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Liebschwitz soll früher mit Niebra durch einen unterirdischen Gang verbunden gewesen sein und hat man vor einigen Jahren die deutlichen Spuren davon aufgefunden.

Zur Parochie Liebschwitz gehören 2 Kirchen. Eine davon befindet sich in Liebschwitz, die andere aber in Taubenpreskeln, welches 20 Minuten von Liebschwitz entfernt liegt. Diese Kirchen gehören jetzt ebenfalls zur Ephorie Werdau, während sie früher zur Inspection Borna gezählt wurden. Nach einer Urkunde vom Jahre 1237, welche von dem Pfarrer Melchior Vögler zu Schmirchau aufgefunden wurde, war zwischen dem Ritter Gerhardt von Liebschwitz und dem Gothofredus, Plebanus von Ronneburg, ein heftiger Streit darüber ausgebrochen, ob die Kirche zu Schmirchau unter die Parochie Ronneburg gehöre und eine Filialkirche derselben, oder frei sei und in keiner subordinirten Beziehung zu derselben stehe. Dieser wurde von den beiden Partheien zum Schiedsrichter erwählten Bischoff Engelhardt von Naumburg folgenderweise entschieden:

Engelhardus, miseratione divina, Numburgensis Episcopus, Christi fidelibus universis, ad quos pervenerit Scriptum praesens, Salutem in nomine Jesu Christi, Suborta ... et ventilata inter Gothofredum Plebanum de Ronneburgk ex una et Gerhardum militem de Lübeschwitz, ex parte altera quaestione Super libertate ecclesiae in Schmirchaw, quam dictus Plebanus Suae parochiae filiam asserebat, tandem post tumultuandos tractatus hinc inde habitos, Sic est factum, quod de voluntate voca Adtorum de Wida Henrici et Henrici amicorum filii fratris ipsorum Heinrici, qui jus patronatus habent in parochia Ronnebergk et praefati plebani accedente sententia, nos in Synodo nostra pronunciavimus deffinitivam Sententiam proferendo: Schmirga vel Schmirdewitz ecclesiam liberam esse et nullum subjectionis respectum ad parochiam in Ronnebergk vel Ronnberch habere Sed in Se ipsa jus parochiale in perpetuum obtenturam et ut libertas ejus ecclesiae in Schmircha magis constare valeat universis praesentem paginam exinde conscriptam, Sigillis nostro et Advocatorum de Wida jussimus insigniri. Testes hujus rei sunt Walterus Decanus, Henricus Endigerinus, Conradus Custos; Heroldus Scolasticus, Canonici Cicenses, Heinricus Praepositus St. Stephani in Teziz, Theodoricus de Breitenbach, Henricus Filius Senior, Volvicus Henricus et Ludovicus, fratres de Silizena, Henricus de Caskirchen, Albertus de Löwitz ut et alii quam plures. Actum Cietz Anno Gratiae MCCXXXVII, IV. Cal. Arprilis, Sedis nostrae Anno XXX.

Hieraus ist deutlich zu ersehen, dass dem Pleban von Ronneburg der Anspruch an die Kirche zu Schmircha als Tochterkirche von der Parochie Ronneburg abgesprochen worden ist.

Die jetzt noch stehende Kirche von Liebschwitz baute Herr von Meusebach im Jahre 1677 auf eigne Kosten. Die frühere Kirche, die vor der Reformation gebaut war, lag sammt dem Gottesacker im obern Dorfe. Am 26. April 1654 wurde dieselbe, wie auch die Pfarrwohnung und ein Bauergut durch die Fluthen eines, im oberhalb des Dorfes gelegenen Wispenthale niedergefallenen Wolkenbruches gänzlich zerstört und die kleinste Glocke von dem Wasser bis nach dem ¾ Stunden von da gelegenen reussischen Dorfe Zwötzen geschwemmt.

Das seit 1832 neu erbaute Schulhaus steht oberhalb der Kirche. Der Platz ist von demselben Bauergute abgebaut, worauf die Kirche steht.

Der Gutsherr ist Patron über Kirche und Schule.

Taubenpreskeln mit der Schwesterkirche liegt wie erwähnt 20 Minuten von Liebschwitz in der Nähe des Zoitz- und Büchsenberges, der eine geschichtliche Merkwürdigkeit erlangt hat.

