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gegen 850 Köpfe. Grössere Bauergüter hat Neuschönfels nicht, der Haupterwerbszweig seiner Bewohner ist die Leinweberei.

Die Kirche zu Altschönfels, wohin beide Dörfer nebst den Rittergütern eingepfarrt sind, wurde nach einer im Thurmknopfe aufgefundenen Nachricht im Jahre 1625 erbaut, nachdem das alte Kirchlein ganz baufällig geworden, und nicht mehr zu repariren war. Das hochgelegene, auf drei Seiten von Wasser umgebene Gotteshaus hat einen sehr geschmackvollen Thurm und war vor der Reformation dem heiligen Martin geweiht, dessen sehr gut gearbeitete hölzerne vergoldete Statue, einen Reiter darstellend, der mit dem Schwerte seinen Mantel theilt, um die Hälfte davon einem Armen zu schenken, auf dem alten Altarschrein angebracht ist, welchen ausserdem noch werthvolle Gemälde des heiligen Andreas und der heiligen Anna auf Goldgrund, sowie ein Marienbild zieren. Die höchst kunstreich geschnitzte Kanzel zeigt die vier Evangelisten und einige andere Apostel, nebst Engelsfiguren und sechszehn Ahnenwappen der Familie von Weissenbach. Sie ist zu gleicher Zeit mit der jeztstehenden Kirche erbaut. – Vor der Reformation gehörte der Pfarrer von Schönfels nebst dem Schlosskaplan und dem Vicar zu Lichtentanne, das noch 1533 Filial von Schönfels war und dessen oberer Theil dorthin, der untere Theil aber nach Neumark zehntete, zu dem sogenannten grossen oder Fürstencaland in Werdau. Die Calandsbrüder befreite Heinrich Reuss von Plauen 1397 von der Gewohnheit, dass die bisherigen Voigte und Amtleute nach dem Tode eines Pfarrers dessen Vermögen und Habseligkeiten an sich nahmen, dafür mussten aber die sämmtlichen Mitglieder des Calands jeden Dienstag nach einem Quatember nach Werdau kommen, Abends Vigilien und Morgens Seelenmessen lesen, und alsdann jeder nach der Reihe eine Mahlzeit ausrichten, die von den Genossen verzehrt wurde. Die Freiheit des Werdauer Calands bestätigte 1421 auch Markgraf Wilhelm der Reiche, mit der Bedingung, dass von dem hinterlassenen Vermögen eines Pfarrers die Schulden abgezogen, zwei Theile zu seinem Seelengeräthe und ein Theil als Erbe an den nachfolgenden Pfarrer abgegeben werden sollten. Für diese Bestätigung waren die Calandsbrüder verpflichtet am Tage der zwölf Boten nach Werdau zu kommen, und den Sonntag Abend mit Vigilien, sowie den Montag mit Seelenmessen das Gedächtniss der Vorfahren des Markgrafen, und namentlich seiner Mutter Catharina, zu begehen.

Ueber einstige bemerkenswerthe Ereignisse von Neuschönfels sagt das alte im Thurmknopfe vorgefundene Manuscript, dass 1621 und 1625 der Hagel alles Sommergetreide vernichtet und das damalige Treiben der Kipper und Wipper das gute Geld so selten gemacht, dass ein guter Groschen acht schlechte und ein Gülden nur dritthalb schwere Groschen galt. Für vierundzwanzig Groschen gutes Geld bekam man zwölf Gülden schlechtes. Der damalige Pfarrer klagt auch, dass zur Zeit überall Krieg war, und beide Junker auf den Schlössern gestorben seien. – Im Jahre 1725 brachen zwei Diebe in der Schäferei zu Trünzig ein, banden der Frau des Schäfers Hände und Füsse und stiessen ihr einen Knebel in den Mund. Einer der Verbrecher wurde von einem Schafknecht in Trünzig ergriffen und daselbst nach kurzem Prozess lebendig gerädert; der andere aber in Schönfels verhaftet, auf einer Schleife nach der Neuschönfelser Richtstätte gebracht, und nachdem er mit dem Rade zerstossen worden, sein Körper auf selbiges geflochten.

Das Rittergut Neuschönfels hat eine schöne freundliche Lage, sehr gute Felder, treffliche Wiesen, einen vollständigen ungeschwächten Holzbestand, gute Wohn- und Wirthschaftsgebäude und in Gemeinschaft mit Altschönfels und dem Pfarrer in Neumark das Collaturrecht über hiesige Pfarre, bloss mit Altschönfels aber über die Schule in Schönfels. Die Schule in Ebersbrunn steht nur unter der Collatur des Besitzers von Neuschönfels. Auf dem Gute haften 5823,89 Steuereinheiten.

Otto Moser, Redact.     




Druck von Sturm & Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/033&oldid=- (Version vom 9.4.2017)