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Paunsdorf


mit Schönfeld, dem heiteren Blick, Sommerfeld, Mölkau, Stünz und Sellerhausen rainend, ist 450 pariser Fuss über das Meer erhaben und die Gegend erhebt sich von hier sehr merklich gegen Nordosten.

Das frühere alte Schloss, dessen Erbauer nicht bekannt ist, brannte am 18. October 1813 ab und die jetzigen Rittergutsgebäude sind daher in ganz neuem Styl erbaut.

Das altschriftsässige Rittergut gehörte in früheren Zeiten der Familie von Thümmel, von welcher es der Geheime Kammerrath und Bürgermeister zu Leipzig, Herr Dr. Christian Wilhelm Küstner acquirirte, von dem es später an Professor Arndt in Leipzig kam. Dann war es Eigenthum der Körner’schen Familie. Jetzt besitzt solches seit 1844 H. Alwin Körner.

Paunsdorf hat eine sehr nutzbare Oeconomie und beträchtliche Schäferei. Auch gehören zum Gute einige Teiche und die mit demselben durch eine schöne Lindenallee verbundene im Süden stehende Windmühle. Die früher so frequente Chaussee von Leipzig nach Dresden berührt das östliche Ende des Ortes.

Paunsdorf ist geschichtlich merkwürdig geworden durch die Leipziger Völkerschlacht. Paunsdorf bildete einen Hauptpunct, dessen endliche Erstürmung durch das Armeecorps des Königs von Schweden besonders mit Hülfe Congrevescher Raketen zur Entscheidung der Schlacht viel beitrug.

Bei Paunsdorf erfolgte auch der Uebergang der sächs. Truppen zu dem Heere der Verbündeten, ein Umstand, der zu Napoleons Verderben ebenfalls viel mitwirkte.

Paunsdorf hat in jener Zeit unsaglich viel gelitten, der grössere Theil des Dorfes wurde ein Raub der Flammen und Vieh und Wirthschaftsgeräthe ging durch Plünderung verloren.

Indessen haben die Einwohner sich bald wieder erholt. Die vielen hier erbaut werdenden Küchengewächse verschaffen einen reichlichen Gewinn und das nahe Leipzig bietet den übrigen Einwohnern, welche dort Arbeit suchen, hinreichende Beschäftigung. Im Jahre 1814 erhielt Paunsdorf von dem Leipziger Unterstützungsverein zur Wiederaufhülfe 2620 Thaler. Die Zahl der abgebrannten Häuser in der Leipziger Schlacht betrug 35.

Die Gemeinde bildet einen eigenen Schulbezirk, und hat jetzt sein eignes Schulhaus, während sonst sich die Schule und Lehrerwohnung in einem gemietheten Locale befand. Das Collaturrecht über die Schulstelle hat die Gemeinde.

Die dasige Kirche hat der vormalige Gerichtsherr Dr. Christian Wilhelm Küstner im Jahre 1784 grösstentheils auf eigne Kosten aufführen lassen, doch musste bereits im Jahre 1839 der Thurm, welcher einzustürzen drohte, wieder abgetragen werden.

Zur Besorgung des Gottesdienstes in dieser Kirche besteht seit fast dreihundert Jahren die Einrichtung, dass ein Candidat des Predigtamtes in Leipzig als Katechet oder Hülfsprediger drei Sonntage hinter einander predigt und der Pfarrer von St. Thekla am vierten Sonntage die Predigt und Communion hält, der Katechet predigt alsdann in St. Thekla und Mockau. St. Thekla als Parochie hat zwei Tochterkirchen unter sich, wovon eine eben Paunsdorf, die andere Mockau ist. St. Thekla hat wohl eine der ältesten Kirchen hiesiger Gegend. Sie ist, wie bekannt, auf einem Hügel erbaut, der früher als heidnischer Opferplatz gedient haben mag. In der Volkssprache wird sie „die Tiegelkirche“ genannt.

Als Schutzpatronin muss man dem Namen zufolge, die heilige Thekla betrachten.

Diese Thekla war, wie die Legende erzählt, die Tochter eines reichen Bürgers in Ikonium, der Hauptstadt Lykaonines in Kleinasien, und die Verlobte eines jungen Mannes Namens Thamyrus. Als der Apostel Paulus nach Ikonium kam, um das Evangelium zu verkündigen, hörte ihn auch Thekla, welche, da ihre Wohnung der seinigen gegenüber lag, seine Predigten recht gut hören konnte. Sie gab, ergriffen von der Rede des Apostels, dem Pförtner seiner Wohnung ihr kostbares Ohrgehänge, um Zutritt zu dem Gottesmanne zu erlangen und wurde bald darauf Christin.

Sie wurde dann von ihrer Mutter und ihrem Bräutigam angeklagt und vom Richter zum Feuertode verurtheilt. Nach der Legende blieb sie von den Flammen verschont, und als sie von wilden Thieren zerrissen werden sollte, liebkosete sie der eine der Löwen und auf diese Weise erfolgte ihre Rettung.

Die Nachwelt hat sie zur ersten Märtyrerin erhoben und als Heilige verehrt.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/264&oldid=- (Version vom 7.1.2019)