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Burglehn besassen, so kaufte Heinrich von Einsiedel ihnen durch eine Summe Geldes nicht nur diese Anrechte, sondern auch einen Theil des Vorwerks Rüdigsdorf nebst etlichen Zinsen zu Neumörbitz, Schönbach, Meusdorf und Linda ab. Heinrich von Einsiedel starb 1507, und hinterlies drei Söhne, Haubold, Heinrich und Abraham. Er war dreimal verheirathet, einmal mit Catharina von Schönberg auf Rothschönberg, dann mit Margarethe von Schleinitz und endlich mit Ilse von Schönberg auf Stallberg, die ihren Gemahl überlebte, und verschiedene Jahre als Oberhofmeisterin am churfürstlichen Hofe zubrachte. Der älteste dieser drei Söhne, Haubold, führte während der Minderjährigkeit Heinrichs und Abrahams deren Vormundschaft. Er war geistlichen Standes und Domherr zu Naumburg, bekannte sich aber später zur lutherischen Kirche und starb im Jahre 1522. Heinrich und Abraham zeichneten sich durch ihren Eifer für die neue Lehre aus, und Ersterer, ein sehr gelehrter Mann, führte mit Luther, Melanchthon und Bugenhagen, einen sehr gehaltvollen Briefwechsel, von dem das Archiv des Schlosses noch einen Theil aufbewahrt. Interessant ist auch ein Brieflein von Catharina von Bora, Doctor Martin Luthers Wittwe, an ihre Schwägerin Christine von Bora, worin sie dieselbe ersucht, den Ritter Heinrich um Verwendung für ihren Neffen, Florian von Bora, anzugehen, der sich um ein Wittenberger Stipendium beworben habe. Das ebenfalls nach vorhandene Dankschreiben des jungen Florian beweist, dass Heinrich von Einsiedel ihm das gewünschte Stipendium verschaffte. Luther vergass auf der Reise nach seinem Gütchen Zeilsdorf niemals, auch bei seinem lieben und ehrenfesten Junkherrn auf dem Gnandsteine einzusprechen, und oft predigte er in der Schlosskapelle, wie auch in der Dorfkirche, welche letztere sein Freund Lucas Kranach mit einem Bilde schmückte. Die Belehnung mit den ererbten, väterlichen Gütern empfingen die Brüder im Jahre 1508, und zwar vom Churfürsten Friedrich über Kohren, Sahlis, Hopfgarten und Wolftitz; vom Herzog Georg dem Bärtigen über Syhra, Scharfenstein und einige kleinere Besitzungen; vom Burggrafen Hugo von Leissnig über Gnandstein, und vom Abte zu Chemnitz über Elbisbach und Dittersdorf. Durch den 1553 erfolgten Tod eines Vetters, Valentin von Einsiedel, kamen die Brüder auch in Besitz des Rittergutes Priessnitz.

Bereits im Jahre 1532 hatten die Brüder Heinrich und Abraham von Einsiedel die Absicht, sich in die väterlichen Güter zu theilen, dieselbe kam indessen erst 1534 zur Ausführung, wo auf dem Schlosse Scharfenstein der Vertrag geschlossen wurde, dass Heinrich Gnandstein, Priessnitz und Syhra, Abraham hingegen Scharfenstein, Wolftitz und Sahlis mit Kohren besitzen sollte. Von dieser Zeit an betrachtete man nicht mehr, wie bisher Gnandstein und Sahlis als ein Gut. Abraham von Einsiedel wohnte auf dem Schlosse Scharfenstein und starb 1568. Die Kirche in Albersdorf birgt seine Reste. – Heinrich von Einsiedel war einer der reichsten Ritter Sachsens; er besass neun Söhne und fünf Töchter, konnte aber doch jedem der Ersteren ein Rittergut hinterlassen. Wegen seiner eifrigen Hinneigung zur Reformation musste er vom Herzog Georg viel Unbill leiden, und sich namentlich manche Vermögensverkürzung gefallen lassen; der wackere Ritter aber blieb standhaft, sorgte väterlich für seine Unterthanen durch testamentarische Verfügungen und Vermächtnisse, die noch in der Gegenwart segensreich fortwirken, und starb 1557 auf seinem Schlosse Gnandstein zur tiefen Betrübniss aller guten Menschen. Heinrich von Einsiedel war es, auf dessen Frage: „ob nach Annahme der Reformation die Bauern noch Frohnen thun sollten?“ Luther die tröstliche Antwort gab: „jawohl! denn wenn der Bauer nicht muss, so rührt er weder Hand noch Fuss!“ doch rieth er dem Ritter zur Herabsetzung gewisser Steuern, und namentlich des Lehngeldes, welches auch bis in die neuste Zeit auf einen halben Gülden reducirt blieb.

