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Hänsel verkauft. Der Ort ist vorzüglich durch seine Obstzucht ausgezeichnet und zählt jetzt in 63 Häusern 353 Einwohner.

Ein so reicher Grundbesitz musste in der Zeit, wo die auf Privilegien beruhende Herrlichkeit noch Etwas galt, das politische Gewicht bedeutend vermehren und es konnte nicht fehlen, dass er der Stadt Zittau unter dem Schutze der vormaligen Verfassung der Oberlausitz eine gewisse Selbstständigkeit sicherte und durch die reichen Mittel, die er gewährte, die Unterhaltung eines stattlichen Gemeinwesens in wirksamer Weise unterstützte. Die obrigkeitliche Gewalt über die Erbunterthanen, die Obergerichtsbarkeit, die Consistorialgewalt und Collatur, die Standesgerechtigkeit, die freie Rathswahl, die Befreiung von der Rechnungsablegung, die Marktprivilegien, die Ausschliesslichkeit des Handels und der Gewerbthätigkeit und andere wohlbenutzte Stadtrechte waren die Quellen nicht allein des städtischen Wohlstandes, sondern auch eines vielbeneideten Ansehens. Von alle Dem, was die Stadt im Laufe der Zeit blühend gemacht hatte, musste veränderten Zeitansichten gar Vieles zum Opfer gebracht werden und mit den Veränderungen, welche die constitutionelle Verfassung Sachsens hervorrief, mit der Aufhebung der Erbunterthänigkeit, mit dem Uebergange der Gerichtsbarkeit an den Staat, u. s. w. ist jene Selbstständigkeit des Stadtregiments, worauf die Vorfahren mit Selbstbewusstsein blickten, grösstentheils verloren gegangen. Es ist hier nicht der Ort, diese Veränderungen in einem geschichtlichen Bilde zur Anschauung zu bringen oder an ihnen nachzuweisen, was etwa das Zittauische Gemeinwesen gewonnen habe; wenden wir uns vielmehr zur Schwesterstadt


Camenz,

deren Blüthe schon bei dem Pönfalle zu Grabe getragen wurde. Camenz verdankt seine Entstehung zunächst wohl der Burg Camenz, dem Stammsitze des im 13. und 14. Jahrh. hochangesehenen und reichbegüterten Geschlechts der Herren von Camenz. Abhängig von diesen Herren, obwohl ihnen der aufblühende Ort seit 1255 Stadtrecht verdankte, konnte Camenz nur dann erst zu einiger Bedeutung gelangen, nachdem sie von den Herren von Camenz im Jahre 1318 an Markgraf Woldemar von Brandenburg verkauft worden und seit 1319 mit dem Uebergange der Herrschaft an Böhmen in die Reihe der vom Reiche untrennbaren Städte eingetreten war. Schon 1346 fühlte sich die Stadt mächtig genug, dass sie mit Budissin, Görlitz, Zittau, Lauban und Löbau zu gegenseitigem Schutze jenes Bündniss schliessen konnte, welches für die Entwickelung der s. g. Sechsstädte nach Innen und Aussen so wichtig werden sollte. Auf grosse Ausdehnung war Camenz freilich schon der ersten Anlage nach nicht berechnet, denn die Stadtflur enthielt ursprünglich ohne die Burg und das Burglehn vielleicht kaum 1500 Acker; indessen wusste die Stadt ihre Privilegien geltend zu machen und sie würde in ihrem Bestreben, durch Grundbesitz sich zu stärken, nicht weniger glücklich gewesen sein, als ihre Mitschwestern, wenn es nicht oft genug ihr widriges Schicksal gehindert hätte. Kriegselend und Fehdenoth, die Zerwürfnisse mit den adligen Insassen des Burglehns, welche sich im J. 1407 damit endigten, dass die erbitterten Bürger das Burglehn stürmten und ihre Quäler in einer Nacht erschlugen, Hungersnoth und bösartige Seuchen, Brände, welche die Stadt in den J. 1255, 1406, am 5. Mai 1542, am 3. August 1572, am 11. Juni 1707, am 28. April 1741 und am 4. und 5. August 1842 in verheerender Weise heimsuchten, der kostspielige Rechtsstreit mit Budissin wegen des Salzmarkts seit 1507 und so manche andere Sorgen liessen den Vätern der Stadt keine Mittel übrig, den Grundbesitz zu vermehren, und was die Sparsamkeit in wenigen glücklichen Jahren erworben, ging durch den Pönfall unwiederbringlich verloren. Zur Zeit jenes unglücklichen Ereignisses besass die Stadt Camenz, geringerer Erwerbungen nicht zu gedenken, folgende Dörfer, Dorfantheile und sonstige Grundstücke:

Bernbruch 1/2 Stunde nördlich von Camenz an der schwarzen Elster, zur Hälfte. Man rechnet zum Stadtantheil 15 Hufen; die kleinere Hälfte gehört dem Kloster St. Marienstern. Einen Theil davon erkaufte die Stadt bereits im J. 1361 von Bernhard Herrn zu Camenz. Die Urkunde bezeichnet ihn als „lehn mit dem geniese an den Garten zu Bernbruch, die zu der vieweyde geschlagen sind, seinen Theil an Patchau vnd den acker disseit dem gerichte.“ Den Haupttheil erwarb die Stadt im J. 1443 von Nickel von Haynitz, dem Stiftsohn Borso’s von Camenz, zum Besten des Camenzer Gotteshauses und dieses mag der Grund gewesen sein, weshalb die Stadt bei ihrer Begnadigung am 19. October 1549 diese Hälfte von Bernbruch wieder erhielt und noch heutigen Tags besitzt. Die letzte Volkszählung vom J. 1858 ergab 263 Einwohner, wovon auf den Stadttheil etwa 170 kommen.

