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Leissnig herein. Eine grosse Feuersbrunst verzehrte einen grossen Theil der Stadt mit dem massiven Rathhaus, welches früher mitten auf dem Markte stand.

Bei dem Wiederaufbau der Stadt wurde das Rathhaus nicht wieder an seine alte Stelle gebracht, sondern in die Reihe der Häuser am Markte auf die Stelle des mit abgebrannten Gasthofes zum goldenen Engel gebaut, wodurch der Marktplatz neu gewonnen hat, was deshalb zu wünschen war, weil die bedeutenden hiesigen Getreidemärkte einen grossen Raum verlangen.

Ausser jenem grossen Brandte sind Stadt, Vorstädte und Scheunen öfters auch durch kleine Feuersbrünste heimgesucht worden.

Die Stadt Leissnig besitzt ausser dem beschriebenen Schlosse und dem Rathhause noch 2 erwähnenswerthe Kirchen.

Die eine ist die Haupt- und Pfarrkirche zu St. Matthiä und die im Jahre 1400 erbaute Nicolaikirche oder Gottesackerkirche.

Der Pfarrsprengel zu Leissnig und die Kirche zu St. Matthiä waren schon zu Ende des 12. Jahrhunderts vorhanden.

Nach einer Urkunde vom Jahre 1192 wurde die Pfarrei von Leisenik mit allen Zubehörungen, Kappellen, Dörfern, Mühlen, Aeckern und Wiesen, Weiden und Bergen, dem damals neugestifteten Kloster Buchau oder Buch zugeeignet. Der Abt von Buchau erbte das Patronatrecht. Noch im 14. und 15. Jahrhundert hatte das Kloster Buch über die Stadt Leissnig und dessen Schloss grosse Gewalt, welche erst in 16. Jahrhundert gebrochen wurde, wo die Stadt mehre Güter und die eigne Jurisdiction sammt Patronatrecht erworben hat.

Eingepfarrt nach Leissnig sind Brösen, Groschwitz mit Rittergut, das Gut Hasenberg, Meinitz, Minkwitz, Neu- und Neuneudörfchen, Röde, Tautendorf, sowie die Liebchens- die Kürsten- und die Schanzenmühle[WS 1].

An der Hauptkirche ist ein Superintendent und 2 Diaconen angestellt, wovon erstere unter Collatur eines hohen Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unterrichts stehen, die Stellen der Diaconen und die wirklichen Schullehrerstellen aber von Stadtrathe besetzt werden.

Die Superintendur ist ein grosses feststehendes Gebäude in altem Klosterstil. Das Diaconat ist auf die Stadtmauer erbaut, aus welcher man eine romantische Aussicht in das herrliche Muldenthal nach Kloster Buch hin hat ganz so, wie in der Superintendur.

Von ihren Ursprunge weis man so viel dass es eine Terminey der Brüder zu Oschatz war. Jobst Marschalk, der wegen eines Todschlages von seinem Gute Döschitz von dem Herzog Georg zu Sachsen vertrieben worden war, hat sie den Barfüsser-Mönchen zu Oschatz abgekauft. Nach dem er sie einige Jahre besessen hatte und keinen Geschoss darauf bezahlen wollte, verkaufte er selbige. Florian von Könneritz kaufte nun das Haus 1547 und liess es seinem Weibe in Lehen geben. Nachher wurde es zur Diaconats-Wohnung erkauft und im Jahre 1656 neu erbaut.

Die jetzige Bürgerschule ist ein in den Jahren 1820 und 1821 von Grundaus neu erbautes Gebäude, auf dessen Platze früher die Knabenschule und die Kirchen vorstanden. An der Schule sind 7 Lehrer angestellt, welche 4 Knaben und 3 Mädchenclassen unterrichten.

Die Zahl der Schulkinder beträgt über 800. Für Kirche und Schule und Universität sind in Leissnig mehre wohlthätige Stiftungen vorhanden, worunter die Wagner’sche und die Hoffmann’sche nennenswerth ist; letztere bezieht sich auf 12 Freistellen am Convicte in Leipzig für Leissniger und Freiberger Kinder, die Theologie studiren. Die Grafen von Vitzthum und Eckstädt haben von diesen Convictstellen 4 zu besetzen, die übrigen werden vom Stadtrathe zu Freiberg vergeben.

Von der Quell’schen Familie, deren Stammvater Gottlob Leonhard war, ist durch ein Legat für arme Schulkinder in der Maasse gesorgt, das viele derselben den Schulunterricht unentgeldlich geniessen können.

Leissnig hat eine vortreffliche Lage und ist rücksichtlich seines guten Kornbaues als die Meissner Schmelzgruben bekannt, wie Melanchthon Leissnig zu nennen pflegt.

Oestlich, südlich und westlich ist die Stadt von einer äusserst üppigen Obstpflege, nicht nur in Gärten, sondern auch auf den Communplätzen gleichsam wie von einem grossen Baumgarten umgeben, und die Aussicht auf das nahe Muldenthal ist eine sehr romantische zu nennen.

Die schönste Fernsicht bietet sich dem Auge auf dem Schlossberge, auf dem sognannten Kessel, auf dem Dreihügelberge, wo vor Heinrich I. Zeiten die Sorbenwenden eine Burg erbaut gehabt haben sollen, welche aber schon 933 geschleift worden ist. Jedem Fremden ist aber noch der Besuch des sogenannten Mirus’schen Garten zu empfehlen. Wenn man in diesem Garten durch das Gartenhaus auf den Balkon hinaus tritt, breitet sich dem Auge des Beschauers das schönste Panorama dar.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schanzenmüthe
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/299&oldid=- (Version vom 7.1.2019)