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Conradsdorf ein, und wütheten hier so entsetzlich, dass sie unter anderem in die Kirche einbrachen – wohin sich nebst dem Pfarrer und Schulmeister eine Anzahl Einwohner geflüchtet hatten – und die unglücklichen Landleute sämmtlich ermordeten. Noch lange Jahre nachher sah man an den Kirchenthüren die Spuren der bestialischen Wuth des Kriegsvolkes, das ausser einem silbernen Kelche der Kirche auch eine beträchtliche Geldsumme raubte. – Ausser Halsbach und Conradsdorf sind in die hiesige Kirche noch eingepfarrt das Dorf Falkenberg und einige entfernter gelegene, nach einer vormals berühmten Grube „St. Lorenz Gegendrom“ genannte Häusser.

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Hartenstein.


Hartenstein, seit Jahrhunderten das Residenzschloss der Grafschaft und Standesherrschaft Hartenstein liegt auf einem hohen steilen Berge, umgeben von herrlichen Waldungen und romantischen Thälern, in deren einem das Städtchen Hartenstein sich längs der Anhöhe hinauf erstreckt. Das Schloss gewährt mit seinem prachtvollen Thurme einen herrlichen Anblick und bildet in seinem Haupttheile ein Corps de Logis mit zwei Flügeln, welche wieder durch einen offenen, von Säulen getragenen Corridor verbunden sind, wie denn überhaupt die alte Burg in neuerer Zeit vielfache Reparaturen und Verschönerungen erfahren hat. Hinter dem aus mehreren Etagen bestehenden Haupttheile des Schlosses befindet sich ein grösserer Hof mit Nebengebäuden, zu dem ein Vorhof mit einem Zwinger nebst einer Brücke und zwei festen Thoren führt. Oestlich von der Burg, von dieser durch eine Senkung getrennt, steht das Vorwerk und nicht weit davon eine Schäferei. In alter Zeit galt der Hartenstein für eine bedeutende Festung und hatte besondere Schlossvoigte, wie z. B. 1413 einen Ritter von Trebitz, 1503 einen Junker von Ulstädt, 1524 einen von Etzdorf und ausserdem mehrere Trützschler von Eichelberg von dem nahen Schlosse Stein, welche wegen dieses Dienstes wahrscheinlich Stein von den Schönburgen zur Lehn trugen. Aus dieser Zeit werden in der Vorhalle des Schlosses noch mehrere eiserne Rüstungen und Waffenstücke aufbewahrt. Die Rüstkammer der Burg liess Graf Hugo II. von Schönburg 1584 in eine Kapelle verwandeln und Graf Otto Ludwig 1696 restauriren, auch nannte sie Letzterer aus Liebe zu seiner Gemahlin „die Sophienkirche.“ Am 25. Mai des genannten Jahres wurde die Kapelle durch den Waldenburger Superintendenten Stolze neuerdings eingeweiht. Durch seine Verpflichtung, den Gottesdienst in der Schlosskirche zu verrichten, führt der Pfarrer des Städtchens Hartenstein den Titel eines Hofpredigers. Im Jahr 1672 besuchte Churfürst Johann Georg II. das Schloss Hartenstein mit 172 Mann Gefolge und 143 Pferden, und hielt sich hier mehrere Tage auf.

Denkwürdig ist das Schloss Hartenstein in der Geschichte Sachsens auch dadurch geworden, dass einer der aus dem Schlosse zu Altenburg geraubten Sächsischen Prinzen nach seiner Befreiung hier das erste Nachtlager hielt. Während Kunz von Kaufungen mit dem Prinzen Albrecht durch die Leine und den Rabensteiner Forst nach Böhmen zuritt, führten die Ritter von Mosen und von Schönfels den Prinzen Ernst der Abrede gemäss nach dem Frankenlande hin, aber erschreckt durch das Sturmläuten und die Nachricht, dass Kauffungen gefangen sei, suchten sie Zuflucht bei einem Prediger zu Hartenstein. Da dieser nicht zu Hause war, verbargen sie sich in einer nicht weitentlegenen Höhle, damals die Teufelskluft genannt, wo sie nebst dem Prinzen drei Tage lang blos von Wasser und Heidelbeeren lebten. Durch ihre kritische Lage zur Verzweiflung getrieben, schickten sie einen ihrer Knechte an den Amtshauptmann Veit von Schönburg zu Zwickau mit folgendem noch vorhandenen Briefe:

 Edler Herr Haubtman, Er tzu Schönburg
„Uns gehet die Rewe an, daz wir Cordt Kauffungen zu willen gewest gen unsern lyben Herrn vnd sine Sune Fehde zu thun. Weyl aber Hertzogk Friedrich ein sanfmüttiger Korfürst iss, so hoffen wir Gnade vnd fügen euch hiemitte zu wyssen, wie wir den jungen Fürsten Herrn Ernsten vnversehrt, lebendig vnd gesunt um vnser gewarsame bey vnns haben. Wannen ihr vnns nun bei dem Korförsten Gnade vnd Sicherung Leibes, Ehr vnd Gutts zu wege bryngen vnndt schriftlichen daför haften werdet, wollen wir den jungen förstlichen Sun vnnverletzet widerbringen. Wennen man edder uf vnns anziehen wirdet vnns zu fangen, so wollen wir den Korförstlichen Sun erstechen vnd vnns weren dyweil wir mügen, dannen vnns selbst tödten vndt nicht ahn gross Blutverguss yn uiyre Hände fallen, des wollt vnns uiyre schriftliche Andtwort nit perge.“

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/053&oldid=- (Version vom 9.4.2017)