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Kloster veräusserte. Mitbesitzer der Herrschaft waren seine zwei Söhne Johann und Hugo. In einer Urkunde vom Jahre 1409 wird der Besitzer von Hohnstein Hinko Berka von der Duba als Herr von Scharfenstein genannt und 1430 gehörte die Burg dem Ritter Anarch von Waldenburg, der am Hofe des Churfürsten Friedrich des Sanftmüthigen das Amt eines Haushofmeisters versah. Zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts kam Scharfenstein an die Herren von Einsiedel, von denen Heinrich von Einsiedel auf Gnandstein im Jahre 1507 mit Tode abging und seine reichen Besitzungen seinen drei Söhnen Haubold, Heinrich und Abraham hinterliess. Der älteste der Brüder, Haubold, war Domherr zu Naumburg, trat indessen später zur lutherischen Kirche über und starb im Jahre 1522. Heinrich und Abraham von Einsiedel, in der Reformationsgeschichte als eifrige Anhänger Luthers bekannt, empfingen die Lehn über ihre Güter im Jahre 1508, und zwar vom Churfürsten Friedrich über Kohren, Sahlis, Hopfgarten und Wolftitz, vom Herzog Georg dem Bärtigen über Syhra und Scharfenstein und vom Abte zu Chemnitz über Elbisbach und Dittersdorf, sowie endlich vom Burggrafen Hugo von Leissnig über das Einsiedelsche Stammschloss Gnandstein. Durch den Tod eines Vetters, Valentin von Einsiedel erlangten die Brüder auch das Rittergut Priessnitz.

Schon im Jahre 1532 hegten Heinrich und Abraham die Absicht sich in die väterlichen Güter zu theilen, dieselbe kam indessen erst 1534 zur Ausführung, wo auf dem Schlosse Scharfenstein der Vertrag abgeschlossen wurde. Heinrich von Einsiedel erhielt Gnandstein, Priessnitz und Syhra; Abraham hingegen Scharfenstein, Wolftitz und Sahlis mit Kohren. Abraham von Einsiedel nahm seinen Wohnsitz auf dem Schlosse Scharfenstein, wo er 1568 im vierundsechzigsten Jahre starb und in der Kirche zu Grossolbersdorf seine Ruhestätte fand. Da er keine Söhne hinterliess, fielen seine Besitzungen an die Kinder seines Bruders Heinrich von Einsiedel auf Gnandstein, welche sich dahin verglichen, dass Scharfenstein und Wolftitz von Sahlis getrennt werden sollten. Im Jahre 1584 gehörte Scharfenstein dem berühmten churfürstlichen Kanzler Georg Haubold von Einsiedel in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Heinrich Abraham und Heinrich Hildebrand, und nach diesen besass das Gut Hans Hildebrand von Einsiedel, der die Drangsale des dreissigjährigen Krieges auszuhalten hatte. Der jetzige Besitzer von Scharfenstein ist der Kammerherr Herr C. Fr. Hildebrand v. Einsiedel. Zu dem Schlosse Scharfenstein gehören die Dörfer Scharfenstein, Grossolbersdorf, Hohndorf, Griesbach, Hopfgarten und Grünau, welche zusammen etwa 3000 Einwohner enthalten und beinahe zwei Dritttheile einer Quadratmeile besitzen. Das Rittergut hat sehr ausgedehnte und gut bestandene Waldungen, welche die hohen Ufer des Zschopauflusses von der Nordseite des Schlosses bis an den Ziegenrücken in der Nähe des Städtchens Zschopau bedecken und hauptsächlich aus Nadelholz, zum Theil aber auch aus trefflichen Buchenwaldungen bestehen, worüber ein Förster, der auf dem Schlosse wohnt, die Aufsicht führt. Die bedeutendsten Forstungen sind der Rosenberg bei Zschopau, der Zänker, die Klinge und der Hohnstein bei Hopfgarten, welcher letztere durch den Holzbach von den landesherrlichen Waldungen geschieden ist. Auf dem Schlossvorwerke, welches aus sehr wohlgebauten Häusern besteht, befindet sich die Oekonomie mit einer sehr bedeutenden Brauerei. Die vorzügliche Schäferei ist in ziemlicher Höhe zwischen der Zschopau und Drehbach erbaut.

