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Krummenhennersdorf.


Krummenhennersdorf, in Urkunden auch Krummenheinrichsdorf genannt, soll nach der Chronik des Klosters Altzelle seinen Namen von den Krümmungen der vorbeifliessenden Bobritzsch erhalten haben. Das Dorf liegt an zwei Bergen; im Thale zieht sieh ein kleiner Bach hin, der Schönaer Bach genannt, welcher in die Bobritzsch mündet die das niedere Ende des Dorfes berührt und hier auf kurzer Strecke viermal überbrückt ist. Die neuangelegte Strasse nach Freiberg, welche jedoch nur ein Gut berührt, nimmt ihre Richtung nach Süden, sonst hat das Dorf eine völlig südwestliche Richtung. Die Seiten des romantisch-schönen Bobritzschthales sind hier meist steil, bewaldet und felsig. Der Ort steht unter der getheilten Gerichtsbarkeit des hiesigen Rittergutes und des eine Stunde entfernten Rittergutes Bieberstein und zählt mit Einschluss der Forst- und Hofmühle zweiundneunzig Häuser mit fast achthundert Bewohnern, grösstentheils Bergleuten.

Das stattliche Rittergut zu Krummenhennersdorf liegt am Niederdorfe oder dem Theile welcher vom Erbgerichte (dem Kirschnergut) bis an das nördliche Ende des Ortes reicht. Die südliche Seite der Gebäude enthält das mit einem Thürmchen geschmückte Herrenhaus worauf eine Schlaguhr angebracht ist. Das Rittergut umschliessen nördlich und östlich waldige Höhen‚ auf denen angenehme Promenaden einen kleinen reizenden Park bilden. Zu dem Rittergute gehören auch der mit starker Brauerei versehene Gasthof an der Freiberg-Dresdner Chaussee zu Niederschönau, nebst dem grössten Theile dieses Dorfes, ein Theil von Hutha, der Sand bei Halsbrücke und ein Paar Halbhufen in Coschütz bei Dresden, welche letztere, sowie zwei Feuerstätte daselbst dem Rittergute Krummenhennersdorf nur erbgerichtlich zustehen. Ebenso gehört demselben eine sehr bedeutende Wiese in dem zwei Stunden von hier entlegenen Dorfe Steinbach, von welcher die Sage geht, dass vor langer Zeit ein Fräulein von Deschwitz sie an einen Herrn von Schönberg auf Krummenhennersdorf verspielt habe. In Niederschönau hat das Rittergut Krummenhennersdorf die Collatur über Kirche und Schule. Die Fluren desselben sammt der Unterthanenflur sind begrenzt durch Oberschaar, die Bobritzsch, Falkenberg, Conradsdorf, die Mulde‚ Rothenfurth‚ Haida oder Naundörfchen, Gotthelffriedrichsgrund, wiederum die Bobritzsch, Oberreinsberg, Dittmannsdorf.

Krummenhennersdorf war wie viele andere in der Umgegend liegende Dörfer in den ältesten Zeiten Eigenthum des reichen Klosters Altzelle. Als man im Jahre 1545 das Kloster säkularisirte, erhielt der letzte Abt, Andreas Glasewald, das Rittergut zu lebenslänglicher Nutzniessung, die im Jahre 1560 mit Glasewalds Tode erlosch. Das Gut blieb eine Zeit lang Eigenthum des Landesherrn bis es an die reiche in Sachsen vielfach begüterte Familie von Schönberg kam, der es zur Zeit noch gehört.

Schon im Jahre 1195 wird des Dorfes Krummenhennersdorf Erwähnung gethan, indem Markgraf Albrecht der Stolze hier seinen Tod fand. Dieser Markgraf war ein Sohn Ottos des Reichen, der seinen jüngeren Prinzen Dietrich bei der Ländertheilung etwas bevortheilt hatte, worüber der heftige Albrecht sich so erbittert zeigte, dass er den Vater gefangen nahm und auf das Schloss Düben (Döben bei Grimma?) brachte, bis ein Machtspruch Kaiser Heinrichs VI. dem alten Fürsten die Freiheit zurückgab. Eine Summe von 2000 Pfunden Silber, welche Markgraf Otto im Kloster Marienzelle niedergelegt hatte, nahm Albrecht mit Gewalt an sich, warb dafür Truppen und verjagte seinen Bruder Dietrich aus dem Lande, so dass diesem Prinzen nur das Schloss zu Weissenfels blieb welches Albrechts Heer ungestüm belagerte. Inzwischen hatte Prinz Dietrich sich mit Landgraf Hermanns von Thüringen Tochter vermählt und jetzt liess der Landgraf dem Markgrafen Albrecht entbieten sich mit dem Bruder zu versöhnen oder zu erwarten, dass er dessen Parthei ergriff. Albrecht wusste recht gut, dass er einem so mächtigen Feinde nicht gewachsen war, deshalb setzte er zwar einen Tag zur Versöhnung fest, blieb aber aus, und zeigte sich überhaupt so eigenwillig, dass Landgraf Hermann zu den Waffen griff und den stolzen Albrecht zwang mit seinem Bruder die väterlichen Länder gleichmässig zu theilen.

Kaum war indessen der Landgraf in der Heimath angekommen, als ihm Kunde wurde, dass Albrecht wiederum die Fehde begonnen habe und dem Landgrafen öffentlich beschuldigte, Kaiser Heinrich nach Reich und Leben getrachtet zu haben. Der erbitterte Landgraf beschuldigte Albrecht der Lüge und forderte ihn zum Zweikampf, den der Markgraf indessen nicht annahm. Jetzt mischte sich der Kaiser in den Streit und berief die Gegner an den Hof nach Altenburg, wo ihnen jedoch bald klar wurde, dass Heinrich VI. mehr Verlangen nach Hermanns Landen und Albrechts reichen Bergwerken trug, als nach ihrer Versöhnung. Rasch schlossen deshalb die feindseligen Fürsten Frieden und setzten dadurch den Kaiser in solchen Schrecken, dass er eiligst nach dem Rheine flüchtete, aber hier die Erzbischöfe von Mainz und Cöln gegen den Landgrafen hetzte, so dass dieser, als Albrecht wiederum den Frieden brach, keinen genügenden Wiederstand leisten konnte. Als nun die Erzbischöfe Grünberg erobert hatten, und der Landgraf vor dessen Mauern lag, hoffte Albrecht durch einen Ueberfall ihn zu vernichten‚ jedoch im Anzuge überfiel ihn der Landgraf so gewaltig, dass sein Heer gänzlich zersprengt

     Erzgebirgischer Kreis, 6tes Heft, oder 29tes der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/071&oldid=- (Version vom 21.5.2017)