Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/015

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

böhmischen Hrab herzuleiten sein soll, so dass Rabenstein soviel bedeutet wie Grafenstein. Die Burg war in ältesten Zeiten ein freies, nirgends zur Lehn verpflichtetes Eigenthum der Ritter von Waldenburg, das im Jahre 1375 der Abt des Bergklosters zu Chemnitz, Johann von Schleinitz, mit Wissen und Willen des sämmtlichen Convents seines Klosters von Ritter Johann von Waldenburg und dessen beiden Söhnen Hans und Hugk erkaufte. In der Kaufsurkunde sind als zu dem Schlosse Oberrabenstein gehörig ausser dem Dorfe Stein auch noch Reichenbrand, Leewenhan, Kändler, Gruna, Sigemar, Huckericht, Steinpleissa und etliche Güter in Schönau mit allen Steinbrüchen, Eisen- und Kupferwerken und einigen Zinsen genannt. Für sämmtliche Güter zahlte der Abt 1700 Schock gute Groschen. Dieser Abt muss ein sehr hohes Alter erreicht haben, denn im Jahre 1418 war er noch am Leben und führte eine Fehde mit dem Burggrafen von Leissnig, der mit einem starken Haufen Gewappneter vor die Burg öberrabenstein zog, sie erstürmte und den streitlustigen Priester zehn Tage lang in die Kapelle des Schlosses einsperrte, bis er sich zur Nachgiebigkeit entschloss. Die Aebte von Chemnitz hielten sich oft und gern in dem Obenrabensteiner Schlösschen auf, wozu vielleicht seine ruhige einsame Lage viel beitrug, und noch heute führt der Weg, welcher südlich vom Dorfe Rottluff von Chemnitz nach Rabenstein führt, den Namen des Pfaffensteigs. Nach des Klosters Säcularisation, die 1548 erfolgte, fiel Oberrabenstein mit den übrigen Klostergütern an die Krone und blieb deren Eigenthum bis 1619, wo Churfürst Johann Georg es an den damaligen Oberlandjägermeister von Karlowitz für 14000 Gulden verkaufte. Später gelangte das Gut in Besitz der Freiherren von Welk, von denen es im Jahre 1838 an einen Herrn William Kraft aus Leipzig kam, dessen Eigenthum es noch jetzt ist.

Etwas entfernt von der Burg liegen die Wirthschaftsgebäude und das neuerbaute stattliche Herrnhaus. Die Schäferei ist ebenfalls ein vortheilhaft in die Augen fallendes Gebäude, neben der ein zierliches mit Blitzableitern versehenes Wohnhaus steht, von dem man eine äusserst reizende Aussicht über die Landschaft geniesst. Bedeutende Gärten und Obstanpflanzungen ziehen sich auf beiden Seiten der Höhen bis weiter herab zu den recht hübschen in englischem Geschmack angelegten Parkanlagen hin, welche die Burg Oberrabenstein von allen Seiten umgeben. Der sogenannte Rabensteiner Forst, früher zur Herrschaft gehörig, ist der grösste Wald des Chemnitzer Amtes, dessen schöne Tannen sich bis hart an den Ort Rabenstein hinziehen. Der Forst ist jetzt Zubehör des Krongutes Grüna mit Reichenbrand und steht unter der Aufsicht zweier in Pleissa und Grüna wohnenden Forstbeamten. Die Felder und Wiesen von Oberrabenstein gehören zu den besten der Gegend, die Schafzucht des Gutes ist nicht unbedeutend und da der Ort gleichsam in einem Garten liegt so ist der Obstbau nicht unbeträchtlich, auch findet man viel Bienenzucht. Die Einwohnerzahl zu Oberrabenstein beträgt ungefähr 300 Seelen.

Die Kirche, in welche die Gemeinden von Oberrabenstein, Niederrabenstein und Rottluff eingepfarrt sind, war ein kleines alterthümliches Gebäu, das schon seit langer Zeit für die Kirchengänger keinen hinreichenden Raum mehr bot. Sie enthielt in ihrem Innern wie in den Vorhallen mehrere Grabmäler der Familie von Carlowitz und Schönberg und einen alterthümlichen Taufstein von guter Arbeit, den der Oberforstmeister von Carlowitz im Jahre 1595 vom Bildhauer Hogenwald in Chemnitz anfertigen und hierherversetzen liess. Man sah sich also gezwungen einen Neubau zu beginnen der im Jahre 1854 zu glücklichem Ende gelangte, so dass die Gemeinden jetzt ein schönes, helles, geräumiges Gotteshaus besitzen.

Unter den in Rabenstein angestellten Predigern ist bemerkenswerth Martin Löscher, der von 1637–1677 amtirte, ein Freund und Kenner der Musik war, und sogar zur Abhaltung von Kirchenmusiken zwei Legate stiftete. –

In der Geschichte des Orts verdient das Jahr 1771 einer traurigen Erwähnung, indem damals eine furchtbare Ueberschwemmung das Rabensteiner Thal heimsuchte und alle Verbindungen störte. Die Fluth hatte Löcher von sechzehn Ellen Tiefe gerissen und Rottluff stand drei Tage unter Wasser. Gleich nach diesem Unglück brach eine furchtbare Theuerung aus, in der der Scheffel Korn bis zum Preise von beinahe zwölf Thalern stieg, so dass die Armen Gras und Kleien verzehrten und Viele Hungers starben. Auf diese unnatürliche Nahrung erfolgten epidemische Krankheiten, namentlich Fieber, die mit Raserei und Tod endigten und eine ungeheure Menge von Opfern hinrafften, bis endlich eine neue reiche Ernte dem namenlosen Elende des Erzgebirges ein Ende machte.




Lichtewalde.

An dem Ufer der brausenden Zschopau thront auf waldiger Bergeshöhe mit seinen blitzenden Fenstern und hochemporstrebenden Thürmen und Giebeln das prachtvolle Schloss Lichtewalde inmitten aller Reize die Natur und Kunst hervorzubringen vermochten. Von allen Seiten bieten sich hier die entzückendsten Aussichten dar auf das liebliche Zschopauthal, und die gewaltigen Berge welche rings um das Schloss wie riesige Wächter sich emporthürmen, bilden Rahmen eines bezaubernden Gemäldes, wie es deren nur wenige giebt.

Die ältesten bekannten Besitzer des Schlosses Lichtewalde, die Herren von Vitzthum, besassen dasselbe bis in die Mitte des funfzehnten Jahrhunderts, wo Apollonius oder Apel von Vitzthum, des Herzogs Wilhelm von Thüringen geheimer Rath und Günstling dasselbe nebst seinen

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/015&oldid=- (Version vom 5.3.2017)