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Burg ward zerstört und der Platz heisst jetzt der Anger, wo auch das Burglehn sich befand.

Lückersdorf, 1/2 Stunde westlich von Camenz entfernt, am Hutberge gelegen, kam nach und nach in Stadtbesitz. Es war ein Camenzisches Afterlehn in verschiedenen Händen. Ein Theil gehörte im J. 1420 den Brüdern Peter, Nickel und Hans Potzker; einen andern Theil mag das Vorwerk gebildet haben, welches Heinrich v. Camenz im J. 1426 einem Beynischlehn zu Lehn reichte. Derselbe Heinrich von Camenz verkaufte im J. 1438 alle seine Gerechtigkeit auf Lückersdorf „ausgenommen behnislehn“ an die Stadt Camenz, welches kurz vorher von Borso von Camenz zwei Bauergüter daselbst erkauft hatte. Behnischlehn und die genannten Potzker waren vermuthlich Camenzer Patrizier und so wäre der endliche Anfall von ganz Lückersdorf an die Stadt Camenz begreiflich. Urkunden darüber haben sich leider nicht erhalten. Nur weiss man, dass diese Erwerbung erst nach 1449 erfolgt sein kann, da in diesem Jahre die Brüder Barthel und Georg Benischlehn den väterlichen Antheil von Lückersdorf noch besassen. Durch den Pönfall ging Lückersdorf der Stadt verloren und kam in den Besitz des Landvoigts Christoph Burggrafen von Dohna auf Königsbrück, welcher am 27. Octbr. 1560 ohne männliche Erben starb. Am 19. Octbr. 1561 erwarb es die Stadt zurück durch Kauf von K. Ferdinand I. Der herrschaftliche Grund und Boden ward in den J. 1826 und 1827 dismembrirt, wobei die Stadt sich 93 Acker 196 ◻Ruthen Feld- und Waldgrundstücke vorbehielt. Das Dorf, bemerkenswerth durch die von Chr. Freygang errichtete Badeanstalt, hat jetzt 79 Häuser und 361 Einwohner.

Gelenau liegt 1/2 Stunde südwestlich von Camenz. Seit wann Gelenau, urkundlich Geilnow, mit dem Rittergute Hennersdorf vereinigt wurde, weiss man nicht. Im 15. Jahrhundert, bereits 1424, war dieses Afterlehn der Herren von Camenz in den Händen der Patrizierfamilie Kunad. Hans Kunad kommt urkundlich 1424-1454 vor. Im J. 1447 verkaufte er einen Theil von Gelenau an die Stadt Camenz um 52 Schock Groschen. Die andere, grössere Hälfte von Gelenau verkaufte der Landvoigt Jaroslaw von Sternberg nach Balthasar Kunad’s unbeerbtem Tode gleichfalls an die Stadt Camenz um 200 Mark Groschen. Die Belehnung mit diesem Antheile erfolgte aber erst im J. 1473 durch den Landvoigt Herzog Friedrich zu Liegnitz. Im Pönfall verloren konnte die Stadt diese Besitzung uehher nicht wieder erwerben. Im J. 1789 war Henriette Sophie verw. Major von Buchner, geb. v. Carlowitz Besitzerin von Hennersdorf und Gelenau. Beide gehören jetzt dem Herrn auf Roth-Nauslitz, C. W. von Brescius. Bei der letzten Zählung hatte Gelenau in 57 Häusern 286 Bewohner.

