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Ort herein: In einer Zeit von nicht ganz 4 Wochen brach 12 Mal Feuer aus und zwar fast immer einen Tag um den andern, 5 Mal wurde es gelöscht, aber 7 Mal brannte es fort und legte 7 Wohnungen in Asche.

Nicht die Verluste an ihren Gütern allein waren es, die dadurch die unglücklichen Bewohner erlitten, sondern besonders die Angst und Sorge, die bei Tag und bei Nacht 4 Wochen lang die Ruhe von ihnen scheuchte und sie auf das Qualvollste folterte, indem sie keinen Augenblick ihrer Habe und ihres Lebens sicher waren, einige sogar ihre Gattinnen und Kinder an fremden Orten geborgen hatten und doch diesem Zustande kein Ende machen konnten.

Nicht die angestrengtesten Nachforschungen, nicht die sorgfälltigste Wachsamkeit vermochten den Thäter zu entdecken, bis endlich der bei einem Diebstahle ertappte hiesige Wagnerlehrling zu dem Geständnisse gebracht wurde, diese Feuer sowohl, als auch das, welches in seinem Geburtsorte, dem benachbarten Zöpen, die Pfarr- und einige Nachbargebäude vernichtete, angelegt zu haben, weil die hell auflodernde Flamme ihm Freude machte. –

Die hiesigen Bewohner sind bei dem bedeutenden Areal hiesiger Flur an den Ackerbau gewiesen; aber auch ein starker Viehhandel wird hier getrieben, der vorzüglich, seit die Eisenbahn von Leipzig nach Altenburg diesen Ort berührt, sich sehr vermehrt hat und erleichtert worden ist.

Ueberhaupt hat Kieritzsch durch die Eisenbahn ungemein gewonnen. Es ist hier ein Bahnhof, und von hier aus gehen täglich Posten nach Lobstädt und Borna ab. In den schönen Sommertagen dient Kieritzsch als Vergnügungsort für die dasige Umgegend.

Durch diese günstige Lage, aber auch durch steigende Cultur im Ackerbau und durch Fleiss und Sparsamkeit der Bewohner gelangten dieselben zu einem gewissen Wohlstand.

Jährlich werden auch in Kieritzsch zwei mit Jahrmärkten versehene Viehmärkte abgehalten.

Ausser dem schönen Gasthofe ist im Orte eine Windmühle und eine Ziegelei; die erbaute Zuckerfabrik ist wieder eingegangen.

Kieritzsch reint mit Medewitzsch, Piegel, Leipen und Podelwitz, mit Drossdorf, Kahnsdorf, Zöpen und Trachenau.

Ob die Behauptungen einiger Topographen richtig sind, dass Kieritzsch dasjenige Kosowa im Burgward Groitzsch gewesen sei, welches 1103 mit den Zinsen an’s Pegauer Kloster gewiesen wurde, lassen wir dahingestellt sein. Uns dünkt eine solche Behauptung sehr kühn.

Bemerkenswerth ist noch, dass in der herrschaftlichen Wohnung, in dem sogenannten Luthers-Saale unter mehrern andern Gemälden Luthers und seiner Gattin Brustbild von Gips aufbewahrt wurden, welche man aus Luther verfallenen Hause zu Zölsdorf gerettet hatte und von Kennern hoch geschätzt worden sind.

Diese Brustbilder sind jetzt in der Kirche aufgestellt.

Der Ort mit seinen 6 Anspänner, 22 Hintersässergütern und 18 Häuslerwohnungen, nebst Windmühle und Gasthof im Ganzen mit 400 Einwohnern, gehört jetzt zum Gerichtsamte Borna.

(M. G.)     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/364&oldid=- (Version vom 7.1.2019)