Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/019

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

1174) des Bischofs Uto von Naumburg erwähnte weltliche Zeuge, Tuto von Pichene Besitzer eines Allodialguts zu Püchau gewesen, oder ein ehemaliger Burgmann des kaiserlichen Castells, ist aus nichts zu ersehen. Weit wahrscheinlicher ist es aber, dass dieser Tuto der Allodialbesitzer des Dorfes Pichene (jetzt Holzmark Bäuche) bei Eisenberg gewesen, was in einer Schenkungs-Urkunde des Markgrafen Theoderichs von Meissen an das Kloster zu Eisenberg im Jahre 1219 erwähnt wird. – Bis zum Anfange des 13. Jahrhunderts ist, unsers Wissens, Bichin nirgends mehr erwähnt. Als aber am 6. Jun. 1222 der Landgraf Ludwig von Thüringen im Namen seines unmündigen Enkels Heinrich, des verstorbenen Markgrafen Theodrich von Meissen Sohn, ein Landdings (placitum provinciale) zu Deliz (Delitzsch) im Osterlande (Marchia orientalis) hielt, und daselbst urkundlich die Versicherung abgab, dass seine Verwandten, Otto und Theodrich, Söhne des Grafen Friedrich von Brena, erschienen wären und zu einer Schenkung von 44 Mark Einkünften, in verschiedenen Ortschaften, die ihr Vater bei Lebzeiten von seinem Besitze zu der Zeit, als er die Lehenstücke des jungen Grafen zu Witin (Heinrich, starb 12 Jahr alt 1217) von dem Bischofe Bruno zu Meissen, zu Bichene und zwar in Gegenwart des Markgrafen Theoderichs erhalten, dem Stifte zu Meissen verehrt habe, sich nochmals feierlich, unter der damals gewöhnlichen Vortragung von Reliquien der Heiligen bekannt hätten, finden wir Bichin als einen Aufenthaltsort des damaligen meissner Kirchenfürsten, der Stolpen später zu seinem Wohnsitze machte, woraus hervorgehen muss, dass das hiesige Schloss um diese Zeit (1217–1222) noch in solchem wohnlichen Zustande sein mochte, dass er den Markgrafen daselbst standesmässig empfangen konnte. – Doch könnte man aus der Construction der Worte der Urkunde auch vermuthen, als ob Bichene ein Besitz des Markgrafen gewesen, was allerdings beim Mangel der Interpunctionen in den Urkunden jener Zeit unentschieden bleiben muss. Die Annahme, dass der Markgraf Bichene im Lehenbesitze gehabt, liess sich aber auch daraus muthmassen, dass er im Jahre 1217 eine Urkunde für das Kloster Dobrilug daselbst datirt hat. – Bichene wird jedoch darin nicht mehr „Stadt“ sondern „Dorf“ (villa) genannt, ein Umstand, der dadurch sich nur erklären liesse, dass man annähme, dass B. bereits in jenem verheerenden Kriege so sehr mitgenommen worden, das es zum Dorfe herabgekommen war. – Man hat auch gewollt, dass jene bekannte Schlacht, welche der Schenk Rudolph von Vargula in Abwesenheit des Markgrafen Heinrichs, der in Böhmen Hilfe einholen wollte, am 27. Oct 1263 mit den Söhnen Heinrichs, Albrecht und Dietrich, gegen die Verbündeten der Sophia von Hessen, den Herzog Albrecht von Braunschweig und Heinrich und Sigfrid von Anhalt so glücklich schlug, nicht bei Wettin, was wegen Leipzig, wo Rudolph mit den jungen Fürsten sich vereinigte und Albrechts Zuge an der Elster auch nicht gut passte, in der Nähe von Bichin geschlagen worden sei, was wir aber nicht entscheiden wollen.