Zur Zeit dieses Heinrichs von Einsiedel war es, wo Kaiser Karl V. auf seinem Zuge gegen Churfürst Friedrich den Grossmüthigen (1547) am Gnandstein vorüberzog, und auf dem Schlosse zu rasten wünschte. Der Burgherr war in nicht geringer Verlegenheit, nicht weil es an irgend Etwas zur geeigneten Aufnahme des kaiserlichen Herrn gefehlt hätte, sondern weil seine Tochter Elisabeth so eben mit einem Herrn von Schönberg zum Altar gehen sollte, und die Burg mit Hochzeitsgästen angefüllt war. Schon betrat des Kaisers Ross die Zugbrücke, als der Schlossherr, gefolgt von den bestürzten Gästen dem Monarchen entgegenkam und ihn ehrerbietig willkommen hiess. Aber der Kaiser bemerkte sehr bald, dass er zu unrechter Zeit angelangt sein müsse, und bald erfuhr er den Grund der allgemeinen Verlegenheit, sowie die vom Schlossherrn angeordnete Verschiebung des unterbrochenen Familienfestes. Der Kaiser gab das nicht zu, der Hochzeitszug musste sich ordnen, und der katholische Monarch reichte der Braut den eigenen Arm, um sie nach der Kapelle zu führen, wo er der nach protestantischem Ritus stattfindenden Trauung bis zum Schlusse beiwohnte, und alsdann am Hochzeitschmause theilnahm. Zur Erinnerung an diesen charakteristischen Zug Karls V. liess der hocherfreute Ritter Heinrich an dem Kirchenstuhle, welchen der vornehme Brautführer einnahm, dessen geschnitztes Bild und Namen, am nebenstehenden Stuhle aber die Bilder des Brautpaares anbringen. Noch heute heisst das Zimmer, in dem Karl V. übernachtete, und zum Andenken seinen Namen in eine Fensterscheibe grub, die Kaiserstube, daher dies Gemach hochgehalten und nur solchen Gästen eingeräumt wird, die man vorzüglich ehren will.

Im Jahre 1632 wurde das Schloss von schwedischen Truppen in Brand gesteckt, baldige Hülfe verhütete indessen grossen Schaden. Nach der Volkssage soll einst ein unterirdischer Gang die beiden Burgen Gnandstein und Kohren verbunden haben, und wirklich scheint dieselbe nicht unbegründet zu sein, indem man vor nicht langer Zeit unter dem Schlosse Gnandstein in der Richtung nach Kohren hin, einen verfallenen gemauerten Gang entdeckt hat. – Die alten Chronisten erzählen, dass der ganze Länderstrich von Wolkenstein bis weit über Borna hinab den Einsiedeln meist eigenthümlich zugehörte. Noch jetzt befinden sich eine grosse Anzahl der daselbst gelegenen Güter im Besitze dieser Familie. Schloss und Rittergut Gnandstein nebst Scharfenstein, Dittersdorf mit Weissbach, Wolkenburg, Syhra, Hopfgarten, Wolftitz, Priessnitz und Grosszössen gehören zu den unveräusserlichen Einsiedelschen Fideicommissgütern, an denen alle Lehnsvettern die gesammte Hand haben.

Das Dorf Gnandstein, mit etwa 70 Häusern und 400 Einwohnern liegt am Fusse des Schlossberges in einem Thalkessel, und enthält, ausser dem stattlichen Pfarrhause auch ein vormaliges Stift, worin weibliche Abkömmlinge der Familie Einsiedel ein sorgenfreies Alter fanden. Besonders erwähnenswerth ist jedoch die alte, schöne von Sandsteinquadern erbaute Kirche, welche 1518

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/035&oldid=- (Version vom 21.5.2018)