Zur Zeit des Sächsischen Bruderkrieges zog im Jahre 1450 Herzog Wilhelm mit einer grossen Heeresmacht von Thüringen in diese Gegend um den Voigt von Gera, wegen einer von diesem erlittenen Beschimpfung zu züchtigen und schlug auf dem jenseits der Elster gelegenen „Heeresberge“ ein Lager auf. Churfürst Friedrich eilte den Germanen zu Hülfe und lagerte sich seinem Bruder gegenüber auf einem Vorsprunge des Zoitzberges „der Büchsenberg“ genannt. Hier erbot sich einer seiner Büchsenmeister den Krieg mit einer Kugel zu endigen, wenn es ihm erlaubt würde, sein Geschütz in diesem Augenblicke auf Herzog Wilhelm zu richten. Der Churfürst aber erwiederte ihm mit Unwillen: Schiess, wohin Du willst; triff nur meinen Bruder nicht. Und diese Aeusserung, die dem Herzoge überbracht wurde, hat mehr als alle früheren Unterhandlungen bewirkt, denn bald erfolgte die Aussöhnung mit seinem Bruder.

Die übrigen zu Liebschwitz gehörigen Orte Loitzsch[VL 1] und Lengefeld beschäftigen sich alle mit Landwirthschaft, die hier in grosser Ausdehnung betrieben wird und für ihre Bearbeiter sehr dankbar ist.

Loitzsch auch Laitzsch, Loitschütz in der Volkssprache Lietzsch genannt liegt an der Grenze des Amtes Neustadt, 2 Stunden südlich von Gera am Russdorfer Bache und bildet mit Liebschwitz die bekannte Enklave Sachsens, welche dem frühern Amte Borna, jetzt dem Gerichtsamte Werdau einverleibt ist.

Das Rittergut, ein altschriftsässiges, bietet selbst nichts bemerkenswerthes dar. Vor der Reformation gehörte auf alle Fälle Loitzsch dem Kloster zur Niebra oder Nie-Vo, woher es auch kommen mag, dass Niebra, welches ½ Stunde von Loitzsch liegt, die Mutterkirche ist, wohin Otticha, Loitzsch und Lichtenberg eingepfarrt sind.

Das Jus patronatus stand ehemals dem Herzoge zu Sachsen-Zeitz zu. Nach der Reformation wurde mit Loitzsch Ehrenfried Gottfried und Alexander von Ende beliehen, denen 1576 Ehrenfried und Alexander von Ende folgten.

Im Jahre 1578 besass es Ehrenfried von Ende, dem 1599 Nicol von Ende und 1600 Wolf Georg von Ende succedirte. Im 17. Jahrhundert lebte hier eine Familie von Raschau. Christoph von Raschau und Wolf Georg von Raschau waren von 1640 bis 1657 mit Loitzsch belehnt. Dann kam das Gut 1661 an Clara Margaretha von Carlowitz geb. von Raschau, im Jahre 1684 besass es Adam Heinrich von Güntherode und 1688 Johann Georg Freiherr von Meusebach, dann 1704 David von Fletzscher, dann Adrian von Fletzcher und 1722 Gottfried von Leyser. Erst im Jahre 1744 kam das Gut an die von Ziegenhierdsche Familie und zwar an Johann Georg von Ziegenhierd, Königl. Preuss. Kriegs- und Domainenrath, welcher vormals das Gut Ziegst in dem Bezirke des Amts Freiburg besass.

Ihm folgte 1762 Johann Ferdinand August von Ziegenhierd und 1801 Friedrich Theodor von Ziegenhierd, dem sein Sohn Carl von Ziegenhierd und gegenwärtig Herr Ferdinand Werner von Ziegenhierd gefolgt ist.

Deshalb weil die Familie von Ziegenhierd überhaupt die dortigen Bornaischen Parzellen meistens besitzt, nennt man diese auch das Ziegenhierdsche Ländchen.

Loitzsch[WS 1] zählt ausser dem Rittergute 3 Bauergüter und eine Gärtnernahrung mit 47 Seelen und einem Areal von 215 Acker und 244 Qadratruthen.

Das Patronatrecht erlangten die Besitzer von Loitzsch über Kirche und Schule erst im 17. Jahrhundert.

Frau Clara Margarethe von Carlowitz hat solches in den 60ger Jahren des gedachten Jahrhunderts für die Besitzer von Loitzsch käuflich acquirirt.