Trotzdem nun, dass Püchau nach den bis hierher gegebenen urkundlichen Nachrichten scheinbar das Besitzthum des Stifts Meissen war, so mag es in kirchlicher Beziehung doch nicht unter den Bischöfen gestanden haben. Zwar finden wir in einer Urkunde des Bischofs Nicolaus von Meissen, vom 12. Nov. 1380, dass er vom Schlosse Stolpen aus einen Consens zur Stiftung eines Altarlehens in Bichin ertheilte; aber dennoch ist es nicht in dem Verzeichnisse der Altäre des Stifts Meissen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und noch weniger im Zins- und Steuerregister von 1427 bis 1451 mit aufgeführt, ein Beweis, dass das Stift Meissen blos die Lehensherrlichkeit über Püchau ausgeübt. – Die Urkunde klärt uns darüber auf; sie besagt, dass der Edle, Herr Theodericus von Turgow nebst seiner Gemahlin Margaretha, der auch Herr von Bichni genannt wird, zur Ehre Gottes und der heiligen Jungfrau, sowie des heiligen Bischofs Martin einen neuen Altar in seinem dasigen Schlosse (in castro Bichin) mit ewiger Messe stiftete und dazu die Einkünfte in Techenicz und Klein-Machern anwies. Die Bestätigung des Bischofs sagt ausdrücklich, dass Bichin zur Diöces Merseburg gehörte und dass das Schloss und der Ort ein nach Meissen zu Lehen gehender Besitz war; dem Messner (rector altaris) dieses neuen Altars in der Schlosscapelle zu Bichni ward übrigens freier Tisch, den er mit den vornehmern Dienstleuten des Schlosses gemeinschaftlich hatte und noch andere Vergütung zugesichert. – Diese Urkundennachricht ist in der That sehr interessant für Püchau’s mittlere Geschichte; sie klärt uns namentlich über das wahre Verhältniss auf, in dem es zu Meissen und zu Merseburg stand, und bringt uns besonders auch noch in die nähere Bekanntschaft mit einem der älteren Allodialbesitzer Püchau’s, als Lehensmann der Bischöfe von Meissen, wiewohl scheinbar noch ein weit älterer, in der Person des Conrad von Pichene in einer Urkunde Heinrichs des Erlauchten, vom 5. Oct. 1231, in der dieser Fürst dem Kloster Altzella zwei Mühlen bei der Stadt Grimma übereigenet, als ein im genannten Kloster mit anwesender Zeuge und auch als zum Hofstaate des Markgrafen gehörig (familiaris Marchionis), ferner im Jahre 1288 ein Otto von Bichin, sowie in einer andern Urkunde vom J. 1344 ein gewisser Bodo von Torgau als Besitzer des Guts (praedium) Bichen erwähnt wird.

Sehr wahrscheinlich ist es, dass P. bis zum Jahre 1290, wo die wettiner Linie der Grafen von Brena mit Friedrich, der es 1217 von dem unmündigen Heinrich von Wettin erbte, erlosch, ein Allodialgut dieses Zweigs der Wettiner unter bischöflich-meissnischer Lehenshoheit gewesen und dass es dann auf die Herren oder vielmehr Dynasten (nicht Adelige) von Torgau, die auch oft „Grafen“ genannt werden, übergegangen ist. Denn sie erscheinen schon seit Anfange des 14. Jahrhunderts im Registrum copiarum des Thomasklosters zu Leipzig, als auf Bichen gesessen. – So findet sich daselbst unter dem Jahre 1310 ein Dietrich von T. auf Bichen, während Walther von T. „Dösen“ besass. Ein Bodo von T. war schon 1275 in der Leipziger Pflege und Wilhelm von T. 1309 Cantor des Stifts Merseburg. – Unbekannt ist jedoch, wie im Jahre 1408 ein Heinrich von Heinitz als Besitzer von P. genannt werden kann; wahrscheinlich besass er nur ein kleineres Allod daselbst.

Nicht urkundlich bekannt ist es, wie um die Mitte des 15. Jahrhunderts das Allodium Püchau unter kurfürstliche Lehenshoheit gekommen; doch lässt sich lehnsrechtlich annehmen, dass P. bis zur Reformation wohl nur Afterlehn der Kurfürsten gewesen. Wir finden im Jahre 1441 Hans Spiegel, 1469 Jacob Spiegel (aus einer altadlichen Familie, die

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/019&oldid=- (Version vom 21.5.2018)