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Ihren Hauptabsatz finden diese Erzeugnisse in den Zollvereinsstaaten und auf den Messen zu Leipzig und Frankfurt an der Oder.

Es beschäftigt dieses Etablissement fortwährend über 400 Arbeiter im Hause und eine Dampfmaschine von 60 bis 80 Pferdekraft.




Nach einigen nothwendigen Abschweifungen kehren wir wieder zur Kathedrale der sächsischen Industrie, unserm lieben, viel und mit Recht gefeierten Chemnitz, zurück und fassen da vorerst die sogenannte Sächsische Maschinenbau-Werkstatt, jene wahre Colonie von Fabrik-Etablissements, in’s Auge.




Die Sächsische Maschinenbau-Werkstatt.
(Mit Abbildung.)

Tönt uns das Hämmern und Pochen aus der Kesselschmiede von Richard Hartmann noch gewaltig in den Ohren, und bewegt sich der colossale Dampfhammer noch vor unsern Augen, so athmen wir frei auf, wenn wir gleich hinter der Fabrik den Schloßdamm, den angenehmsten Spaziergang der Chemnitzer, betreten. Ein sehr großer Teich, theilweise mit Schilf bewachsen, breitet seinen Spiegel vor uns aus, eine Zahl bunter Schiffchen bewegt sich auf dem Wasser, von rüstigen Ruderinnen eben so oft als von jungen Männern in Matrosenkleidung bewegt. Den Hintergrund bildet der Schloßberg, ein sich lang hinziehender Hügel, auf welchem die Gebäude des ehemaligen Benedictinerklosters, aus der letzten Zeit des Klosterlebens stammend, eine würdige Gruppe bilden, das eigentliche „Schloß Chemnitz“, welches den stolzen Namen eines Schlosses annahm, als die schön gelegenen Klostergebäude zur Sommerresidenz einer churfürstlichen Wittwe eingerichtet wurden, ohne jemals wirklich zur Residenz zu dienen. Verunstaltet wird leider die Parthie durch die geschmacklosen Neubauten des gleich neben dem alten Kloster befindlichen Schloßvorwerks. Wir ersteigen den Schloßberg, erfreuen uns in einem der daselbst befindlichen öffentlichen Gärten der Aussicht über den Teich, der größte Theil der Stadt mit dem neuen Bahnhofsgebäude liegt im Vordergrunde, mit den zahllosen Dampfessen, diesem Wahrzeichen der ausgebreiteten, leider fast thurmlosen Stadt. Aber unser Führer drängt uns, die Stufen des Berges herabzusteigen, und zwischen der Schloßmühle, einigen kleinen Häusern, wie sie um alte Schlösser zu stehen pflegen, und der wohlbekannten Hübner’schen Wachstuchfabrik hindurch, dem kleinen Schloßwasser entlang zu gehen, bis wir nach wenigen Minuten auf einen freien Platz gelangen, auf welchem wir den Chemnitzfluß wiederfinden, der theils den mäandrisch sich windenden Mühlgraben füllt, theils in dem tiefen Bette des alten Wassers regelmäßig sehr wenig Wasser enthält. Vor uns sehen wir die Gebäude der sächsischen Maschinenbau-Werkstatt. Nur die älteren Gebäude sind von hier aus sichtbar, da sie den größern Theil des ausgedehnten Grundstücks bedecken.

Diese Gebäude spielen eine Rolle in der Geschichte der sächsischen Industrie.

Ihr erster Ursprung geht zurück bis Anfang dieses Jahrhunderts, wo Wöhler die erste Mulespinnerei begründete, welche von C. G. Haubold erpachtet, dann gekauft und mit einer Maschinenbauwerkstatt verbunden wurde, die dann im Jahre 1836 an eine Actiengesellschaft überging, welche diesem Etablissement den


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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/42&oldid=- (Version vom 3.8.2020)