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aus der Zahl der Altenburgischen Rittergüter verschwunden. – Das Vorwerk Weidenhof stand früher auf gleicher Höhe des Plateaus wie jetzt, nördlich vom Ende des Dorfes im freien Felde; als es jedoch im Jahre 1790 gänzlich niederbrannte, wurde es auf seinem jetzigen Standpunkte errichtet. Es besteht aus einem ansehnlichen Wohnhause, mit Kuhstall im Parterre, und einigen hübschen Pieçen und Vorrathsräumen in der oberen Etage, auch ist es mit einem kleinen Thurme geziert, welcher eine Uhr trägt. Die zwei Seitengebäude des Vorwerks Weidenhof enthalten Pferdeställe und andere zu ökonomischen Zwecken benutzte Räume, und im Hintergrunde steht, den Hof schliessend, eine grosse Scheune. Von den ganz in der Nähe des Weidenhofes gelegenen sechs Teichen senden zwei ihr Wasser östlich in die Pleisse, drei westlich in die Elster, und einer nördlich in die Sprotte, obgleich die drei verschiedenen Abfälle nicht viel mehr als Büchsenschussweite von einander entfernt sind.

Das Vorwerk Russdorf mit einem Dorfe gleichen Namens führte bis zum Jahre 1775 urkundlich den Namen Rudelsdorf, und war früher ein selbstständiges Rittergut, das im Jahre 1602 von dem Herrn von Winkler zu Blankenhain geschlagen wurde. Seinen Namen hat der Ort von einem auf waldiger Höhe ihm gegenübergelegenen Schlosse Rudels- oder Rudolphsburg, von dem ausser einem gemauerten Brunnen nur noch wenige Ruinen übrig geblieben sind, da man zu Ende des vorigen Jahrhunderts bei einer bedeutenden Reparatur des Vorwerks die Steine der verfallenen Burg zum Bauen benutzte. Die Rudelsburg soll der Sage nach ein Raubschloss gewesen, im Bruderkriege durch einen Flug Tauben verrathen, und darauf erstürmt und verwüstet worden sein. Auf Anordnung des Besitzers von Russdorf, des Churfürstlich Sächsischen Kammerraths Carl Gottlob Scheuereck, wurden durch Erzgebirgische Bergleute in den Ruinen des alten Raubschlosses Nachgrabungen vorgenommen, welche jedoch, ausser einigen Bruchstücken von alten irdenen Gefässen kein Resultat lieferten. Merkwürdig aber ist es, dass die Bergleute eines schönen Morgens mit Zurücklassung aller ihrer Effecten spurlos verschwunden waren, woran sich natürlich allerlei Vermuthungen knüpfen mussten. Dass übrigens die Bergleute bei ihrer Nachgrabung nicht verschüttet worden sind, oder überhaupt durch kein Unglück ihr Verschwinden verursacht wurde, davon haben weiter angestellte Nachforschungen genügende Beweise geliefert.

Das Dorf Blankenhain zählt etwa sechshundert Einwohner in ungefähr hundert Feuerstätten, worunter sich dreissig Bauerngüter befinden. Die Bewohner des Ortes fanden früher in der Spinnerei einen sehr bedeutenden Nahrungszweig, seit aber dieses Gewerbe aufgehört hat lohnend zu sein, nähren sich die Blankenhainer hauptsächlich durch Landwirthschaft, Frachtfuhrwerk, Getreidehandel und Obstverkauf, sowie zum Theil durch Tagelöhnerarbeit. Blankenhain hat jährlich zwei sehr besuchte Jahrmärkte, von denen einer im Frühjahre nach Vitus und der andere zur Herbstzeit zu Kreuzes Erhöhung, auf einer nahe am Schlosse und dessen Garten gelegenen herrschaftlichen Wiese abgehalten werden. Das Rittergut bezieht die Einkünfte an Markt-, Stand- und Budengeld, hält aber dafür das sämmtliche Budenzeug eigenthümlich und zahlt einen kleinen Kanon in das Rentamt. An den Markttagen werden in der dazu besonders vorhandenen Garküche, die in der ganzen Umgegend berühmten und beliebten sogenannten Mutzbraten – kleine Stücken fettes, am Spies gebratenes Schweinfleisch – massenhaft bereitet und verzehrt. Der Verkauf ist auf diesen Jahrmärkten sehr bedeutend und wird sogar von Handelsleuten aus entfernten Orten, wie Leipzig und Naumburg, besucht, und den Märkten vieler umliegenden kleinen Städte vorgezogen.

