieb, der aber nie eine beträchtliche Ausbeute gab. Die Pest, welche, hier zur Zeit des dreissigjährigen Krieges wüthete, und der obengenannte Brand waren Veranlassung, dass der Ort nicht nur an Umfang bedeutend verlor, sondern auch einen grossen Theil seiner Bevölkerung einbüsste, welche nach der Tradition zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts gegen zweitausend Seelen betragen haben soll.

Was nun die Besitzer des Rittergutes Weissbach mit Dittersdorf anlangt so gehörte dieses bis auf die neuere Zeit den Herren zum Scharfenstein. Von den Voigten von Scharfenstein kam die Herrschaft an die Dynasten von Waldenburg, von denen 1375 Johann von Waldenburg viele Orte zwischen Chemnitz und Hohenstein an das Chemnitzer Kloster verkaufte, und mit seinen vier Söhnen ausser Scharfenstein auch die Herrschaften Wolkenstein und Waldenburg besass. Zu Anfang des funfzehnten Jahrhunderts finden wir als Besitzer Weissbachs einen Ritter von Meckau der 1412 Jahnsdorf, ein Waldenburgisches Vasallengut, an das Kloster Chemnitz verkaufte. Die alte reiche Familie von Meckau sah sich genöthigt, wegen ernster Streitigkeiten mit ihrem Lehnsherrn, aus dem Lande zu gehen, und da ihre Güter fast durchgängig an die ihnen nahe verwandten Einsiedel gelangten, so mag auch Weissbach sich darunter befunden und wieder mit der Herrschaft Scharfenstein (seit 1427 den Einsiedels gehörig) vereinigt worden sein. Durch ein Testament des General Hans von Einsiedel wurde Weissbach mit Dittersdorf im Jahre 1809 Eigenthum der Frau Renate Auguste Louise Henriette gebornen Gräfin und Herrin von Schönburg-Vorderglauchau, doch blieben die Herren von Einsiedel auf Scharfenstein Lehnsträger. Die Besitzerin des Gutes, jetzt vermählte Frau Gräfin Löwenhjelm lebt zur Zeit in Stockholm und wird in Sachsen durch den Herrn Amtshauptmann Freiherrn von Biedermann auf Forchheim commissarisch vertreten. — Unter der Weissbacher Herrschaft stehen die Dörfer Remtau, Einsiedel, Erfurtschlag, Reichenhayn und Dittersdorf.

Die Kirche zu Weissbach wurde im Jahre 1782 neu erbaut und gehört zu den geräumigsten und freundlichsten Kirchen der Ephorie Annaberg. Ueber ihre frühere Geschichte lässt sich nichts Bedeutendes angeben, weil im Jahre 1836, als der Pfarrer in Dittersdorf Gottesdienst abhielt, der Blitz das Pfarrhaus traf, und bei der dadurch entstandenen Feuersbrunst mit den Gebäuden auch das Archiv vernichtet wurde. Ein merkwürdiger Zufall war es dass schon lange Zeit zwischen den Gemeinden, wegen eines Neubaues der höchst baufälligen Pfarre, heftige Zwistigkeiten stattfanden, die nun allerdings durch das Einschreiten des Blitzes zur Erledigung kamen. Schon im Jahre 1782, wo das Weissbacher Schulgebäude Veranlassung zu ähnlichen Zerwürfnissen gab, hatte das Feuer des Himmels sich ebenfalls als Vermittler zwischen die streitenden Parteien geworfen und das Schulgebäude in Asche verwandelt. Das Vermögen der Kirche ist nicht bedeutend, doch ist aus dem Erlöse des gänzlich ausgerotteten Pfarrwaldes eine Pfarrholzkasse entstanden die über dreitausend Thaler beträgt, wovon nach Vergütung des Holz-Deputats für den Pfarrer ein Theil der Zinsen zu kirchlichen Zwecken verwendet wird. Die treffliche Orgel des Weissbacher Gotteshauses ist ein Werk des berühmten Orgelbaumeisters Jehmel[VL 1] in Dresden.

O. Moser, Redacteur.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Jehmlich
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/093&oldid=- (Version vom 21.5.2017)