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des Technischen angestellt wurde. Von nun an erfolgte eine fortschreitende Reform an Haupt und Gliedern, wobei Kühn in Verbindung mit anderen tüchtigen Männern auf das Kräftigste wirkte. So wurde die unnütze Geheimnißkrämerei des Arcanums aufgehoben, größere Bauanlagen entstanden, neue und zweckmäßigere Brennöfen zur Ersparung von Brennmaterial wurden errichtet, das veraltete Maschinenwesen erlitt gänzliche Umgestaltung, eben so das Formen- und Decorationswesen. Daß es dabei an hartnäckigem Widerstand, an boshaften Neckereien, Böswilligkeiten und Mißtrauen von verschiedener Seite nicht fehlte, war natürlich, aber die wackeren Reformatoren ließen sich nicht beirren, schritten kräftig vorwärts und hatten bald die Freude, glückliche Resultate ihres Strebens zu sehen. 1823 stellten sich englische Besteller ein und auch der orientalische Handel begann sich wieder zu beleben, und ob auch einzelne ungünstige Verhältnisse und Verluste für die Fabrik eintraten, so war sie doch 1833 dahin gelangt, ohne Zuschuß bestehen zu können, und 1835 lieferte sie bereits 20,000 Thaler Ueberschußgelder an die Staatskasse ab. Von da ist die Fabrik mit solchen Sendungen fortgefahren, mit Ausnahme der unruhigen Jahre 1848 und 1849, wo keine Mehreinnahme erzielt wurde, aber doch auch kein Zuschuß sich nöthig machte.

Das Maschinenwesen für die Massen- und Kapselbereitung erfuhr 1850 eine neue Umgestaltung, indem statt der bisher gebräuchlichen Pferdekraft die Dampfkraft eingeführt wurde, was sowohl in technischer als ökonomischer Hinsicht von gutem Erfolg sich gezeigt hat.

Seit 1850 hat der akademische Rath in Dresden begonnen, die Manufaktur in artistischen Angelegenheiten mit Rath und That zu unterstützen und es ist die Einrichtung getroffen, daß ihm alle neueren und wichtigern Produktionen in Formen und Decorationen zur Begutachtung vorgelegt werden, wodurch es ermöglicht wird, eine wahrhaft gediegene künstlerische Vollkommenheit in allen Theilen der Erzeugnisse hervor zu bringen.

Die Königliche Porzellan-Manufaktur befindet sich mit ihren sämmtlichen Fabriksbranchen, dem Hauptwaarenlager und vier Beamtenwohnungen in der Albrechtsburg und dem daran stoßenden südwestlichen Flügel des Schloßgebäudes; außerdem gehört noch dazu das Letzterem gegenüber liegende vormalige Kreisamtsgebäude nebst Garten, ingleichen der nordöstlich am Fuß des Schloßberges liegende Holzhof mit Holz- und Kohlenschuppen und den Gebäuden der Lasursteinblau- oder Ultramarinfabrik.

Die Hauptbranchen der Porzellanfabrikation sind:

die technische, nämlich Massen- und Kapselbereitung, Brennen, Farbenbereitung etc.;
die Gestellung, Modellir-, Dreher-, Former- und Bossirerarbeiten; und
die Verfeinerung, Malerei, Vergoldung etc.

Die Haupterzeugnisse der Manufaktur sind weiße, gemalte und vergoldete Porzellane, namentlich feine Tafel- und Kaffeeservice, Dessertgeschirre, Tafelaufsätze, Vasen, Gruppen, Figuren, Leuchter und alle Gattungen chemischer und pharmaceutischer Geschirre. Uebrigens werden außer dem Ultramarin auch Porzellanfarben, sowie auch feuerfeste Thonwaaren, als Ziegeln, Platten, Schmelztiegel etc. für den Handel fabricirt.

Von diesen Erzeugnissen sind vorzüglich gangbar außer den feinen Tafel- und Kaffeegeschirren, die hier sogenannten englischen Artikel im Rococostyl, als: Vasen, Gruppen, Figuren, Leuchter etc., ingleichen die eigenthümlichen Fabrikate der Manufaktur in Dessertgeschirren mit Reliefverzierungen und reicher Glanz- und Mattvergoldung.

Diese Artikel finden ihren Hauptabsatz in den Zollvereinsstaaten und nach England, sowie auch nach Amerika, Frankreich und Rußland.

Muster aller Gattungen der hiesigen Fabrikate waren auf den Industrieausstellungen zu Berlin, Leipzig, London und München ausgestellt. Darauf hat die Manufaktur Preismedaillen von sämmtlichen Ausstellungen für Porzellan und von der Londoner Ausstellung auch für Ultramarin erhalten.

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/179&oldid=- (Version vom 6.1.2019)