Die Gegend um Blankenhain, bildet durch die reizende Abwechselung von Feldern und Wiesen, Waldungen und Hügeln eine höchst angenehme Landschaft, und namentlich ist eine Anhöhe bei der Blankenhainer Windmühle, nahe an der Ronneburg–Crimmitzschauer Landstrasse, jedem Freunde der Natur als ein Punkt zu empfehlen, wo er eine herrliche Aussicht auf einen Theil des Altenburger Landes, sowie südöstlich und südlich auf die ferne Bergkette des Voigtlandes und Sächsischen Erzgebirges geniesst. Von dieser Höhe bietet sich Schloss und Dorf Blankenhain ebenfalls am vortheilhaftesten den Blicken des Beschauers dar, und mit Hochgenuss verweilt das Auge auf den gesegneten Fluren, gemischt mit freundlichen Häusern, stattlichen Schlössern und Kirchen, die eines der ländlichen reizenden Gemälde bilden, an denen unser theures Vaterland so reich ist. – Uebrigens hat der Ort Blankenhain ausser im dreissigjährigen Kriege, wo ihn die Kaiserlichen ausplünderten, von den Drangsalen des Krieges und Feuerschäden nur wenig gelitten.

Uralt ist die Kirche zu Blankenhain, aber aus Mangel an Urkunden, die höchst wahrscheinlich bei dem Brande von 1661 verloren gingen, ist über ihre früheste Geschichte nichts bekannt. Einige Monumente aus grauer Vorzeit tragen unleserliche Inschriften, und wahrscheinlich hat das alte Gotteshaus, ausser einigen Veränderungen im Innern seine ursprüngliche Gestalt behalten. Die nahe Lage der Kirche am Schlosse und ein besonderer Eingang in die herrschaftliche Kapelle machen es sehr wahrscheinlich, dass sie anfänglich eine Schlosskapelle war, wie man denn in der ersten Zeit des Christenthums die Kirchen in der Regel nahe an die Burgen baute, um sie vor den Beschädigungen der unterworfenen slavischen Volksstämme zu schützen. Der Altar, welchen früher ein heiliges Grab schmückte, ist zu Anfange dieses Jahrhunderts nicht eben mit Geschmack erneut worden, um so vortrefflicher ist dagegen die Kanzel gearbeitet, welche der herrschaftlichen Kapelle gegenübersteht, ebenso ist auch die 1715 erbaute, 1716 von dem Maler Heinrich Weber, einem Sohne des hiesigen Schulmeisters, mit Gemälden geschmückte Orgel kein übles Werk. In dem Thurme, der neueren Ursprungs ist als die Kirche, hängen drei wohltönende Glocken, von denen die grössere 1712, die mittlere 1764, die kleine, sehr alte aber vor der Reformation gegossen ist. Zu dem Vermögen der Kirche gehört ein Legat von tausend Thalern, welches der edle Carl Gottlob Scheuereck, laut testamentarischer Verordnung der Kirche zu einstiger Erweiterung überliess, wofür an seinem Sterbetage alljährlich eine Gedächtnisspredigt gehalten, und aus dem Zwickauer Gesangbuch das Lied: „Freu dich sehr, o meine Seele“ gesungen werden muss.

Auf dem alten Friedhofe, welcher die Kirche umgiebt, wird seit längerer Zeit keine Leiche mehr bestattet, indem man einen neuen Gottesacker angelegt hat. Auf selbigem zeichnet sich das von mehrfach erwähntem Carl Gottlob Scheuereck erbaute prachtvolle Erbbegräbniss aus. Es ist ein im byzantinischen Style erbautes, massives Achteck, und wölbt sich durch vorspringende, an den Seiten mit Zink verwahrte halbzirkelförmige Bögen zu einem doppelten Kuppeldache,

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/036&oldid=- (Version vom 9.4.2017)