Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 1.pdf/286

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

doch haben sie auch in dem Auslande, wo die Branche der Strumpfwirkerei vertreten ist, die beste Anerkennung gefunden.

In der Baumwollenspinnerei befinden sich jetzt 4336 Sealfactorspindeln im Gange und wird darauf wöchentlich siebentausend Pfund Strumpfgarn Medio in den Nummern 8 bis 30 erzeugt. Zum Betriebe derselben ist eine vierzigpferdige Woolf’sche Dampfmaschine thätig; eine zweite, gleich kräftige, wird noch im Lauf dieses Jahres aufgestellt.

In der Spinnerei sind circa hundert Arbeiter beschäftigt und eben so viele auch bei dem Maschinenbau. Außer diesen sind zwei Comptoiristen für das Ganze, ein Techniker, zwei Zeichner und zwei Werkführer für den Maschinenbau, und ein Expedient, ein Spinnmeister und ein Krämpelmeister für die Spinnerei thätig.

Besitzer des Etablissements ist Herr Franz Louis Schwalbe.

Das Geschäft ist im Jahr 1813 mit den ersten Anfängen des Chemnitzer Maschinenbaues entstanden und zwar unter sehr beschränkten Verhältnissen, erwarb sich aber durch die rastlose Thätigkeit, Energie und Solidität des Begründers, des Herrn Johann Samuel Schwalbe, bald einen ehrenvollen Ruf, so daß es im steten Fortschreiten begriffen war. Einen erhöhteren Aufschwung nahm das Geschäft, als im Jahre 1836 der technisch gebildete Sohn des Begründers, der jetzige Besitzer, von ausgedehnten, zu seiner Ausbildung unternommenen Reisen zurückgekehrt, im Geschäft mit thätig ward. Derselbe trat 1839 als Theilhaber in das Geschäft und von dieser Zeit datirt sich die jetzige Firma J. S. Schwalbe u. Sohn.

Durch die Vorliebe des älteren Herrn Schwalbe für diese Branche war schon im Jahre 1836 in Rochsburg an der Mulde eine eigene Spinnerei in das Leben gerufen worden, die jetzt noch unter der Firma Gebrüder Schwalbe fortbesteht. – Dieses konnte nur vortheilhaft auf den Maschinenbau einwirken, indem dadurch Gelegenheit geboten wurde, jede neu auftauchende Verbesserung der Spinnerei erst praktisch zu untersuchen und nur Maschinen zu liefern, welche sowohl der Zeit, als auch den betreffenden Etablissements, für welche dieselben bestimmt, in jeder Beziehung angemessen waren. Dadurch erwarb sich das Geschäft auch in weiteren Kreisen ein Renommée, so daß es im Jahre 1839 mit der Anlage einer bedeutenden Baumwollenspinnerei und mechanischen Weberei in den österreichischen Staaten betraut wurde. Der Göpel, durch welchen bis jetzt das Werk betrieben worden war, wurde nun durch eine Dampfmaschine ersetzt, was zu jener Zeit nur bei den größeren derartigen Etablissements der Fall war.

Ein organischer Fehler, der sich trotz aller angewendeten ärztlichen Bemühungen und der sorgfältigsten Pflege nicht beseitigen ließ, führte im Jahre 1845 den Tod des Herrn Johann Samuel Schwalbe herbei. Er starb im vierundsechszigsten Jahre seines Lebens. Mit ihm schied ein Mann, dessen Name in der Geschichte von Sachsens Industrie stets eine würdige Stelle behaupten wird.

Das Etablissement ging nun gänzlich in die Hände des Herrn Franz Louis Schwalbe über. Eine besondere Vorliebe für Spinnerei beseelte auch diesen und bald war der Entschluß gefaßt, den Maschinenbau mit einer Spinnerei zu verbinden, welcher aber so leicht nicht ausführbar war. Das Maschinengeschäft war an die Stadt gebunden, dagegen hielt man zu jener Zeit noch eine gute Wasserkraft zum Bestehen einer Spinnerei für unbedingt nothwendig, da frühere Versuche, diese Branche durch Anwendung der Dampfkraft an die Stadt zu fesseln, entschieden mißglückt waren. Als sich endlich im Jahre 1846 Gelegenheit zum günstigen Ankauf eines Grundstückes bot, auf welchem zufälliger Weise mehrere Jahre früher auch ein solcher Versuch gemacht war, kam es zu einem festen Entschluß und wurde in der Stadt Chemnitz die erste, allein durch Dampf betriebene Spinnerei wieder gegründet. Obgleich sämmtliche Maschinen in der eigenen Werkstatt gefertigt worden waren, kam die Spinnerei doch schon 1847 in Gang und lieferte Webergarne, die ihre Verwendung größtentheils in Baiern fanden. Das

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/286&oldid=- (Version vom 3.12.2022)