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Lauer.


Lauer, auch Laura genannt, liegt zwei Stunden südlich von Leipzig am Ausgange des Rathsholzes, am Flossgraben, mitten in der Aue.

Das dazu gehörige Knautkleeberg mit Mühle und Gasthof, hat mit Zschocher gleiche Lage.

Lauer hat blos zwei bewohnte Gebäude mit drei Familienhaushaltungen und 30 Bewohnern.

Es gehört zum Gerichtsamt Leipzig II., zum Bezirksgericht Leipzig, zur Amtshauptmannschaft Borna, zum Regierungsbezirk Leipzig.

Einer Sage nach, die nicht so allgemein bekannt sein dürfte, soll das Schloss seine Entstehung folgender Begebenheit verdanken.

Aus einem der benachbarten Schlösser (Gautsch, Zöbigker, auch Knauthain wird genannt), war der Besitzer des Gutes ausgezogen zum fernen Turniere, und am Tage, wo derselbe wieder einzutreffen versprochen hatte, ging die Gattin mit ihrem einzigen lieblichen Kinde Laura entgegen und wartete in der Gegend des jetzigen Schlosses Lauer, der Ankunft des Gatten, ihres Beschützers und Hüters. Vergebens war das Lugen und Lauern, der Gatte kam nicht. Trauernden Herzens und weinenden Auges kehrte sie nun zum Schlosse ihrer Väter zurück, um eine in Sorgen und Angst durchwachte Nacht zu verleben. Mit Tagesanbruch sah sie nach der Gegend, woher der Gatte kommen sollte. Bald erblickte sie einen Trupp Reisige und in deren Mitte einen scheinbar Todten. „Gott! meinen Gatten bringen sie als Leiche,“ schrie sie in der Angst ihres Herzens. Der Zug näherte sich dem Schlosse und nach einigen Minuten weinten Mutter und Kind zu den Füssen ihres nicht todten, aber schwer verwundeten Gatten und Vater. Da in ihrer Seelenangst, gelobte Lauras Mutter: „Zum Danke, wenn der Gatte mir erhalten wird, will ich an dem Orte, wo ich mit meinem Kinde den Gatten zu erwarten gedachte, einen Zufluchtsort für Reisende und Kranke erbauen.“ Und Gott erhörte ihr Flehen. Der Gatte genass und ein Gebäude entstand an der Stelle, wohin sie mit dem Kinde entgegen gegangen war. Das Haus wurde anfangs als Wallfahrtsort bestimmt, später in ein Schloss[1] umgewandelt und in Bezug auf das Warten der Mutter mit ihrem Kinde Laura: „Lauer oder Laura“ genannt.

Man hat über die Entstehung des Ortes wenigstens eine weitere Nachricht nicht, obschon die Sage ebenfalls keinen sichern Anhalt giebt.

Nur so viel steht fest, dass im 16. Jahrhundert das Schloss von einem Herrn von Pflug umgestaltet und in seiner jetzigen Form ins Gevierte gebaut worden, über dessen Portale das Pflug’sche Wappen mit der der Jahreszahl 1552 zu lesen ist.

Der mit dem Schlosse verbundene fünfeckige Thurm, musste in neuerer Zeit abgetragen werden. Schloss und Thurm ist von Wallgräben umflossen.

Später acquirirten das Schloss die Herren von Dieskau, von denen es durch Heirath an die Herren von Ponickau im Jahre 1683 überging. Ein von Ponickau und ein Schwager desselben mit Namen Wobbeser, verkauften das Gut im Jahre 1729 an die Frau von Manteufel, durch welche es in den Besitz der Familie von Hohenthal zweiter Linie, die auch Knauthain inne hat, kam, und deren Stammvater Peter Hohmann in Leipzig (später Hohenthal) war. Der Hohmann’sche Hof in der Peterstrasse Leipzigs hat von demselben heute noch seine Benennung.

Der jetzige Besitzer von Lauer ist, Graf Carl Adolph von Hohenthal-Knauthain, Knautnaundorf u. s. w. Königl. Sachs. Kammerherr, wirkl. Geh.-Rath und Gesander und Bev.-Minister in Berlin, sowie am K. Hannover’schen Hofe, vermählt mit Caroline Christiane Albine Albertine von Bergen, des Kurfürstth. Hess. Erbkämmerer Gen.-Majors Ludwig Herrmann, Freiherrn von Berlepschs Tochter, Besitzer in der Herrschaft Pischelly in Böhmen, welche in erster Ehe mit dem Kurfürsten Wilhelm II. von Hessen vermählt war und seit den 20. Nov. 1847 bis zum Jahre 1851 in Wittwenstande lebte. Mit diesem Grafen von Hohenthal erzeugte die Gräfin Bergen am 4. Febr. 1853 einen Sohn, Karl Adolph Philipp Wilhelm Graf von Hohenthal, welcher seit dem 15. Oct. 1854 auch Graf von Bergen ist.


  1. Nach Andern soll aus dem späteren Schlosse ein Kloster entstanden sein, welches erst nach der Reformation aufgehoben und wieder zu einem Rittersitze umgewandelt worden ist.
    Der Annahme dagegen, dass das Schloss vor dessen Umwandlung in ein Kloster ein Raubschloss gewesen, ist unbedingt kein Glauben beizumessen, da die hiesige Gegend in jener Zeit zu einer grösseren Herrschaft gehörte. Zu dieser Annahme mag wohl blos die bequeme Lage des Ortes an der alten Naumburger Heerstrasse und der Name „Lauer“ Veranlassung gegeben haben.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/231&oldid=- (Version vom 7.1.2019)