Das Rittergut Scharfenstein enthält 1140 Acker Areal, worunter 687½ Acker Waldungen mit Einschluss der schon länger damit vereinigten bäuerlichen Grundstücken, und ist mit 11567 Steuereinheiten belastet. Die Oekonomie besteht aus drei für sich bestehenden Complexen, Scharfenstein, Weida und Grüna, wovon jeder mit den nöthigen Gebäuden und Wirthschafts-Erfordernissen versehen ist, und selbstständig und unabhängig von einander unter der Oberleitung des Besitzers verwaltet wird.

Durch einen zu Anfang des vorigen Jahrzehnts, von dem königl. Finanzministerium und dem jetzigen Besitzer des Rittergutes mit einem verhältnissmässig bedeutenden Kostenaufwand ausgeführten Wegbau, hat Scharfenstein eine nähere Verbindung in der Richtung nach Zschopau und Chemnitz erhalten und bietet dieser Weg dem Zschopauflusse folgend zugleich die schönsten Ansichten in das freundliche Thal dieses Flusses dar. Bis zur Mitte des Jahres 1854 war die Benutzung dieses reizenden und bequemen Weges allgemein freigegeben, und würde auch fernerhin von dem Besitzer gern gestattet worden sein, wenn nicht, vielleicht als Anerkennung dafür, der leider! selbst von unserer Regierung unterstützte Versuch gemacht worden wäre, ihn des Eigenthums dieses von ihm selbst erbauten Privatweges auf gesetzlichem Wege zu entheben, wodurch sich der Besitzer veranlasst fand, denselben dem grösseren Publikum unzugänglich zu machen. Seine Majestät der höchstselige König und Ihre Majestät die verwittwete Königin haben Scharfenstein mehremale besucht und sich der Schönheit seiner umliegenden Natur erfreut.

Das kleine Dorf Scharfenstein besteht aus einer Mühle und ausserdem etwa dreissig Häusern, die unregelmässig, zum Theil in ziemlich weiter Entfernung um das Schloss herum gebaut sind, und theils über dem Schlosse, theils unter dem Berge, der dieses trägt, theils weiter oben am Flusse liegen. Die vormalige untere Mühle, oder nach dem nahen Dorfe Griessbach auch Griesmühle genannt, lag am linken Zschopauufer, in welchen Fluss nicht weit davon der Griessbach mündet, ist aber jetzt in eine Fabrik verwandelt worden; alle übrigen Häuser, sowie das Schloss selbst, befinden sich auf dem rechten Ufer der Zschopau, der Fluss wird durch einen felsigen gleich einer ungeheuren Berghalde aus dem Schlossfelsen hervorspringenden Hügel zu den abentheuerlichsten Krümmungen gezwungen, und gewährt, von den Höhen betrachtet einen höchst eigenthümlichen Anblick, der durch das helle schäumende Wasser und die Brücken viel Interesse gewährt. Die beiden Mühlen haben zusammen fünf Gänge und gehören zum Schlosse. Von der gewaltigen Fluth, welche im Jahre 1661 die Ufer der Zschopau überschwemmte, wurde die obere Mühle gänzlich niedergerissen und die untere nur durch die ungeheuersten Anstrengungen der zur Hülfe herbei eilenden Nachbarn gerettet. Ueber die Zschopau führen hier zwei Brücken, bei deren einer dem Rittergute für darüber passirendes Vieh ein Zoll entrichtet werden muss. Urkunden vom Jahre 1250 berichten, dass zu jener Zeit bei Scharfenstein sehr bedeutender Bergbau getrieben wurde, doch lässt sich nicht ermitteln, in welchem Jahrhundert derselbe aufgehoben worden ist.

Oberhalb des Ortes Scharfenstein nimmt das Grünauer Thal eine immer freundlichere Gestalt an, unterhalb desselben aber wird die Gegend düsterer und einsamer, die dichtbewaldeten Berge erheben sich immer höher und schroffer, und die gewaltigen Felsen des Beerberges drängen sich endlich so

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Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/039&oldid=- (Version vom 9.4.2017)