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gemeinschaftlich bis 1556, wo eine Theilung der Güter stattfand, in welcher Wolf Penig, Rochsburg und Wechselburg und nach Georgs 1610 erfolgtem Tode auch Glauchau und Remsa erhielt, wodurch er Stammvater der unteren oder Glauchauischen Hauptlinie geworden ist. Ihm folgte im Besitze Wechselburgs Wolf II. und diesem Wolf Heinrich, gestorben 1657, Stammvater der Vorderglauchauischen oder Wechselburger Linie. Der Reichsgraf Samuel Heinrich von Schönburg starb 1683 und dessen zwei Söhne waren Carl Heinrich, von 1677 bis 1708, und Franz Heinrich, von 1682 bis 1746. Des letzteren zwei Söhne hiessen Albert Heinrich, geboren 1732 und Carl Heinrich, der 1800 starb und zwei Söhne Wilhelm Albrecht Heinrich (1762–1815) und Carl Heinrich (1757–1815) hinterliess. Der jetzige Besitzer ist des erstgenannten Herrn Sohn, Sr. Erlaucht Carl Heinrich Alban, Graf und Herr von Schönburg, Glauchau und Waldenburg, wie auch der niederen Grafschaft Hartenstein, der Herrschaft Lichtenstein mit Stein, der Recessherrschaft Vorderglauchau und der Lehnsherrschaften Wechselburg und Penig, geboren 1804 und vermählt mit der Gräfin Christiane Marie Emilie Gräfin von Jenison-Walworth.

Weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus kennt man die Kirche des Wechselburger Schlosses, ein herrliches Denkmal mittelalterlicher, deutscher Baukunst. Dieses Gotteshaus, die ehemalige Klosterkirche, ist in Byzantinischem Style aus dem rothen Sandstein erbaut, welcher in den tausendjährigen Steinbrüchen des Rochlitzer Berges gebrochen wird. Ganz besonders bemerkenswerth sind die Skulpturen an der Kanzel, biblische Figuren darstellend, die architektonische und plastische Gestaltung des Altars, die köstliche Regelmässigkeit der Theile bei der allgemeinen Grossartigkeit und die reiche Mannigfaltigkeit der Verzierungen, namentlich an den Schaften und Knäufen der Säulen und Pfeiler. Die geschichtlichen Beziehungen der verschiedenen Figuren und ihre Zusammenstellung deuten offenbar auf den Sieg des Christenthums über Judenthum und Heidenthum. Vor dem Altarplatze befinden sich zwei Standbilder, von denen das eine, die Gestalt eines Ritters, ohne Zweifel den Grafen Dedo, das andere im Ornate eines Geistlichen, den Propst Ehrhardt vom Lauterberger Kloster zum Petersberge, welcher die Kirche einweihte, vorstellen soll. Vor der Kanzel liegt des Grafen Dedo und seiner Gemahlin Leichenstein. Das Steinbild des Grafen hält im rechten Arme das Modell der Kirche und in der linken Hand ein Banner. Die Grüfte der Kirche verwahren die Gebeine des Grafen Dedo, seiner Gemahlin und seiner vier Söhne, Goswin, Heinrich, Dietrich und Konrad. Die beiden Ersteren starben in zarter Jugend, Dietrich († 1207) war erst Propst zu Magdeburg und später Graf von Sommerschenburg, Konrad († 1210) Markgraf der Lausitz. Auch Konrads Gemahlin Elisabeth, Herzog Mieskos von Polen Tochter, liegt hier begraben. Als die Vorderglauchauische Linie des Hauses Schönburg 1666 in Wechselburg ihre Residenz aufschlug wurde in der Schlosskirche ein Erbbegräbniss angelegt und noch jetzt wird bei Sterbefällen in der Familie hier die Gedächtnisspredigt gehalten. Der erste Herr aus dem Stamme der Schönburge welcher hier seine letzte Schlummerstätte fand war Graf Samuel Heinrich, gestorben 1706 zu Carlsbad.

Ausserhalb der Kirche, jedoch nicht fern von dem Eingange an der Mauer des ehemaligen Klosterkirchhofs, jetzt des mittleren Schlosshofes, bemerkt man das steinerne Bild eines Geistlichen. Es gilt dem Andenken Konrads von Bellersheim, Provinzial der Balley Thüringen und um das Jahr 1440 Propst des Klosters Zschillen, 1494 Suffragan des Meissner Stiftes und Bischof von Cythera, welcher in Freiberg die Tuchmacherkapelle stiftete und 1500 in dieser Stadt starb. Er hiess ursprünglich Peter Heller und war eines Tuchmachers aus Neustadt an der Orla Sohn.

In der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts brach in dem Kloster Zschillen eine Feuersbrunst aus, welche fast sämmtliche Gebäude in Asche legte, doch blieb zum Glück die alte, schöne Kirche von den Flammen verschont Die letzten Ueberbleibsel der Klostergebäude wurden 1746 beim Bau des jetzigen Schlosses abgetragen, das mit drei Seiten und der Kirche den Hofraum umschliesst. Ein Theil der klösterlichen Nebengebäude ist noch vorhanden mit der Inschrift: Anno dm. 1505 her. domus . . . . . domino conrado Ibeger p p. . rm.e. erecta, auch ist noch der tiefe alte Klosterbrunnen da, und die Volkssage erzählt von unterirdischen Gängen, deren einer nach dem Rochlitzer Schlosse, der andere nach Seelitz führen soll. Als am 7. August 1582 das Schloss zu Rochsburg abbrannte siedelte Wolf II. von Schönburg auf einige Zeit nach Wechselburg über, im Jahre 1604 aber brach durch Unvorsichtigkeit eines Schneiders, der in dem Pfarrhause arbeitete, hier Feuer aus, das Schloss, Ortskirche, Pfarre und Schule einäscherte, welches Schicksal einen Theil des Schlosses, Pfarre und Schulhaus am 3. Juni 1721 wiederum betraf. Am Gründonnerstage 1640, als eben in der Ortskirche der letzte Vers des Glaubens gesungen wurde, fielen Banner’sche Soldaten in Wechselburg ein, jagten die Leute aus der Kirche, misshandelten und plünderten und marterten den greisen Pfarrherrn, Abraham Flemming, den Vater des bekannten frommen Liederdichters Paul Flemming, dessen Nachkommen noch jetzt in Wechselburg gefunden werden.

Wechselburg ist ein Marktflecken und zählt in etwa hundertundneunzig Häusern über zwölfhundert Einwohner, die 733 Acker Flur besitzen. Die Strassen sind in Folge verschiedener starker Feuersbrünste

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/168&oldid=- (Version vom 16.9.2022)