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Die Cichorienfabrik von Wilh. Bader in Goldbach.
(Mit Abbildung.)


Seit man die Ueberzeugung gewann, daß die Kaffee-Surrogate nicht nur unschädlich, sondern in ihrer Wirkung auf den menschlichen Organismus ganz gleich mit der des Kaffee’s sind, ja, ganz abgesehen von ihrer bedeutenden Wohlfeilheit, vor diesem noch den Vorzug haben, selbst bei dem häufigsten Genuß nicht überreizend auf die Nerven zu wirken, stieg auch der Gebrauch dieser Surrogate bei allen Klassen der Bevölkerung mit jedem Tage mehr, so daß Sachsen bald das Quantum nicht mehr erzeugen konnte, welches von seiner Bevölkerung consumirt wurde. Man berechnet, daß in Sachsen und Schlesien jährlich für 2,500,000 Thaler dergleichen Surrogate verbraucht werden, wovon Sachsen früher noch nicht den vierten Theil fabrizirte, und folglich namhafte Summen dafür in das Ausland gingen.

Die Rücksicht auf Obiges, und Angesichts der großen Erfolge der schon bestehenden ähnlichen Fabriken, veranlaßte Herrn Wilhelm Bader, welcher als Civil-Ingenieur von 1837 bis 1850 bei den mehrsten sächsischen Eisenbahnen, und von 1845 an auch bei ausländischen thätig gewesen, und dabei seinen Schatz vielseitiger Kenntnisse rastlos vermehrt hatte, im Jahre 1850 die rühmlich bekannte Cichorienfabrik in Goldbach zu gründen.

Wohl war der Beginn dieses Etablissements mit außerordentlichen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft, indem es nicht nur von Grund aus neu erbaut werden mußte, sondern sich auch bedeutende Wasserbauten nöthig machten. Und als Alles hergestellt war, begann das heiße Ringen mit dem Vorurtheil der Menge, welches bei der Einführung eines neuen Fabrikats nie ausbleibt, und zugleich war eine mit mächtigen Mitteln ausgerüstete Concurrenz zu bekämpfen. Die vielseitigen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen des Begründers und seine eiserne Willenskraft überwanden alle Schwierigkeiten; das erforderliche, sehr bedeutende Betriebskapital wurde durch Herbeiziehung eines Assoçies verstärkt und so geht dieses Unternehmen einer immer schöneren Entwickelung entgegen.

Das Etablissement hat eine freundliche Lage am Fuß des Heidelberges und an dem Ufer der Wesenitz, zwischen den Dörfern Goldbach und Harthau, sowie zwischen der sächsisch-schlesischen Eisenbahn und der von Dresden nach Bautzen führenden Chaussee, und ist es von Bischofswerda ohngefähr eine kleine Stunde entfernt. Noch befinden sich in seiner Nähe die Dörfer Groß- und Klein-Drebnitz und Weickersdorf. Man genießt von hier eine freundliche Aussicht auf die Gebirge bei Neustadt und Stolpen, wo sich vorzüglich der sagenreiche Valtenberg mit seinem in Sonnenglanz weithin leuchtenden König-Johanns-Thurm auszeichnet.

Das Etablissement besteht aus zehn Gebäuden:

ein Mühlen- und ein Brennereigebäude mit Cichorien-Brennapparat;
ein Gebäude mit Papierfärberei, mit Glätterei, Druckerei und Papierniederlagen;
ein Darrhaus, zum Runkelrübendarren;
zwei Dampfhäuser mit zwei Dampfkesseln;
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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/63&oldid=- (Version vom 17.1.2018)