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Ueber Freiberg und seinen Bergbau im Allgemeinen.




Freiberg, eine sehr alte Stadt im Sachsenlande, verdankt ihren Ursprung dem Bergbau. Goslar’sche Fuhrleute, welche Salz von Halle nach Böhmen transportirten, fanden im Jahre 1163 in einem hiesigen Hohlwege eine Erzstufe. Sie nahmen dieselbe mit nach Goslar, um sie probiren zu lassen, und ihre Reichhaltigkeit an edlem Metall war so groß, daß eine Menge Goslar’scher Bergleute sich hierdurch veranlaßt sahen, nach der Gegend im Meißner Lande überzusiedeln, wo diese Erzstufe gefunden wurde, um daselbst Bergwerke anzulegen. Dieses geschah, und begünstigt von den Markgrafen zu Meißen, denen diese Gegend gehörte, blühte schon in den nächsten Jahren der Bergbau hier so in die Höhe, daß bereits im Jahre 1175 Markgraf Otto die Burg Freiheitsstein, später Freudenstein genannt, hier gründete, um die bereits zu einer starken Gemeinde angewachsene Zahl der Bergleute gegen äußeren Ueberfall zu schützen; den Bergleuten aber wurden diese Privilegien ertheilt: freie Wohnung ohne Frohndienste, Heerbann und dergleichen, freier Bergbau, frei Holz, freie Gerichte und Handthierung, freier Bier- und Salzverkauf und anderes mehr. Bald wuchs der Ort um die Burg Freiheitsstein zu einer Stadt heran, die ihre Einwohner selbst nach außen hin sehr stark befestigten, und die die Bürger mehrmals mit dem bewundernswürdigsten Muth und unendlicher Ausdauer gegen heftige Belagerungen glanzvoll vertheidigten. Ich erwähne hier nur kurz die 16 Monate lange Belagerung der Kaiserlichen unter Graf Oettingen 1296 und 1297, die Belagerung der Kaiserlichen unter Feldmarschall Gallas 1632, und die der Schweden unter General Banner 1639, und Torstensons 1642, in welcher Letzterer gegen 3000 Mann Kriegsvolk verlor. Die Umgegend Freibergs bietet zwar dem Fremden keine romantischen Thäler oder groteske Felsen und Berge dar, jedoch wird sie auf denselben einen ganz eigenthümlich melancholischen Eindruck machen. Kaum daß er das schöne Tharand verlassen, oder aus den anmuthigen Thälern des Obererzgebirges herabgestiegen ist, so setzt er seinen Fuß auf das circa 1200 Fuß über dem Ostseespiegel erhabene Plateau Freibergs, auf der die Masse der Halden (große aus der Erde geförderte Steinhaufen) mit ihren darauf erbauten Göpeln, Dampfmaschinen und sonstigen Grubengebäuden hervorragen, wie große Riesenschiffe einsam auf dem Meere. Das einförmige und doch so trauliche Schallen der Kunstgezeugglöcklein, das mannigfache Hämmern und Stoßen der Pochwerke und Wäschen, der aus dem Muldenthal wie aus einem ewig brennenden Riesenvulkan aufsteigende Hüttendampf, und der dahin schreitende Berg- und Hüttenmann, gekleidet in sein ärmliches, leinenes, beschmutztes Gewand, alles dieses macht gewiß auf den Fremden einen nie geahnten Eindruck. Und diese Gegend hier ist es nun, die dem lieben Vaterlande seit so vielen Jahrhunderten schon so reiche Schätze liefert, sie ist es, die noch jetzt über 7000 Bergleuten mit ihren Familien den Unterhalt verschafft, und dem Lande jährlich über eine Million Thaler neuen Silberzufluß gewährt. Silber und Blei, das sind die Segensfrüchte, die hier der Bergmann großentheils bis zu einer Tiefe von 2000 Fuß unter der Oberfläche aufsucht, mit unsäglicher Mühe und vieler Lebensgefahr gewinnt und an das Tageslicht fördert. Aber nur wenige dieser Früchte lächeln den Fremden glanzvoll an, wenn sie aus dem dunkeln Schacht herausgewunden über die Hängebank gestürzt werden, und die, welche glänzen, bergen das wenigste edle Metall. All dieses Gestein muß erst vielfach auf der Grube mechanisch geläutert, geschieden, gestampft und gewaschen werden, und dann übergiebt man es dem

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/24&oldid=- (Version vom 16.9.2022)