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Philosophie. Hierauf unternahm Hartig eine wissenschaftliche Reise durch Italien, und kehrte alsdann nach Venedig zurück, wo der eben so gelehrte als liebenswürdige Mann sich die allgemeine Gewogenheit und Achtung dergestalt zu verschaffen wusste, dass der damalige Doge, Nicolo Contarini ihn 1629 zu seinem Leibmedicus ernannte, und in öffentlicher Versammlung zum St. Marcusritter schlug. Hartig kehrte 1632 nach seiner Vaterstadt Zittau zurück und wurde sofort in den Rath gewählt, ein in den Stürmen des dreissigjährigen Krieges gar schwieriges Amt. Als 1643 die kaiserlichen Generale Gallas und Götz Zittau belagerten, waren es hauptsächlich die Rathsherren Hartig, Just und Stoll, welche die Schwedischen Obersten Reichwald und Brandeshagen bewegten die nutzlose Vertheidigung der Stadt nicht weiter fortzusetzen, und somit noch zu rechter Zeit grösseres Verderben von Zittau abwandten.

Schon 1639 hatte Christian von Hartig Zittau gerettet. Damals wurde die Stadt von Helmold Wrangel, genannt der tolle Helm, schwer geängstigt und ihr ein Aufwand von der damals ungeheuren Summe von 60,000 Thalern in einer Zeit von sechs Wochen verursacht. Mehrere Deputationen des Rathes hatten bereits den Obergeneral Banner um Erleichterung der schweren Kriegslast gebeten, aber es war vergeblich gewesen, da half Christian von Hartig. Man erzählt zwei Veranlassungen die den Schwedischen Feldmarschall zur Gnade bestimmten. Nach einer Tradition hatte Hartig noch einen Bruder, Jacob von Hartig, der ebenfalls Mediziner und in Venedig als Stadtphysikus angestellt war. Dieser behandelte einst die Gemahlin Banners bei einer schweren Krankheit und rettete ihr das Leben, und diesen Umstand benutzte Christian von Hartig zu seinem Zweck. Als die Deputation der Stadt Zittau bei der Brücke von Brandeis den Feldmarschall knieend um Hülfe angesprochen, aber solche nicht erlangt hatte, liess Hartig sich dessen Gemahlin vorstellen, erinnerte sie, was sein Bruder, ein geborener Zittauer, an ihr gethan, und gewann ihr Wohlwollen. Die Dame erinnerte sich dankbar ihres Retters und versprach Alles zu thun um dessen Vaterstadt zu schützen. Glücklicher Weise fiel um jene Zeit des Feldmarschalls Geburtstag, und die dankbare Frau benutzte diese Gelegenheit den Gemahl um Gnade für die bedrängte Stadt zu bitten. Banner konnte dem Flehen der geliebten Gattin nicht widerstehen und gab am 21. Juli Ordre Zittau zu räumen, ja er liess der Stadt sogar eine Salvegarde. Nach einem anderen Bericht soll noch ein zweiter günstiger Umstand, Banners Herz zu erweichen, hinzugekommen sein. Als Hartig nämlich nach Brandeis kam, war ein Sohn des Feldmarschalls schwer erkrankt, und die Schwedischen Aerzte hatten alle Hoffnung aufgegeben des Jünglings Leben zu retten. Da übernahm der geschickte Doctor Hartig die Cur, nach wenigen Tagen war der junge Banner wieder hergestellt, und des hocherfreuten Vaters Dankbarkeit befreite sofort die Stadt Zittau von ihren Quälgeistern. - Als 1651 die durch den Krieg verwüstete Kreuzkirche in Zittau wieder aufgebaut werden sollte, unterstützte Hartig den Baufond durch eine bedeutende Summe und errichtete in derselben auf eigene Kosten den Altar, welcher zur Erinnerung an ihn die Insignien des Markusordens trägt. Auch das 1651 von ihm in altitalienischem Style erbaute Schloss Althörnitz ist mit dem stolzen Löwen der Republik Venedig geschmückt. Im Jahre 1655 wurde Hartig am Landtage Bartholomäi in den Oberlausitzischen Ritterstand aufgenommen, „weil er zu Venedig mit dem Ritterorden St. Marci geziert sei und bei männiglich in gutem Valor stehe.“ Er war ein grosser Gartenfreund und führte verschiedene bisher in der Lausitz nicht gekannte Pflanzen, namentlich Tuberosen, Tulpen und Orangerie in hiesiger Gegend ein, auch stiftete er kurz vor seinem Tode ein ansehnliches Stipendium, zunächst für Verwandte, und in deren Ermangelung für Zittauer oder Predigersöhne des Stadtgebietes, von denen zur Zeit drei mit sechszig Thalern unterstützt werden. Der hochverdiente Mann starb am 1. Mai 1677 und den Eindruck seines Verlustes bezeichnen die Worte des Rectors Kaimann, der das Leichencarmen fertigte:

Zittau, steh noch tausend Jahre,
Hartigs gleichen kriegst du nicht.

Er wurde in der Johanniskirche vor der Sakristei begraben. Sein Vater war Johann Hartig, gleichfalls ein berühmter Arzt, und die Mutter Johanne Montanus, des kaiserlichen Leibarztes, Tochter. Beide Eltern starben 1632 zu Zittau an der Pest und ruhen ebenfalls in der Johanniskirche.

Nach Hartigs Tode erbte Althörnitz dessen Sohn, Johann Jacob von Hartig, geboren am 2. Februar 1639. Gleich seinem Vater unternahm er bedeutende Reisen, promovirte in Padua zum Doctor der Medizin und kehrte nach Zittau zurück, wo er drei Mal das Stadtrichteramt und dreizehn Mal das Amt eines Bürgermeisters versah. Zu Hartigs vertrauten Freunden gehörte der berühmte Tzschirnhausen auf Kiesslingswalde bei Görlitz, mit dem er in stetem Briefwechsel stand, und da er ein grosser Freund der Chemie war, liess er sich auf dem Schlosse Althörnitz ein Laboratorium einrichten, in welchem die beiden Freunde oft tagelang arbeiteten. Ebenso war Hartig auch ein ausgezeichneter Musiker und hatte bei dem berühmten Lully in Paris Unterricht genossen. Vorzüglich die Laute wusste er meisterhaft zu spielen und es wird von ihm erzählt, dass er durch sein herrliches Lautenspiel in Bourges das Herz eines jungen Landsmannes von schweren Verirrungen gerettet habe. Johann Jacob von Hartig starb 1718 und ihm folgte im Besitze des Rittergutes Althörnitz sein Sohn, Adam Jacob von Hartig, der das Gut 1771 seinem

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/85&oldid=- (Version vom 31.7.2018)