Das nahe Dorf Niebra liegt in einer höchst reizenden und anmuthsvollen Gegend. Von dem hohen Berge herab, auf welchem es liegt, erblickt man das schöne fruchtbare Elsterthal am linken Flussufer von einem sich schräg senkenden, mit Laub und Nadelholz reich bewachsenen Gebirgsrücken umgrenzt, so auch der Städte und Schlösser so manche, z. B. die ¾ Stunde nordöstlich von hier gelegene Stadt Ronneburg, das Schloss Osterstein, das 2 Stunden entfernte Weida mit seinem herrlichen Schlosse und die 4 und 6 Stunden entfernten Städte Hohenleuben und Zeulenrode.

Ueber der Pfarrkapelle befindet sich die Statue der Nin-Frau und Nie-Fro, wovon das Kloster und der Ort selbst seinen Namen erhalten haben soll.

Sie ist ohngefähr 2 Ellen hoch und stellte bei einem gebeugten Haupte ein sehr schwarzes rauhes Gesicht dar. Die weisse Kopfbedeckung ist nonnenartig, die Hände sind zum Gebete gefaltet, die Farbe des Kleides ist blau, darüber ein weisser, inwendig rother Ueberwurf mit vergoldetem Saum. Die Farben und die Vergoldung sind auf Gyps aufgetragen, womit das innere Holzwerk überzogen ist. Früher soll die Statue über der Kirchthüre in der nach aussen vorhanden Nische gestanden haben.

Die Parochie Niebra zählt ausser ihrer Mutterkirche zu Niebra, wohin das reussische Dorf Otticha, Loitzsch und Lichtenberg eingepfarrt sind, auch eine Tochterkirche zu Hilbersdorf mit dem dahin eingepfarrten Russdorf, so wie eine Schule im Hauptorte. Das jus patronatus übt der Besitzer von Loitzsch, wie schon angeführt worden ist. In den frühern Zeiten gehörte die Parochie Niebra zu der Ephorie Weida im Neustädter Kreise; es ist jedoch schwer zu bestimmen, wenn und wo zuerst das Reformationsfest hier begonnen hat, weil durch den Brand am 9. Aug. 1624 Stadt und Schloss von Weida ein Raub der Flammen wurde und die besten Nachrichten über hiesige Gegend mit verbrannt sind.

Das Dorf Otticha zu dem Adelich Ziegeishierdschen Lehnverband gehörend zählt in 9 Bauerngütern an 80 Seelen nebst einem Gemeindehause,deren Arealgehalt 849 Scheffel 34 Quadratruthen beträgt, nach reussischem Maass gerechnet. In Lichtenberg befindet sich die herrschaftliche Schäferei von Loitzsch und stählt 3 Drescherhäuser, eine Mühle 11 Bauergüter und 1 Gemeindehaus mit einem Arealgehalt von circa 800 Scheffeln reussischen Maasses.

Niederstein auch Niedersteina genannt, 2½ Stunden von Döbeln gelegen, welches jetzt mit dem Rittergute Oberwutzschwitz verbunden ist.

Die eignen Herrschaften des Gutes Niederstein waren Georg Wolf von Carlowitz auf Rabenstein 1663, dann folgte Heinrich Dietrich von Starschädel 1669. Im Jahre 1684 finden wir Herrn von Nischwitz, 1701 Albrecht von Nischwitz.

Jetzt bis auf die neueste Zeit ist es im Besitze der von Zehmenschen Familie.

Nicht weit von dem Dorfe steht ein Gebäude, unter dem Namen das Steinsche Haus, wo der Sage nach, ehedem das Herrenhaus von Niedersteina gestanden haben soll.

Es wohnen daselbst 1 Gärtner und 9 Häusler, worunter eine Schänke sich befindet, im ganzen 65 Einwohner.

Ganz an Oberwutzschwitz, welches wir unten noch beschreiben werden, grenzt

Niederwutzschwitz 1 volle Stunde von Zschaitz und 2½ Stunden von Döbeln entfernt gelegen.

Das hiesige Rittergut war 1668 in den Händen des Georg Leopold von Birkholz, 1684 besass es Jobst Adolph von Drandorf, 1751 Christoph Siegismund Preuss, Kammerjunker und Falconier-Hauptmann, 1771 Johann August von Dallwitz würtembergscher Hauptmann, 1820 Johann Martin Zieger.

Dann kam es an den Premierlieutenant Christian Friedrich Seiffarth

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Loitzch

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Lietzsch
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/381&oldid=- (Version vom 9.4.2019)