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Jauernick.


Nicht weit von Eisenrode, auf einsamer Bergeshöhe, liegt das Schlösschen Jauernick. Gegen Osten und Norden geniesst man von hier eine reizende Aussicht auf die niedere mit kleinen Dörfern und weissleuchtenden Edelhöfen bestreute Gegend; das Dörfchen Jauernick aber schmiegt sich bescheiden an den Berghang, der einst die zahlreichen und stattlichen Gebäude des Ortes überschaute, denn Jauernick war vor Jahrhunderten unter den nahen Städten und Flecken eine der bedeutendsten Ortschaften, welche selbst die stolze Sechsstadt Löbau an Wichtigkeit übertroffen haben soll. Der Hussitenkrieg, welcher Hunderte von stattlichen Städten und Dörfern theils vernichtete, theils zur Bedeutungslosigkeit herabzog, übte auch seinen heillosen Einfluss auf Jauernick; wo einst der stolze Flecken seine ausgedehnten Häuserreihen hinstreckte, lagert jezt ein kleines unscheinbares Dörfchen.

Jauernick wird zuerst im Jahre 1288 erwähnt, wo König Wenzeslaus von Böhmen mit dem Bischof von Meissen sich wegen der Grenzen zwischen den Gauen Budissin und den Zagost einigte. In der darüber gefertigten Urkunde wird Jauernick Jawornich genannt und gehörte zu dem Gau Budissin. Die ältesten Herren auf dem Schlosse zu Jauernick waren die von Bolberitz und später die von Nostiz, welche, wie die meisten auf den nahen Gütern gesessenen Edelleute, in unaufhörlichen Streitigkeiten mit der Stadt Löbau lebten, die sich weigerte, den Rittergutsbesitzern die Obergerichtsbarkeit zu gestatten. Die Edelleute versuchten jedes Mittel, die stolzen Bürger zu demüthigen, zogen indessen dabei regelmässig den Kürzeren und mussten sogar endlich in Folge einer landesherrlichen Entscheidung ihre Ansprüche aufgeben. So stritten die Gebrüder Henlin, Fritze, Otto und Lorenz von Nostitz von 1368 bis 1398, wo eine Entscheidung des Königs Wenzel die Ritter zur Ruhe verwiess, und der Stadt Löbau die Obergerichtsbarkeit bestätigte. Das Rathsarchiv zu Löbau soll noch jetzt im Besitze dieser Urkunde sein.

Von den Nostitzen kam Jauernick an die Familie von Gersdorf, welche in der Umgegend bereits seit Jahrhunderten bedeutende Güter besass. Zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts gehörte Jauernick dem Oberkämmerer Prenzel, einem Manne, der sich namentlich in Budissin ein segensreiches Andenken gesichert hat, indem er daselbst im Jahre 1783 eine Freischule stiftete, eine Anzahl Stipendia gründete, und auch noch in seinem Testamente die neuentstandene Freischule, sowie die Waisenhäuser der Sechsstädte reichlich bedachte. Der wackere Mann starb am 6. Februar 1794.

In der neuesten Zeit gehörte Jauernick dem Buchdruckereibesitzer F. W. Hohlfeld zu Löbau, welcher das Journal „der Sächsische Postillon“ redigirte und durch seine entschieden demokratische Gesinnung ein sehr bekannter Mann geworden ist. Bei den politischen Wirren der Jahre 1848 und 1849 spielte Hohlfeld eine sehr bemerkbare Rolle. Er war 1849 Mitglied der zweiten Kammer der Sächsischen Ständeversammlung, betheiligte sich sehr eifrig bei dem Maiaufstande in Dresden, wurde flüchtig und eilte nach dem gelobten Lande, Amerika, wo er in New-York als Arbeiter in einer Ziegelscheune sein Leben fristet. – Der jetzige Besitzer von Jauernick ist Herr A. W. Jordan.

Als im Jahre 1758 Friedrich der Grosse, nach der Schlacht bei Zorndorf, in Eilmärschen nach Sachsen ging, um die grosse Oesterreichische Armee, unter Feldmarschall Daun, daraus zu vertreiben, und Schlesien, von welchem er durch die Stellung der Oestreicher abgeschnitten war, zu befreien, wandte er sich, in der Absicht, den Feind von seinem Hauptmagazin Zittau abzuschneiden, in die Lausitz. Der rechte Flügel der Preussen stand bei Hochkirch, der linke bei Kotitz. Die Oestreicher hatten ihr Lager bei Kittlitz, am Stromberge, bei Nostitz und Glossen gegenüber. Jauernick bildete einen Stützpunkt des Oesterreichischen linken Flügels, und eine Abtheilung des Laudonschen Corps hatte hier ihr Lager aufgeschlagen. „Wenn uns die Oesterreicher hier in Ruhe lassen, verdienen sie Alle gehangen zu werden!“ sagte Feldmarschall Keith zum König, dieser aber lächelte und zeigte sich gänzlich unbesorgt. In der Nacht vom 13. zum 14. October liess der Oesterreichische Feldherr unter vielem Lärmen ein Verhau herstellen, verschleierte aber hinter dieser Arbeit den Abmarsch der Armee, die sich nach den Cunnewalder Höhen zog. Während dieses Manövers wurden die Wachtfeuer brennend erhalten, um die Preussen in dem Glauben zu erhalten, dass im Oesterreichischen Lager Alles in Ordnung sei. Morgens um fünf Uhr trafen bei den Preussischen Vorposten mehrere Oesterreichische Soldaten ein, die sich für Ueberläufer ausgaben, bald aber wuchs deren Anzahl so bedeutend, dass sie die Schildwachen überwältigen konnten. Jetzt wurde im Preussischen Lager Allarm, aber es war zu spät, denn unter Begünstigung eines dichten Nebels drangen die Oesterreichischen Colonnen bereits heran, und begannen die erschrockenen Feinde niederzumetzeln. Erst als bereits mehrere Preussische Batterieen gewonnen worden waren, und ihr Feuer gegen das Lager begannen glaubte der König an die vorhandene Gefahr und suchte durch kühnen Widerstand zu retten, was noch zu retten war. Der König hatte sein Hauptquartier in Rodewitz und wäre fast gefangen worden, wenn nicht einige wackere Husaren