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Die Flachsspinnerei von H. C. Müller in Hirschfelde.
(Hierzu eine Abbildung.)


Von Chemnitz machen wir einen Sprung bis in die Oberlausitz, die Heimath der sächsischen Leinen-Fabrikation, wo viele Tausende von fleißigen Händen mit diesem wichtigen Industriezweige beschäftigt sind, und wo uns die höchst seltene Erscheinung entgegentritt, daß wir Tagelang in gerader Richtung und rechts und links und nach allen Seiten hin längs der sächsisch-böhmischen Grenze und weiter tiefer in das Land hinein durch, in einer fast ununterbrochenen Reihe aneinander stoßende Dörfer von je 2, 3, 4 bis 8000 Einwohnern wandern können, in denen wir nichts weiter sehen und finden als Leinweberei und die damit verwandten Zweige. Es ist dies die dichtbevölkertste Gegend, nicht nur Sachsens, sondern des ganzen Continents, und Alle sind hier nur Weber; Kind, Frau, Magd, Sohn – Alles ist bei dieser Fabrikation thätig und angestellt; überall, aus jedem Hause tönt uns nur das Geklapper der Webestühle entgegen. Gewiß für den Industrie-Freund eine der erfreulichsten und merkwürdigsten Erscheinungen, die näher ins Auge zu fassen und zu studiren unbedingt eine lohnende Aufgabe für denselben sein dürfte.

Uns ist es für jetzt noch nicht vergönnt, über das Gesammtgebiet der Oberlausitzer Weberei uns schon hier zu verbreiten, wir werden aber öfters bei den einzelnen Etablissements darauf zurückkehren und später, nachdem wir die letzteren vielfach und allseitig ins Auge gefaßt haben, auch eine allgemeine Uebersicht dieses für Sachsen so wichtigen Gewerbszweiges in dieser Gegend mit besonderer Bezugnahme auf die einzelnen Ortschaften folgen lassen.

Aus dieser kurzen Schilderung geht leicht hervor, welches wichtige Etablissement die in unserer Ueberschrift erwähnte Flachsspinnerei für die Leinwand-Manufaktur, namentlich in dieser Gegend, sein muß, – ein Etablissement, das in Sachsen bis jetzt noch einzig und allein dasteht, und das nicht nur der vaterländischen Leinwand-Manufactur eine wichtige Branche im eigenen Lande erschlossen hat, sondern eben deshalb auch einer glänzenden Zukunft unbedingt entgegen gehen muß; da ja auch die Blüthe desselben in der Gegenwart schon auf das Eindringlichste beweist, wie eine solche Anstalt für Sachsen und namentlich für die hiesige Gegend, sowie überhaupt für Deutschland, ein höchst dringendes Bedürfniß war.

Die bedeutende Einfuhr leinener Maschinengarne aus England, wo die bestehenden Maschinenflachsspinnereien in Bezug auf die Güte der Waare immer den Vorzug vor allen anderen ähnlichen Anstalten in anderen Ländern behaupteten, ließ es schon längst als ein tiefgefühltes Bedürfniß erscheinen, diesen Fabrikzweig auch in Sachsen einzuführen und in Aufnahme zu bringen.

Es war dies eine sehr schwierige Aufgabe, vor deren Ausführung Viele, denen dieser Plan Wohl nahe lag – wie denn auch eine Gesellschaft in Zittau eine solche Maschinen-Flachsspinnerei auf Actien bereits, wiewohl vergeblich, begründen wollte, – wieder zurückbebten.

Dem als unternehmender und industriöser Geschäftsmann bekannten Herrn H. C. Müller in Zittau war es allein vorbehalten, mit einem durch keine Schwierigkeiten und Hemmnisse zu erkaltendem Eifer, seltener Energie und unerschütterlicher Ausdauer ein solches Unternehmen bei Hirschfelde in der Königlich Sächsischen Oberlausitz in’s Leben zu rufen.

Es geschah dies im Jahre 1845. Und der gegenwärtige Director dieser wichtigen Anstalt hat seit den 11 Jahren ihres Bestehens diese so schwierige Aufgabe auf die erfolgreichste und glänzendste Weise gelöst, so

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/16&oldid=- (Version vom 3.8.2020)