Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/166

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

auf den oben ziemlich breiten Strom, auf die überall hervorblickenden Dörfer, wie auch von den herrlichen Spaziergängen und Wegen aus nach Wechselburg mit seinem weissen Schlosse und der hübschen Kirche, umgeben von fruchtbaren Aeckern, Wiesen und Waldungen, Gärten und Anlagen und dem breiten Silberbande des Muldenspiegels. – Bei dem reichen Wechsel von Licht und Färbung, erzeugt durch die verschiedenen Jahreszeiten, bietet die Gegend um Wechselburg unaufhörlich neue köstliche Bilder und es ist kein Wunder, wenn Paul Flemming Wechselburgs heimische Fluren durch seine Dichtungen zu verherrlichen suchte.

Die hiesige Gegend gehörte vor einem Jahrtausend zu der Grafschaft Rochlitz und es mochten die Mönche der damaligen Wildniss wol manche künftige Annehmlichkeiten abgelauscht haben, denn sie veranlassten den Grafen von Groitzsch und Rochlitz Dedo IV., oder den Feisten, nach dem Beispiele seines Vaters, Conrads des Grossen, Grafen von Wettin und Markgrafen von Meissen, Osterland und Niederlausitz, dem sein Schwager Kaiser Conrad III. 1143 die Grafschaft Rochlitz geschenkt hatte, sowie seiner beiden älteren Brüder, ein Kloster zu gründen, wozu sie ihm diese Gegend vorschlugen. Dedo folgte dem frommen Rathschlage und stiftete 1174 das Kloster Zschillen, das er mit adeligen Chorherren besetzte. – Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass einige Geschichtsschreiber behaupten es sei schon im Jahre 968 durch Kaiser Otto I. zu Zschillen ein Kloster gestiftet worden, jedoch später so herabgekommen, dass Graf Dedo IV. sich auf Zureden seiner geistlichen Freunde entschlossen habe solches zu renoviren. Wie dem auch gewesen sein mag, so viel ist geschichtlich erwiesen, dass der Graf das Kloster Zschillen zu Ehren der heiligen Jungfrau mit regulirten Chorherren des Augustinerordens besetzte und 1184 durch Ehrhard, Probst auf dem Petersberge bei Halle, einweihen liess. Der Stifter des neuen Klosters soll hier im Jahre 1190 oder 1191 auf eine jämmerliche Art gestorben sein. Kaiser Heinrich hatte nämlich gewünscht, dass Graf Dedo ihn nach Italien begleiten sollte und dieser begab sich nach Kloster Zschillen, um sich von seinem starken Enbonpoint, welches ihn zu solcher Reise sehr ungeschickt machte, dadurch zu befreien, dass er das Fett ausschneiden liess. Die Operation missglückte, denn der Graf starb unter den Händen des Wundarztes und wurde in der hiesigen Kirche begraben. – Das Kloster hatte indessen keinen langen Bestand. Die Chorherren, lauter lebenslustige, muthwillige Herren, fühlten wenig Lust streng nach den Regeln des Ordens zu leben und als 1278 ihre Oberen gegen das wüste Leben der Mönche Vorstellungen wagten, schlugen diese dem Prior mit einem Hammer die Hirnschale entzwei, hieben dem Probste ein Bein ab und stürzten dann den Unglücklichen in die Mulde, und zwar auf der Stelle die noch jetzt der Probsttümpel oder die Mönchstaufe heisst In Folge dieser Excesse wurde das Kloster mit seinem sämmtlichen Einkommen von Heinrich dem Erlauchten und mit Bewilligung Dietrichs III., oder des Dicken, Markgrafen des Osterlandes, Herrn des nördlichen Pleissnerlandes und der Grafschaften Groitzsch und Rochlitz, durch Bischof Witigo I. von Meissen dem Orden der Deutschherren zu Altenburg übergeben, dessen Hochmeister, Hartmann von Heldrungen, 1280 Zschillen in einen Comthurhof umwandelte, und der Balley Thüringen einverleibte. Nach einem Verzeichnisse von 1503 war Zschillen eine der grössten von den achtzehn Comthureien der Balley Thüringen, denn es hatte zwölf Priesterbrüder, ohne die Ritterbrüder, zwei Vorwerke wovon eins in Wiederau (der Wetra) Aecker, Wiesen, Schäfereien, zweihundertfunfzehn Scheffel Feld, alle Jahre in das dritte Feld zu säen, an Wiesewachs die Spittelwiese, Chemnitzwiese, Meusauer Wiese und Hartherwiese, an Waldungen die Eichen, die Selich, Draschka, Chemnitz, den Burgstadel, Robberg, Hosch, Mannswald, Eltrich, Königshainer Wald und Korbaer. Ausserdem besass das Kloster vier kleine Teiche und ein Stück Wasser in der Mulde. – Dem Probste zu Zschillen stand das Recht zu, die Pfarre zu Rochlitz und einigen anderen Orten mit Ordensgeistlichen zu besetzen, und am Dienstag nach Ostern und Pfingsten sowie am Kirchweihtage wurde den Wallfahrern im Kloster Ablass ertheilt, wodurch die beiden noch jetzt an diesen Tagen stattfindenden Jahrmärkte entstanden sind. Ueber das Bestätigungsrecht der Zschillener Pröbste existirt noch eine vom Burggrafen Albert von Leissnig 1406 ausgestellte Urkunde, worin er den Propst Petrus um Investitur des, an die Stelle des verstorbenen Geistlichen Johann zu Rochsburg vocirten, Plebans Albertus bittet. –

Als Pröpste des Klosters Zschillen werden aufgeführt: Uno oder Bruno 1164–1174; Theodorich 1182, Udo oder Otto 1218; Heinrich 1263, Rainer oder Werner 1274. Als 1280 das Kloster in einen Comthurhof umgewandelt wurde war der erste Hochmeister Hartmann von Heldrungen. Ihm folgten: Burkhard von Schwenden 1283; Conrad von Feuchtwangen 1290; Gottfried Graf von Hohenlohe 1297; Siegfried von Feuchtwangen 1307; Conrad Peffert 1313; Werner von der Orsela 1326; Lotharus Herzog von Braunschweig 1329; Theodor Graf von Altenburg 1333; Ludwig König 1346; Heinrich von Thusomer 1346; Heinrich von Knopfenroth 1351; Carl Zöllner von Rothenstein 1361, Conrad von Waldenroth 1391; Conrad von Jungingen 1395; Ulrich von Jungingen 1407; Heinrich Reuss von Plauen 1410; Michael von Sternberg 1420; Paul von Russdorf 1420; Conrad von Erlingshausen 1450; Heinrich Reuss von Plauen 1467, Heinrich Reichenberg 1469; Martin Truchsess von Wetzhausen 1480; Johannes von Triffen 1480, Andreas von Herda 1489.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/166&oldid=- (Version vom 16.9.2022)