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Wachau.


Im Königreiche Sachsen giebt es zwei Rittergüter Wachau, das eine bei Radeberg, im Kreisdirectionsbezirke Dresden, das andere 1¾ Stunde südöstlich, auf der in der grossen Völkerschlacht denkwürdigen Hochebene von Leipzig gelegen. Das Letztere ist der Vorwurf dieser Zeilen.

Es ist schwer zu entscheiden, ob der Ort wirklich eine alte slavische Ansiedlung ist, oder ob er erst in der Zeit der Germanisirung des Pleissner Landes entstanden sei, wiewohl der Name „Wachau,“ alt Wachowe dafür sprechen könnte. In ganz alten Urkunden erscheint der Ort unsers Wissens nicht, sondern erst im 14. Jahrhundert. Auch ist die Bauanlage des Dorfs keine wirklich altslavische, da die Kirche im Dorfe liegt. – Zwar könnte man annehmen, dass der alte Name von dem slavischen Wacka, Kirchgang, entstanden sei und dass Wachau einer der ältesten christlichen Kirchorte gewesen, was man allerdings aus der Bauanlage des Orts sowohl, als auch aus der erhöhten Lage der Kirche weit eher vermuthen könnte. Hierzu kommt noch, dass die nächste Umgegend, ein Theil des alten Gaus Scudici, im Slaventhume schon sehr cultivirt war, indem das nahe Magdeborn bereits im Thietmar’schen Chronikon als renommirter Ort mit Schloss, Medeburun oder Medeborne genannt (im Gaue Chudizi), auch das benachbarte Gautzsch unter dem Namen Chotug als Stadt bereits im 11. Jahrhundert wiederholt erwähnt wird, und dass endlich in der allernächsten Umgebung von Wachau sogar viele Spuren von slavischen Grabstätten, besonders mehrfache Urnenlager aufgefunden worden sind. Letzteres und die Lage der Kirche spricht namentlich dafür, dass Wachau eine christliche Mission im Slavenlande war. – Die Etymologie von Boh, Bog oder Buh, Gott, liegt allerdings etwas entfernt, und es ist schwerlich ein so grosser Umlaut anzunehmen, da weder der alte Urkundenname, noch auch der jetzige Volksname dazu irgend eine Andeutung giebt.

Das hiesige Rittergut, welches ursprünglich von keiner zu grossen Bedeutung gewesen sein kann, weil es nur mit einem halben Ritterpferde diente, und in neuster Zeit erst der grösste Theil seiner Fluren nach und nach von neun angekauften Bauerngütern zusammen gebracht worden ist, besassen im 14. Jahrhunderte Die von Heinitz. Namentlich werden im Jahre 1377 Nicolaus und Heinrich, Gebrüder von Heinitz als die letzten Besitzer von Wachau aus diesem Geschlechte genannt, welche nebst ihrer Mutter Adelheid, die eigentlich ihr Leibgedinge auf Wachau (urkundlich Wochau) hatte, Nicolaus Haber, dem Abte des Klosters Ilgenthal zu Buch bei Leisnig das hiesige Gut mit Zubehör verkauften. Das Cistercienser-Stift blieb bis zur Reformation, wo das Kloster nach dem Tode des letzten Abts, Anthonius Dytz, im Jahre 1526 secularisirt ward, im Besitze von Wachau; urkundlich erscheint es als Klosterbesitz nochmals 1459 und es mag sich unter der Abtei Buch recht wohl befunden haben. Namentlich erfreuten sich die Wachauer einer grossen Erleichterung an nicht unbedeutenden Laudemien oder Lehngelderleistungen, und ihre Hauptleistungen bestanden mehr in Frohndiensten. Einer dergleichen Dienste war eine Spannefrohne, die darin bestand, dass die Frohnbauern zu Wachau den Bedarf des Klosters an Heringen und Stockfischen, eine damals sehr beliebte Klosterkost für den „Enthalt“ (d. i. Fasten) der Mönche vom Stapelplatze Leipzig bis nach Grimma zu transportiren hatten. In der nachreformatorischen Zeit der Verwendung und Verwerthung der Klostergüter kam Wachau vielleicht, als damals – statt der Orden – übliche Belohnung für Verdienst und Treue an den bekannten Rath der Churfürsten Johann Friedrich, Moritz und August, Hans von Ponickau (oder von Punicke) auf Pomsen, der 1536 bis 1573, in welchem Jahre dieser thätige Mann im 65. Jahre seines Alters das Zeitliche segnete, ein hochgeschätzter Staatsmann des Churfürstenthums Sachsen gewesen war. Sein Sohn Johann Georg von Ponickau, ebenfalls churf. Geheimrath und Amtshauptmann, erbte Wachau und von diesem, welcher keine Erben hatte, kam es an Tobias von Ponickau, der es aber am 31. Dec. 1582 an den Rath zu Leipzig verkaufte. Doch nicht lange blieb Wachau in diesem Besitze; denn bereits am 4. Juni 1585 ging es durch Kauf an den Leipziger Aedil oder Rathsbaumeister Kilian Kühlewein, und als dieser im Jahre 1589 ohne männliche Nachkommen starb, bis zum Jahre 1730 im Erbe auf die Verwandten Kühleweins über. Im Jahre 1592 kam es daher an Balthasar von Blasebalgk (oder Blasbalch) auf Lösnig, 1600 an die Gebrüder Balthasar (Balzer), Hans und Paul Christoph von Blasebalgk. Im Jahre 1619 gelangte Wachau an den Leipziger Aedil oder Baumeister Johann Vetzer, der 1633 ohne männliche Erben mit Tode abging. – Doch erst im Jahre 1635 traten die Geschwister Vetzer, Magdalene Elisabeth, verehlichte Hoff, Anna Sophia, verehlichte Mosbach, Rosine, verehlichte Kühlewein, und Jungfrau Regina Vetzer das Erbe ihres Vaters an. Im Jahre 1639 kam es durch die Verheirathung der jüngsten Tochter Vetzers, Regina, mit dem Obristwachtmeister Georg Nitzschky in deren Alleinbesitz, und im Jahre 1675 durch Erbschaft an die Söhne derselben, Hans Georg, Georg Ehrenreich, Carl und Wilhelm Nitzschky. Im Jahre 1692 besass es der jüngere Wilhelm Nitzschky allein, worauf es im Jahre 1712 sich an den Leipziger Oberhofgerichtsadvocaten Justus Gottlieb Rabener, dessen Mutter eine geborne Nitzschky war, vererbte, wodurch Wachau der Geburtsort unsers berühmten Satyrikers, Gottlieb Wilhelm Rabener, ward, der hier am 17. Sept. 1714 das Licht der Welt erblickte. Hier verlebte dieser geniale, scharfwitzige Mann auch seine ersten Jugendjahre, verliess aber im 14. Jahre sein elterliches Haus und kam 1728 auf die Landesschule nach Meissen, kehrte sechs Jahre darauf nach Leipzig zurück, um hier seine Studien zu vollenden. Noch zwei Jahre vergnügte er sich des Sonntags und während der Ferien in Wachau meist im Umgange mit Gärtner und Gellert, die öfters hier im Rabner’schen Familienkreise verweilten. – Im Jahre 1739 verkaufte sein Vater jedoch Wachau an den

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/030&oldid=- (Version vom 21.5.2018)