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Gottesdienst in Eythra gehalten wird, predigt der Pastor Nachmittags in Bösdorf.

Die Zeit der Erbauung des Gotteshauses in Eythra lässt sich nicht genau bestimmen, da die Urkunden darüber fehlen. Nur so viel ist gewiss, dass im Jahre 1740 das Gotteshaus verwüstet worden ist, indem man mit einem Kostenaufwand von 1500 Thalern der Länge desselben vier Ellen und seiner Höhe drei Ellen zusetzte, den Thurm vom Dache entfernte und vorn am Eingange einen neuen erbaute und die vorige Sacristei in eine Gerichtsdirectorcapelle verwandelte.

Das Vermögen der Kirche ist unbedeutend und erst durch das Legat des Herrn Kammerrath Anger im Jahre 1839 ist dasselbe auf ungefähr 1000 Thaler erhöht worden.

Unter den hiesigen Pastoren ist vorzüglich Georg Friedrich Sperber vom Jahre 1776 bemerkenswerth, welcher durch ein Legat von 200 Thalern, dessen Verwaltung der Merseburgischen Prediger-Wittwen-Pensionskasse übertragen ist, die hiesigen Pfarrwittwen zum Danke sich verpflichtet hat. Letztere bekommen die alljährlichen Interessen, was auch durch die Convention zwischen Sachsen und Preussen vom Jahre 1825 garantirt ist.

Der Kirchhof, welcher früher um die Kirche herum lag, ist später ausserhalb des Dorfes angelegt worden und zeichnet sich vor vielen anderen Begräbnissplätzen durch die festgehaltene Ordnung der Gräber, so wie durch die Denkmale des Grafen und der Gräfin von Werthern und den Begräbnissplatz der hiesigen Herrschaft aus.

In Eythra befindet sich ausserdem nur ein Schulhaus, welches massiv gebaut ist und durch seine innere zweckmässige Einrichtung sich auszeichnet. Seine Erbauung erfolgte erst in der neuern Zeit und ist ein Werk des Herrn Kammerrath Anger. An der Schule selbst sind zwei Lehrer, ein Cantor und ein Adjuvant angestellt. Letzterer erhält aus der hiesigen Waisenhauscasse 100 Thaler.

Die Schule hat ausserdem zwei Legate, welche von der Gräfin von Werthern und dem ehemaligen Gerichtsdirektor Flidner gestiftet sind. Von den Intressen derselben werden nützliche Bücher für arme Schulkinder angeschafft.

Die Collatur der Pfarre und Schule hat der jedesmalige Rittergutsbesitzer. Früher vergaben das Domkapitel zu Merseburg und der hiesige Gerichtsherr alternative die Pfarrstelle, weil in noch früherer Zeit die Pfarre zu Bösdorf blos vom Domkapitel besetzt worden war, und nach Vereinigung beider Stellen dieses Wechselpatronat gestattet werden musste.

Durch ein Rescript d. d. Dresden den 17. April 1748 übt jedoch das Patronatrecht der hiesige Gerichtsherr nur ganz allein aus. Bösdorf ist fälschlich öfter als Filial von Eythra ausgegeben. Es ist aber die Kirchengemeinde vereinigt.

Im sechszehnten Jahrhundert stand hinter Bösdorf noch ein kleiner Ort, Gumlitz genannt, mit einer Mühle, welches nach Bösdorf eingepfarrt war, aber wahrscheinlich im dreissigjährigen Kriege untergegangen ist.

Eythra hat schönen Ackerbau und gute Viehzucht. Den ärmern Bewohnern des Orts war früher reichlich Gelegenheit geboten in der herrschaftlichen Zuckerrunkelfabrik sich ihren nothwendigen Lebensunterhalt zu verschaffen. Leider ist dieses Etablissement wieder eingegangen.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/215&oldid=- (Version vom 7.1.2019)