gewürdigt worden ist in seiner Schrift über die Kirche der heiligen Kunigunde zu Rochlitz und die Steinmetz-Hütte daselbst, mit der er 1829 dem berühmten Prof. Dr. Daniel Beck, als einem der Ersten, die der richtigen Ansicht über das Mittelalter den Weg bahnten, zu seiner 50jährigen Lehrthätigkeit gratulirte.
Wer der eigentliche Erbauer der Kunigundenkirche war, ob der deutsche König Heinrich II. selbst, der nebst seiner Gemahlin Kunigunde zweimal hier abgebildet ist, oder der Markgraf Hermann von Meissen, der jenem seine Würde zu danken hatte, bleibt ungewiss, nur so viel steht fest, dass die Kirche an 850 Jahre alt ist.
Unter mehreren Epitaphien sieht man auch das des sächs. Schlosscommandanten Engelin, der sich 1644 gegen den schwedischen General Königsmark so tapfer behauptete.
Endlich findet man die dritte Kirche vor dem untern Thore, welche an die vordere südwestliche Seite des Gottesacker stösst. Dieselbe ist ein weniger bedeutendes Gebäude, welches für eine Filialkirche der Kunigundenkirche gilt.
Sie heisst auch die Spitalkirche, weil das Hospital daran angebaut ist, zu welchem die Landgräfin Elisabeth von Hessen, geborne Prinzessin von Sachsen, 1300 Gülden legirte.
In der Nähe des Hospitals führt über die Mulde die berühmte Brücke, welche eine der längsten Brücken Sachsens ist, abgerechnet die Dresdner und Meissner Elbbrücken.
Historisch merkwürdig ist der Rochlitzer Bund den die drei Markgrafen gegen Böhmen im Jahre 1401 schlossen, dessen baldige Folge die Belagerung von Prag war.
Aber auch in der Industrie ist Rochlitz nennenswerth. Denn die Zeug- und Merinosfabriken von hier haben einen bedeutenden Namen erlangt, weil solche hinter der Zeit nicht zurückgeblieben sind, sondern mit allen Fabriken des Auslandes zu wetteifern suchten.
Von besonderem Interesse sind der oben schon berührte Rochlitzer Berg oder die Steinbrüche, indem sich dieser Berg durch seine Gebirgsart, einen festen Porphyr, von allen umliegenden Bergrücken und Bergen absondert und als ein völlig isolirtes Mittelgebirge betrachtet werden muss. Dieser Porphyr besteht aus einem Gemenge von sehr verhärtetem Thon und äusserst feinen, aber sehr zahlreichen Quarztheilen und würde nur ein zelliges, lockeres Ansehen haben, wären nicht die kleinen Zellen wieder mit einem weichern Thon ausgefüllt, der gewöhnlich eine Fleisch- oder ziegelrothe, zuweilen auch eine weisse oder bläuliche Farbe hat. Der gewöhnliche Name dieses Porphyrs ist „Rochlitzer Stein“. In allen Brüchen, in den tiefsten sogar, hat man ihn durchaus ohne horizontale Klüfte gefunden, dagegen sind perpendiculäre Klüfte sehr häufig. Diese Klüfte sind nicht selten mit dem sogenannten Rochlitzer Steinmark ausgefüllt, welches man vom Zwickauer Steinmark (oder der sächsischen Wundererde) wohl unterscheiden muss: Es besteht in einer fleischfarbigen thonähnlichen Rinde, welche im Gestein von einer seifenartigen Weichheit gefunden wird, zu Tage aber allmählig verhärtet. In den alten Zeiten schrieb man diesem Steinmark so viel Heilsamkeit zu, dass ein besonderes Edict vom Jahre 1595 seinen Verkauf einschränkte und regulirte; später wurde dieses Edict wieder aufgehoben. Vorzüglich wirksam soll sein Gebrauch gegen gewisse Pferdekrankheiten sein.
In der Menge der intressanten Gesichtspunkte von diesem Berge starrt das Auge ungewiss umher, denn jede Seite hat ihre besonderen Reize, doch vor allen zwingt das Hochgebirge am südlichen und südöstlichen Horizonte zur Betrachtung und Bewunderung.
Am entzückendsten ist aber ganz nahe das vielfach gekrümmte Muldenthal. Wie ein grosser Garten breitet sich die nächste Gegend jenseits der Mulde mit ihren fast unendlich vielen Dörfern, Obstalleen, Plantagen u. s. w. aus und ihre Reize erhebt der schöne Muldenspiegel.
In Nord und Ost ergiesst der Blick sich in ferne Ebenen und in lieblicher Ferne erscheint noch der Petersberg bei Halle.
Interesse bietet auch im Norden das Hohburger Gebirge jenseits Wurzen.
Man zählt überhaupt 20 bis 22 Städte und 8 Bergschlösser, welche hier sichtbar sind. Vorzüglich aber giebt die vortreffliche Gruppirung der Objecte der Aussicht ihre Schönheit, eine gemüthliche und doch zugleich erhebende Stimmung durchdringt unwillkührlich von hier aus den Beobachter.
Rochlitz ist eine Stadt von 456 Häusern mit 4596 Einwohnern und der Sitz eines Bezirksgerichts und eines Gerichtsamtes, einer Amtshauptmannschaft, eines Superintendenten, zu dessen Inspection 91 Ortschaften gehören, nämlich vier Städte, 87 Dörfer, 23 Kirchen, darunter 18 Haupt- und Mutterkirchen, vier Filialkirchen und eine Begräbnisskirche, mit 21 Geistlichen, 37 Schulen mit 49 Lehrern und 25,000 Seelen.
Dem Stadtrathe zu Rochlitz steht das Collaturrecht über die Kunigundenkirche zu, während das Cultusministerium solches über die Petrikirche übt.
Rochlitz die Stadt mit ihren Behörden ist dem Regierungsbezirke Leipzig zugewiesen.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/263&oldid=- (Version vom 7.1.2019)