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Rammenau.


Das schöne stattliche Dorf Rammenau liegt an der Westgrenze der Oberlausitz in einem Thale, das im Norden von dem Sibyllensteine oder hohen Steine, dem Mittelberge und Tanneberge, nordöstlich von dem Burkauer und Butterberge, westlich von dem Hubertusberge und südwestlich von dem Kleppisch und der Schaudorfer Höhe eingeschlossen ist, im Süden und Südosten aber sich, nach Bischofswerda hin, öffnet. Zwischen Rammenau und einem Theile des Gebiets der Ortschaften Giessmannsdorf und Goldbach fliesst, zugleich als Grenzfluss zwischen der Lausitz und dem Meissner Kreise, die Grune, welche am Fusse des hohen Steins entspringt, durch mehrere Teiche und den grössten Theil des Dorfes Rammenau rinnt und endlich bei Hartha sich mit der Wesenitz vereinigt. – Der Ort zerfällt in das Niederdorf, welches hufeisenförmig einen grossen Teich umschliesst und das Oberdorf, oder richtiger Mitteldorf, das zu Ende des vorigen Jahrhunderts oberhalb des Rittergutes Oberrammenau ausgebaut wurde, welches sich, seinem Haupttheile nach, von dem Gute nach der Höhe des Hubertusberges hinaufzieht; ein anderer Theil liegt auf dem Tannenberge und am Fusse desselben, der Waldscheibe. Mit Einschluss der beiden Pertinenzorte Schaudorf und Röderbrunn besteht Rammenau aus einhundertachtundachtig Häusern mit etwa tausend Einwohnern, die sich eintheilen in elf Ganzbauern, mit Einschluss des Erbrichters, acht Halbbauern, vierzehn Grossgärtner, sechszehn Kleingärtner, vierzehn Althäusler und einhundertzweiundzwanzig Neuhäusler. Unter ihnen befinden sich viele Handwerksleute und zwar hauptsächlich Leinweber.

Rammenau ist deutschen Ursprungs, und entstand im zehnten oder elften Jahrhundert, wo das slavische Volk unterjocht worden war. Die Gegend um Rammenau war damals ein sumpfiges Waldland, das die neuen Ansiedler mit Hülfe ihrer besiegten Feinde bald urbar machten. Aus jener Zeit ist nun zwar keine Urkunde vorhanden, wol aber eine vom Jahre 1213, welche eine Grenzberichtigung zwischen dem Königreiche Böhmen und den Besitzungen des Bischofs von Meissen enthält, und worin auch unser Rammenau genannt wird, indem es heisst: „Item das sind die Rainungen und Mahlzeichen, welche unterscheiden Gödau und des Königs Gebiet – – – – bis an die Reden, welche zu Seligenstadt fleusst zwischen Frankenthal[WS 1] und der Harth, von dannen mitten in den Pfuhl, welcher ist zwischen Ramnau und Gieselbrechtsdorf.“ Damals besass Rammenau bereits eine Kirche, auch befindet sich die hiesige Pfarrei in einer Matrikel des Bisthums Meissen von 1346 erwähnt, zu welcher Zeit der hiesige Pleban unter dem Erzpriester des Sedes Bischofswerda stand. Rammenau gehörte schon in der frühesten Zeit den mächtigen Burggrafen von Camenz, von denen wir hier nur den Burggrafen Bernhard von Camenz, der 1213 mit noch sieben Burggrafen die schon erwähnte Grenzberichtigung leitete und noch 1233 vorkommt, erwähnen wollen. Damals befanden sich in der Familie von Camenz bereits mehrere Seitenzweige, die sich nach ihren Schlössern nannten (Ponikau, Canitz und Pulsnitz). Im Jahre 1421 stifteten die Burggrafen Burso, Heinrich und Balthasar von Camenz in der Stadtkirche zu Camenz einen Altar zum heiligen Kreuz, wozu Burso unter anderen drei Mark Zinsen von seinem Rittergute Rammenau anwies. Als dieser Herr 1438 mit Tode abging und die Burggrafschaft in viele kleinere Besitzthümer zersplittert wurde, gelangte Rammenau höchst wahrscheinlich an die Herrschaft Elstra, die schon 1429 vier Brüdern des Stammes Ponikau gehörte. Diese Meinung gründet sich auf den Umstand, dass die Herren von Ponikau im Besitze fast aller umliegenden Ortschaften waren und Schönborn, welches jetzt zu dem Rittergute Pohla, einer alten Ponikau’schen Fideicommissbesitzung gehört, nach Ausweis alter Lehnsdokumente mit Rammenau einen und denselben Besitzer hatte. Im Pfarrarchive zu Burkau befindet sich eine Lebensbeschreibung des dasigen Pfarrers Meissner vom Jahre 1612, worin Tobias von Ponikau auf Rammenau genannt wird, der mit Hans Fabian von Ponikau auf Elstra und Prietitz Vormund eines jungen Herrn von Ponikau auf Frankenthal war und den Pastor dorthin kommen liess. Bald darauf gehörte das Rittergut Christoph von Staupitz, der 1638 starb und Rammenau seinen beiden Söhnen Hans Hartmann und Joachim Ernst von Staupitz hinterliess, doch musste Ersterer es von des Vaters Gläubigern sammt dem Dorfe Schönborn erkaufen (1640) und empfing die Lehn darüber am 15. Juni 1646. Hans Hartmann von Staupitz starb am 5. August 1657 und seine beiden Söhne Wolf Christoph und Hans Ernst, erhielten die Lehn 1657 und nochmals 1660. Der ältere Bruder ging bald darauf mit Tode ab, und Hans Ernst von Staupitz war nun alleiniger Herr des Gutes, da er aber bedeutende Schulden hatte, sah er sich genöthigt, Heinrich Otto von Köckeritz auf Heida in Folge eines Bescheides des Hofgerichts und nach beendigtem Subhastationsprocesse die sämmtlichen Staupitzischen Rammenauischen Teiche, nämlich den
Lausitzer Kreis, 9tes Heft, oder 44stes der ganzen Folge.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Krankenthal
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/96&oldid=- (Version vom 31.7.2018)