von Naumburg wird dieses Benno mit den Worten gedacht: „Benno Pflugken schenke ich die 300 Gülden, so ich ihm vorgestreckt, weil ich von Jugend auf bei ihm gewesen und er sich wohl und vetterlich gehalten; auch legire ich ihm meinen einfächtigen sammetnen Rock.“
Möckern kam mit den übrigen Pflugkschen Gütern 1590 an Carl von Dieskau, der mit Sabine Pflugk, Bennos Tochter, vermählt war, und als ein Anhänger des Calvinismus viele Verfolgungen und Vermögensbeeinträchtigungen erdulden musste. Von seinen beiden Töchtern war Margarethe mit Andreas Pflugk auf Mausitz, Sabine aber mit Caspar von Hacke auf Kitzen vermählt. Im Jahre 1620 wurde Carl von Dieskau in der Kirche zu Grosszschocher, wo sein Epitaphium noch vorhanden ist, beigesetzt, und Hieronymus Benno von Dieskau, sein einziger Sohn, trat die väterliche Erbschaft an. Derselbe vermählte sich 1618 mit Agnes, Simons von Hacke auf Kitzen Tochter, und starb 1630, worauf mit Landesherrlicher Bewilligung dessen Wittwe bis zum Jahre 1650 die Vormundschaft ihrer vier Kinder und die Verwaltung der Güter übernahm. Agnes von Dieskau scheint eine sehr entschlossene Dame gewesen zu sein, denn als während des dreissigjährigen Krieges und namentlich während der Belagerungen Leipzigs feindliche Kriegsleute die umliegenden Dörfer hart mitnahmen, blieb sie auf dem Schlosse zu Grosszchocher, und wusste ihre Güter vor Verheerung zu schützen. Carl Simon von Dieskau, Otto von Dieskau und Benno von Dieskau, ihre Söhne, verwalteten nach erlangter Volljährigkeit das väterliche Erbe gemeinschaftlich, mussten jedoch einige der Güter veräussern, und so kam Möckern um 1670 an den Churfürstlich Sächsischen Leibarzt und Professor der Pathologie Dr. Horn in Leipzig, der 1681 starb. Das Gut, damals ein Sattelhof, erlangte 1743, wo es dem geheimen Kriegsrathe und Bürgermeister Gottfried Lange zu Leipzig gehörte, die Rechte eines Rittergutes. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts gehörte Möckern dem Rathskämmerer und Apotheker Marche in Merseburg, später einem Herrn Reimer und dann einem Herrn Bachmann. In neuester Zeit erkaufte Möckern die verwittwete Frau Oberlieutnant Keyselitz, geb. Thärigen.
Das Dorf Möckern liegt an der Chaussee, die von Leipzig nach Halle führt, hat vierundzwanzig Bauergüter und gegen neunzig Häuser, aber keine Kirche. Die Einwohnerschaft, welche aus mehr als vierhundert Köpfen besteht, ist nach Eutritzsch eingepfarrt, da Möckern aber eine starke Stunde von Eutritzsch entfernt liegt, so gehen die Bewohner gewöhnlich in die Kirche des nahen Dorfes Wahren, wo ihnen, gleich der Pfarrgemeinde, bestimmte Männer- und Weiberstühle angewiesen sind. Vor der Reformation war Möckern in die Thomaskirche zu Leipzig eingepfarrt, im Jahre 1543 wurde es mit Wahren und 1544 mit Eutritzsch vereinigt.
Möckern gehört wegen seiner reizenden Lage zu den beliebtesten Vergnügungsorten der Leipziger, und der Gasthof zum weissen Falken, früher die Oberschenke geheissen, zeichnet sich durch seine stattlichen Gebäude und einen von Linden beschatteten Garten vortheilhaft aus. Wer den berühmten Roman Eugen Sue’s „le juif errant“ gelesen hat, wird sich erinnern, dass dessen Handlungen im Gasthofe zu Möckern beginnen, den Eugen Sue aus eigener Machtvollkommenheit mit dem Namen „des weissen Falken“ belegt. Der damalige spekulative Wirth war klug genug, seinen Gasthof, der durch den Roman weltbekannt wurde, sofort mit dem Schilde eines weissen Falken zu schmücken, und eine Unzahl begeisterter Leser strömten nunmehr herbei um an Ort und Stelle Sues Phantasie zu bewundern.
Die Kirche zu Eutritzsch ist nach der Jahreszahl 1403, die an der Morgenseite unter dem Dache sichtbar ist, zu urtheilen, zu Anfang des funfzehnten Jahrhunderts erbaut, und der Thurm entstand nach der an ihm befindlichen Zahl wahrscheinlich 1449. Das Gebäude ist sehr fest, im Innern gewölbt und enthält mehrere Todtengrüfte. Bis vor wenigen Jahren, wo eine gründliche Umgestaltung der inneren Kirche vorgenommen wurde, war dieselbe ein Raritätenmagazin für Freunde des Alterthums, indem alle Wände mit Etaphien, Schnitzwerken, Bildern und Sprüchen aus längst entschwundenen Zeiten überfüllt waren, worunter sich namentlich der Teufel mit Pferdefüssen vielfach auszeichnete. Jetzt ist die Kirche in einen freundlichen hellen Betsaal umgestaltet, nur der alterthümliche Altar mit seinen reichvergoldeten Heiligenbildern erinnert noch an die Zeit des Katholizismus und das hohe Alter des Gotteshauses. Ueber der Thür zur Sakristei befindet sich eine vortreffliche Bildhauerarbeit, ein Ritter neben einer Jungfrau knieend, welche auf die Vermählung eines Herrn von Pflugk Bezug haben soll. – Als etwas Besonderes ist noch zu erwähnen, dass bis gegen das Jahr 1770 von Zeit zu Zeit aus weiter Ferne Mönche nach Eutritzsch kamen sich sorgfältig in der Kirche umsahen und ohne ein Wort zu sprechen, namentlich die linke Kirchwand genau beobachteten. Ueber die Besuche dieser geheimnissvollen Gäste entstanden natürlich die abentheuerlichsten Gerüchte und Vermuthungen, bis endlich nach langjährigem Ausbleiben der Mönche die wunderbaren Geschichten der Vergessenheit anheim fielen.
Weltgeschichtlich denkwürdig ist Möckern durch die Völkerschlacht bei Leipzig. Als der Marschall Marmont von dem Blücherschen Corps auf der Strasse von Wittenberg und Halle nach Leipzig hingedrängt wurde, besetzten die Franzosen nach dem Verlust des durch preussische Schützen erstürmten Dorfes Wahren das Dorf Möckern, und hier entstand ein fürchterlicher Kampf, der vielen tausend tapfern Männern das Leben kostete. Nach mehreren wüthenden Stürmen gelang es endlich den Preussen unter York die Feinde aus dem in Flammen stehenden Dorfe zu vertreiben, auf der Kampfesstätte aber lagen neuntausend Leichen, und namentlich beim Rittergute, wo der längste Widerstand stattgefunden hatte, thürmten sich Hügel getödteter Krieger.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/049&oldid=- (Version vom 21.5.2018)