Den Antheil von Wiesa, einem Dorfe 1/3 Stunde südlich von Camenz entfernt, erwarb die Stadt Camenz im J. 1450 käuflich von Hans Jode auf „Eschensdorff“ für 597 Schock Groschen. Inbegriffen in den Kauf war der jetzt zu 52 Acker 38 ◻Ruthen vermessene Zschornaer Forst. Wenn angegeben wird, dass der Landvoigt Thimo von Colditz die Stadt Camenz bereits im J. 1440 mit dem Dorfe Wiesa belehnt habe, so liegt dieser Angabe wohl ein Irrthum zu Grunde, denn die Belehnung erfolgte lt. Originalurkunde erst 1450 am Donnerstage nach Andreas durch den Landvoigt Hans von Colditz. Den Sadelhof (Sedelhof) zu Wiesa besass im J. 1421 ein Hans von Polenz und früher ein Hans von Blossdorf. Damals gab K. Siegmund der Stadt Camenz die Erlaubniss diesen Hof zu kaufen. Entweder ist dieser Ankauf nicht zu Stande gekommen oder es müssen Besitzveränderungen vorausgesetzt werden, welche nicht mehr bekannt sind, denn lt. Originalurkunde gab K. Georg Podiebrad im J. 1461 der Stadt Camentz ebenfalls die Erlaubniss „den sedelhof die Wyse zu kauffen vnd zu stadtrecht zu schlagen.“ Im Pönfall musste die Stadt das Dorf Wiesa und den Zschorner Forst abtreten, kam aber am 19. Octbr. 1549 in Wiederbesitz. Ein kleiner Theil von Wiesa gehört dem Kloster St. Marienstern. Wiesa zählt jetzt in 100 Häusern 570 Einwohner, wovon auf den klösterlichen Antheil etwa 45 Einwohner zu rechnen sind. Wiesa ist wie Bernbruch, Lückersdorf und Gelenau nach Camenz eingepfarrt und zu dem dasigen Gerichtsamt geschlagen. Im J. 1451 kaufte die Stadt Camenz die an der preussischen Grenze bei Bernsdorf gelegene Waldung, das Langeholz genannt, von Peter Hänseln. Am Montage nach Judica erfolgte die Belehnung durch den Landvoigt Hans von Colditz. Im Pönfall ward es der Stadt genommen, aber am 19. Octbr. 1549 wiedergegeben. Sein Flächenraum beträgt 221 Acker 277 ◻Ruthen.

Grüngräbchen, 31/4 Stunde nordwestlich von Camenz hart an der preussischen Grenze bei Wendisch-Sella, am Zusammenflusse des Gross-Graber Baches und des Schwarzwassers und von wohlbestandener Waldung umgeben, hiess in alten Zeiten Klein-Gräbchen. Dorf und Rittergut sind nach dem 3/4 Stunden entfernten Schwepnitz eingepfarrt und haben 310 Einwohner in 35 Häusern. Im 15. Jahrhundert war Grün- oder Klein-Gräbchen ein Besitzthum der Familie von Blossdorf. Hans von Blossdorf hinterliess einen unmündigen Sohn Riehle, dessen Vormund Heintze v. Blossdorf Klein-Gräbchen im J. 1476 an die Stadt Camenz für 901 Thaler verkaufte. Der Landvoigt Stephan von Zapolin ertheilte der Stadt lt. Originalurkunde d. d. Budissin, 1476, Freitags n. Pfingsten, die Lehn darüber. Wie lange Grün-Gräbchen ein Besitzthum der Stadt Camenz geblieben sein möge, ist nicht nachzuweisen. Wenn es bereits, wie angegeben wird, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts einem sonst unbekannten Rudolph v. Gersdorf gehörte, so wäre ein Verkauf vor Eintritt des Pönfalls anzunehmen. Aber weder diese Annahme, noch die Vermuthung, dass Rudolph von Gersdorf erst in Folge des Pönfalls zu dem Besitze gelangte, lässt sich auf ein urkundliches Zeugniss stützen. Später besass es die Familie von Bünau und zwar: Günther v. Bünau, bis 1629 Rudolph v. Bünau, dann Elisabeth v. Bünau und am 6. März 1679 verkaufte es Rudolph v. Bünau an Hans Julius v. Burkersrode. Im J. 1681 erkaufte es Maximilian Freiherr v. Schellendorf auf Königsbrück, worauf es im J. 1727 an den Graf Friedrich v. Friesen, 1773 an die Grafen v. Redern und 1802 an Johann Gottlieb von Wolff gelangte. Letzterer erbaute im J. 1806 auf einer verödeten Anhöhe bei dem Dorfe ein neues Herrenhaus. Ihm folgte seine Wittwe Eleonore Friederike v. Wolff. Seit 1856 ist Herr Wilhelm Rudolph Oscar Platz Besitzer des erkauften Allodial-Ritterguts Grün-Gräbchen. In der Dorfflur liegen ansehnliche Teiche, welche wohlschmeckende Karpfen liefern. Grün-Gräbchen gehört in das Gerichtsamt Königsbrück.

