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Nun beginnt die zweite und wichtigste Operation der ganzen Amalgamation. In den drei großen Beschickungs- oder Röstungssälen, wo oft Beschickungen von 800 bis 1000 Centner aufgeschichtet liegen, fallen die Röstposten durch Lutten oder Schläuche unmittelbar auf die Röstöfen. Seit einiger Zeit ist auch ein Gasröstofen angelegt, welcher zum Vorrösten dient, d. h. zum vorläufigen Entschwefeln sehr blendiger oder zu kiesreicher Erze. Jede 4½ Centner schwere Post bleibt fünf Stunden in dem Ofen, und wird dann durch eine andere ersetzt. Die Erze werden erst trocken gerührt und die durch die Feuchtigkeit entstandenen Klümpchen mit dem Hammer zerpocht, worauf man das Feuer so verstärkt, daß das Erz über und über zu glühen beginnt und so im Stand gesetzt wird, in Folge seines Schwefelgehalts von selbst fortzuglühen, wobei es beständig mit dem Röstkrahl, einem eisernen Rechen, durchgerührt wird. Dieses nennt man das Abschwefeln. – So wie das Selbstglühen aufhört, wird mit schwächerem Feuer zum Gutrösten vorgeschritten, wo das Erz aufschwillt und sich das in demselben enthaltene Silber durch seine Verbindung mit dem Kochsalz zu Horn- oder Chlorsilber bildet, wobei es einen deutlichen Chlorgeruch entwickelt.

Die dritte Operation ist das Durchwerfen, Sieben und Mahlen, um das Erz so fein als möglich zu erhalten. Die geröstete Beschickung wird in einem eisernen Wagen, Hund genannt, auf den Kühlplatz gefahren, sodann auf den Boden des Gebäudes gehoben, dort durchgeworfen und gesiebt, wobei man siebgrobes, siebmittles und siebfeines Erz erhält, und endlich auf den zehn Mühlen mit Läufern und Bodensteinen von Granit vollends fein gemahlen und dann durch die Beutelmaschine getrieben. Nur ganz fein gemahlenes Erz ist zur Amalgamation tauglich. Alles was bei dem Durchwerfen, Sieben und Mahlen zurückbleibt, muß mehrmals geschroten (grob gemahlen), dann nochmals mit 2½ Theil Kochsalz gemengt und geröstet werden, worauf es wieder in die Mühle gebracht wird.

Ist alles Erz in Staubform verwandelt, so erfolgt der Hauptprozeß, das Anquicken oder die eigentliche Amalgamation. Ueber dem Anquicksaal befinden sich zwanzig zinnerne, in Holz gefaßte Kästen, in welche das Erzmehl geschüttet und dann durch Lutten in die Anquickfässer hinabgelassen wird. Diese Fässer werden durch ein vierzehn Ellen hohes Wasserrad in Bewegung gesetzt, und sind aus Holz. Eine runde Oeffnung im Bauch des Fasses dient zum Ein- und Ablassen der Faßfüllung und sie wird durch einen hölzernen Spund geschlossen, in welchem sich ein anderes, kleineres Spundloch mit einem besonderen Spunde befindet. Die ganze Vorrichtung wird gut verschraubt. Die kleine Oeffnung dient zum Ablassen des silberhaltigen Quecksilbers, die große dagegen zum Füllen der Fässer und zum Ablassen der Rückstände und der Lauge. – In jedes Faß kommen nach Verhältniß von dessen Größe 10–15 Centner Erzmehl, 3–5 Centner Wasser, 5–6 Centner Quecksilber und 80–100 Pfund Schmiedeeisen in Würfelgestalt mit verbrochenen Ecken und Kanten. – Das Quecksilber dient als Silberextractionsmittel, indem es die Fähigkeit besitzt, den Zusammenhang der meisten übrigen Metalle aufzuheben und schon in der Kälte auf das Erz wirkt. – Die Entsilberung des Gemenges wird durch die nach und nach erfolgte Selbsterwärmung, durch die Auflösung des bei dem Rösten nicht vollständig in Glaubersalz verwandelten Kochsalzes und durch den zwischen dem Eisen und Quecksilber vermittelten galvanischen Strom bewirkt, das Chlor- oder Hornsilber wird zerlegt, das Chlor geht in das Eisen über und das Silber verbindet sich mit dem Quecksilber. Zuletzt gießt man in das zu drei Viertheilen angefüllte Faß noch so viel Wasser, daß es völlig voll ist und läßt es noch einige Stunden langsam umgehen, damit das in die feinsten Perlen zerschlagene Quecksilber Zeit und Gelegenheit hat, durch den immer mehr sich verdünnenden Erzschlamm zu seicken und sich anzusammeln. – Nun wird erst das Quecksilber durch die kleine Spundöffnung abgelassen, worauf man den übrigen Rückstand, die Lauge, in die unmittelbar unter dem Anquicksaal sich befindenden drei Waschbottiche fließen läßt. Auf diese Weise wird die fünf- bis siebenlöthige Beschickung so weit entsilbert, daß nur noch ungefähr fünf Achtelloth Silber per Centner in der Rückstandmasse der Lauge enthalten sind.

Jetzt beginnt das Filtriren des silberhaltigen Quecksilbers, welches auf Gerinnen in die Amalgamkammer und dort zur Abkühlung und Reinigung in mit Wasser angefüllte Bottiche geleitet wird. Aus den Bottichen läßt man das Quecksilber in aufgehäufte Zwillichbeutel, durch die es zum Theil von

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/102&oldid=- (Version vom 7.1.2019)