Thammenhayn, ein ansehnliches Dorf mit einem schönen Rittergute, liegt zwei Stunden nordöstlich von Wurzen an der Torgauer Strasse, in kurzer Entfernung von der Grenze des Preussischen Herzogthums Sachsen und erstreckt sich eine halbe Stunde lang in südlicher Richtung bis nach dem Dorfe Voigtshain an einem in die Lossa mündenden Bache hin. Sowohl der nahe Schildauer Berg, wie auch die nicht weit entlegenen Hohburger Höhen, geben der hiesigen flachen Gegend eine höchst angenehme Abwechselung und bieten vortreffliche Aussichten, namentlich vom Schildauer Berge überschaut man nach allen Richtungen eine weite Fläche, auf welcher das Städtchen Schildau, Torgau, der Berg vor Eilenburg, das Schloss Hubertusburg und bei ungetrübtem Horizonte selbst der Petersberg bei Halle die bemerkenswerthesten Punkte bilden. Im weiten Umkreise ist Thammenhayn von einem dunklen Waldgürtel umzogen, welcher die Feuchtigkeit des Bodens sehr vermehrt und nur nach einer Seite hin offen ist. Früher waren die hiesigen Felder den Verwüstungen der Wildschweine ausgesetzt, bis König Anton diese schädlichen Thiere ausrotten liess. Thammenhayn zählt in elf Hufengütern, siebzehn Halbhufengütern, zwei Viertelhufengütern, sechszehn Grosshäuslerwohnungen, siebenunddreissig Häusern, zwei Schenken, zwei Mühlen, einer Schmiede, der Schäferei und dem Gemeindehause über sechshundert Einwohner. Uebrigens besteht der Ort aus zwei Gemeinden, Ober- und Niederthammenhayn genannt.
Schon in einer Urkunde vom Jahre 1282 wird des Dorfes Thammenhayn Erwähnung gethan, indem darin gesagt ist „die Grenzen des Stiftes Wurzen erstreckten sich von dem Dorfe Treben bis an das Feld von Heinrichsdorf, (welcher Ort jetzt als wüste Mark zu Thammenhayn gehört) und von dem genannten Dorfe bis an das Feld von Thammenhayn.“ – Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Erbauer des Rittergutes ein Edelmann welcher Damian, oder abgekürzt Dam, hiess und dadurch dem Orte seinen Namen gab, doch findet man auch die Behauptung aufgestellt, dass die vielen hier befindlichen Dämme dazu Veranlassung geboten. – Das Rittergut gehört zu den ansehnlichsten der Gegend und ist namentlich reich an trefflicher Waldung, die an Flächengehalt dem des Flurgebietes gleichkommt. Seine Gebäude bilden ein schönes Gehöft und befinden sich in sehr gutem Zustande, gleich dem mit einer Mauer umzogenen Lustgarten mit Gewächs- und Treibhaus. Die herrschaftliche Schäferei und das Brauhaus stehen von dem Hauptgebäude abgesondert, die eine Seite des Hofes aber enthält eine stattliche Kirche, die Hofkirche genannt, welche, fast so gross als die Dorfkirche, die ganze Gemeinde zu fassen vermag, und deren Boden zur Aufschüttung des Getreides benutzt wird. – Bei Thammenhayn lag einst auch das jetzt verschwundene Dörfchen Holbach und zum Rittergute gehörten vor Zeiten auch der Peisshaniger Busch und der Böhmer Werth bei Canitz an der Mulde.
Im funfzehnten Jahrhundert bestand Thammenhayn aus zwei Gutstheilen, von denen eines den Herren von Saalhausen, das andere den Herren von Korbitz gehörte. Hans von Korbitz wird 1498 und noch 1519 erwähnt, in welchem Jahre das Gut an den Amtmann Bernhard von Stentzsch auf Zschorna und Wäldgen gelangte, der es 1522 an Eberhard von Lindenau verkaufte. Dieser Herr besass beide Güter, verpfändete aber das eine an die Junker Dietrich und Christoph von Truchsess auf Wellerswalde und starb 1555 am Donnerstage nach Empfängniss Mariä. Hans von Lindenau wird in der Pfarrmatrikel noch 1582 genannt, und 1587 war das Thammenhayner Rittergut in drei Theile getheilt, welche den Brüdern Hans, Caspar Dietrich und Georg Caspar von Lindenau gehörten. Den Altar der Thammenhayner Kirche erbauten 1602 auf ihre Kosten die Herren Caspar Dietrich, Michael und Wilhelm von Lindenau, von denen die beiden Ersteren noch 1612 lebten. Im Jahre 1615 befand sich im Alleinbesitz der wieder vereinigten Rittergutstheile Nikolaus von Loss, der 1622 Thammenhayn an Heinrich von Bredelohe verkaufte, von dem es der Dänische Leibarzt Donat von Freywald an sich brachte und es 1654 seinem Sohne Christian Donat von Freywald hinterliess, der 1666 mit Tode abging. Der nächste Besitzer war Joachim Loth von Schönberg auf Gelenau, dessen drei Söhne, Hans Dietrich, Nikol und Rudolph von Schönberg das Gut noch 1692 besassen; 1701 aber gehörte es Hans Dietrich von Schönberg allein. Im Jahre 1734 wird Gotthelf Friedrich von Schönberg als
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/132&oldid=- (Version vom 16.9.2022)