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sie noch 1500 Thlr. zur Erbauung eines neuen Kirchthurms, welchen sie als ihr Epitaphium angesehen wissen wollte. Wie schön die Errichtung dieses zugleich nützlichen Grabmonuments ausgefallen ist, haben wir bereits erwähnt. Mit ihr starb im Jahre 1728 das von Gladebeck’sche Geschlecht auf Zedlitz vollends aus, nachdem bereits im Jahre 1701 die von Gladebeck auf Münchlora ohne Erben abgegangen waren und deren Besitz dem König von Preussen apert geworden war. Der damalige Pastor zu Zedtlitz, Mag. Heinrich Ludwig Freiesleben, der 1725 von Altenburg (seinem Geburtsorte) aus hierher die Vocation erhalten hatte, hat noch ausserdem ihr Andenken dadurch erhalten, dass er die auf ihren Tod gehaltene Gedächtnisspredigt, fast 24 Bogen stark, in Folio hat drucken lassen. – Das Rittergut selbst testamentirte sie dem einzigen Sohne ihrer schon verstorbenen Schwester, dem Bodo von Grossig aus dem Winkel; im Jahre 1752 besassen es noch drei Brüder dieser Familie (auf Nenkersdorf und Wettin). Doch diese verkauften es an den K. S. Hofrath von Reinhold, Oberamtmann zu Dresden. Nach dessen Tode ging es an seine beiden Söhne Jacob Christian von Reinhold, K. S. Kriegsgerichtsrath und Jacob Karl von Reinhold, K. S. Legationsrath über. Letzterer starb früher und hinterliess eine Tochter, Julie, und als Ersterer ohne Erben das Zeitliche segnete, so erbte diese, die sich mit den Kammerherrn Johann Ferdinand von Metzrad vermählt hatte, das Rittergut Zedtlitz. Nach dem Tode ihres Gemahls übergab sie es ihrem einzigen Sohne, Rudolph von Metzrad, der sich mit Fräulein Marie von Nostiz-Jänkendorf, Tochter des K. S. Staatsminister ausser Dienst und Probst’s zu Budissin, vermählte und noch jetzt Besitzer und Collator auf und zu Zedtlitz ist.

Das Dorf liegt etwa ⅝ Stunde von Borna, 1½ Stunde von Frohburg und erstreckt sich mit seinem obern Theile, der die Schule und Kirche enthält, auf einer nach Morgen sich hebenden Anhöhe an die von Leipzig über Borna, Frohburg und Penig nach Chemnitz führenden chaussirte Hauptstrasse, die alte ehemalige Reichsstrasse ins Böhmerland, die zu den fünf Stapelstrassen von Leipzig aus gerechnet wird, während der untere Theil desselben, mit dem Rittergute nach Abend zu an das rechte Ufer des Flüsschens Wyhra (was soviel als Grenzfluss heisst), sich erstreckt. Die weitere Umgebung besteht grösstentheils aus Sandhügeln und der grösste Reiz der Gegend ist eigentlich die hier ¼ Stunde breite Wyhraaue mit üppigen Wiesen und einigem Gehölze. Besonders hat das Rittergut eine höchst anmuthige Lage, während die Kirche gleichsam die Krone der Landschaft bildet. Die zum Rittergute gehörige, stark veredelte Schäferei liegt etwas südlicher vom Gehöfte, während noch etwas entfernter im Südwest die gutsherrliche Ziegelei sich befindet. Ausser dem gegen das Dorf hin sich ausbreitenden herrschaftlichen Zier- und Nutzgarten tragen auch die von mehreren Seiten nach dem Schlosse hinführenden Alleen und die Dämme in der Wyhraaue Vieles zur Annehmlichkeit der nächsten Umgebung bei. Innerhalb der Dorfflur, die übrigens mit Wenigen-Borna, Schöna, Neukirchen, Nenkersdorf, sowie mit Platecka und Raupenhain raint, nimmt auch die sich vielfach dahinschlängelnde Wyhra den kleinen Nenkersdorfer Bach auf, während sie nordöstlich an den grossen Staatsforst, das „Fürstenholz“ genannt, gränzt.

Unter den Gebäuden des Dorfs zeichnet sich zuvörderst der Gasthof aus, welcher seit dem Brande um 1838 ein neues, im modernsten Baustyle aufgeführtes Gebäude mit schönem Gesellschaftssaale ist, wo sich öfter ein Predigerverein, eine pomologische Gesellschaft und ein landwirthschaftlicher Verein zu versammeln pflegen und auch letztere wiederholt Ausstellungen veranstaltet haben. Der Besitzer derselben Friedrich Teichmann, Besitzer von Munkern, ist ein wissenschaftlich gebildeter Mann. Ebenfalls ist die hiesige Mahl- und Oelmühle hinsichtlich ihrer Betriebswerke beachtenswerth zu nennen; auch sie hatte das Missgeschick 1839 niederzubrennen. – Die Einwohner des Dorfs Zedtlitz, welche sich mit Ackerbau und Viehzucht vornehmlich beschäftigen und auf neun Anspännergüter, 16 Hintersässergüter und einige 30 Häuslernahrungen vertheilt sind, werden in zwei Gemeinden, nach der Lage des Orts in die obere und untere, getheilt, zu letzterer gehörte bis um 1840 auch das nahe Dorf Platecka, das jetzt eine eigne Gemeinde bildet.

Zur Chronik des Orts gehört endlich noch, dass er wegen seiner allzu nahen Lage an der Heerstrasse in allen Sachsen berührenden Kriegen gewaltig gelitten hat. So im Schwabenkriege 1377, im Hussitenkriege 1433, da die Hussiten auf dieser Strasse bis Leipzig vordrangen, im Bruderkriege, im dreissigjährigen Kriege, namentlich durch Gallas im Oct. 1632, sowie im siebenjährigen und endlich im letzten französischen Kriege, wo es am 10. Oct. 1813, abwechselnd von den Franzosen und Alliirten beschossen wurde und von Letztern endlich sogar, um den Pass der Strasse ganz zu gewinnen, mit Sturm genommen ward, wo es auch eine Plünderung und einiges Brennen zu erdulden hatte und wobei selbst das alte, damals schon baufällige Pfarrhaus nicht ganz verschont blieb.

Dr. Carl Wilhelm Schäfer.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/024&oldid=- (Version vom 21.5.2018)