Ueber Deutsch-Baselitz, welches von 1486 bis 1547 der Stadt Camenz gehörte, vergleiche man S. 181. Als Afterlehn der Herren von Camenz war Deutsch-Baselitz in den Händen der Familie v. Blossdorf (oder Bloschdorf). 1432 kommen vor: Nickel und Friedrich von Blossdorf auf Baselitz, Heinze v. Blossdorf, Scharfheinze genannt, war der letzte Besitzer aus dieser Familie bis 1486. Schon 1475 hatte der budissinische Bürgermeister Benedict Dörheide, die Anwartschaft auf den Lehnsheimfall erlangt, allein die Stadt Camenz kaufte Deutsch-Baselitz als heimgefallenes Lehn lt. Originalurkunde d. d. Gorlitz 1486, Montags n. Invocavit, für 900 rhein. Gulden vom Landvoigt Georg von Stein. - Jetzt zählt Deutsch-Baselitz 273 Einwohner.

Biehla, die letzte Erwerbung der Stadt Camenz seit 1524, ist gleichfalls oben S. 179 besprochen worden.

Im Vergleiche zu allen diesen genannten Besitzungen ist das, was K. Ferdinand I. der Stadt nach dem Pönfall aus Gnaden zurückgab: das Langeholz, der Zschorner Forst und die Antheile von Bernbruch und Wiesa, nur gering zu nennen und die Stadt war auch in Zukunft bei so geschmählertem Einkommen kaum im Stande, neue Erwerbungen zu machen. Als sie Lückersdorf zu kaufen Gelegenheit hatte, bedurfte es der landesherrlichen Erlaubniss, dazu 2000 Thaler borgen zu dürfen.

Glücklicher, als in Camenz, waren die Verhältnisse, welche die Stadt

Löbau

bei Erwerbung ihres Grundbesitzes begünstigten. Wenn auch die Geschichte von den Fabeln über Löbau’s Begründung abzusehen hat, so gilt diese Stadt gleichwohl nicht mit Unrecht als die älteste der s. g. Oberlausitzischen Sechsstädte. Löbau’s Umgegend gehört zu den frühest angebauten Landstrichen der Oberlausitz, denn die dasigen Dörfer, wie schon die Kleinheit der Fluren beweist, sind uralte Anlagen und der Umstand, dass Löbau keine Burg hatte, wie es bei den übrigen Sechsstädten der Fall war, lässt mit Wahrscheinlichkeit folgern, dass die erste Begründung des Ortes selbst vor der Eroberung des Landes durch die Teutschen geschehen sein müsse. Gleichwohl wird Löbau in Urkunden nicht früher genannt als im J. 1221, aber als Sitz eines die Gerichtsbarkeit ausübenden Voigtes. Diese frühe Bedeutsamkeit gereichte dem strebsamen Orte in der Folge zu innerer Kräftigung. Der bedeutende in den J. 1306, 1317 und 1397 erweiterte Gerichtssprengel erhöhte das Ansehen der Stadt und die in Verbindung mit den übrigen Sechsstädten wohlbenutzten Vorrechte erzeugten Wohlstand, welcher die Stadt alles über sie in reichlichem Maasse verhängte

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/368&oldid=- (Version vom 17.10.2016)