Die Hälfte der Rittergüter Prietitz, 1 Stunde südlich von Camenz. Der Landvoigt Thimo von Colditz belehnte im J. 1430 die Stadt mit dieser Hälfte. Nach dem Pönfalle mag sie an die von Ponikau gekommen sein, welche bereits im J. 1420 im Besitze der anderen Hälfte waren. Der Vorbesitzer des Stadtantheils, Martin von Ewnaw, soll der Stadt Camenz seinen von den Hussiten verwüsteten Antheil von Prietitz verkauft haben. Die Stadt blieb nicht in unangefochtenem Besitze von Prietitz; im J. 1508 hatte sie wegen eines Stückes Waldes daselbst Streit mit den Brüdern Hans und Nickel v. Ponikau auf Elstra und Prietitz, welcher so ernsthaft zu werden drohte, dass der Landvoigt Siegmund von Wartenberg bewaffnet eingeschritten sein würde, wenn die Stadt Budissin den Streit nicht vermittelt hätte. Prietitz gehört übrigens zu den wenigen Rittergütern, welche Jahrhunderte lang in ununterbrochenem Besitze einer Familie gewesen sind. Die Reihe der Besitzer, von welchen manches Merkwürdige zu erzählen wäre, wenn es der Raum gestattete, beginnt ein Hans von Ponikau, welcher urkundlich im J. 1420 genannt wird. Ihm folgte seine Sohn Nickel v. Ponikau 1450 und noch 1490, dann dessen Sohn Nickel v. Ponikau, 1516 Landesältester, ferner dessen Sohn 2. Ehe, Hans v. Ponikau und dessen Sohn Hans Wolf v. Ponikau, welcher im J. 1617 starb. Hierauf gelangte Prietitz an seinen Vetter Hans Fabian v. Ponikau, bekannt als einer der Oberlausitzischen Defensoren, welche den als König von Böhmen gewählten Churfürst Friedrich von der Pfalz anerkannten. Nach der Schlacht am weissen Berge ward er in die Acht erklärt, musste seine Güter zwei Jahre lang wegen der Strafsumme von 20,000 Gulden sequestriren lassen und erhielt erst später Verzeihung. Er starb um 1633 und war in 2 Ehen Vater von 30 Kindern. Auf Prietitz folgte ihm sein Sohn Wolf von Ponikau bis 1643, dann dessen zweite Gemahlin Sophie v. Minckwitz bis 1649 und nach ihr die Söhne Wolf Heinrich, Wolf Magnus und Wolf v. Ponikau. Im J. 1657 ward der Oheim Valentin Nickel v. Ponikau, Klostervoigt zu St. Marienstern, Herr auf Prietitz und im J. 1674 dessen Sohn Hans Friedrich v. Ponikau, welcher 1685 starb. Seine Wittwe Luise Amalie v. Nostitz vermählte sich 1690 mit Johann Georg v. Ponikau auf Oppitz und überlebte diesen seit 1697 fast noch 30 Jahre. Sie hatte ihren Sohn zweiter Ehe, den Appellationsrath Johann Georg v. Ponikau zum Nachfolger bis an seinen Tod 1741. Ihm folgte seine Wittwe Sophie Auguste v. Heynitz † 1771, sein Schwiegersohn der Landvoigt Hieronymus Friedrich v. Stammer † 25. Decbr. 1777, dessen Wittwe Johanne Auguste v. Ponikau, † 1781 und ihre 3 Kinder: Amalie Sibylle Eleonore verwittwete Reichsgräfin Vitzthum v. Eckstädt † 1795, Friedrich Adam v. Stammer † 1802 und Auguste Friederike Magdalene verwittwete Gräfin von der Schulenburg † 1809. Hierauf fiel Prietitz an die Tochter des Letzteren, Johnne Friederike Luise Gräfin von Einsiedel und nach ihrem Tode 1832 an deren Tochter Auguste Gräfin von Bünau jetzt vermählte Sahrer v. Sahr. Die letzte Zählung ergab 71 Häuser und 368 Einwohner, welche vorzüglich Flachsbau treiben und vom Flachsspinnen und Garnverkauf guten Erwerb haben. Die Kirche in Prietitz soll bereits im J. 1280 gegründet worden sein.

Schloß Camenz und das Burglehn. Die unmittelbare Nähe einer fremden Herrschaft konnte dem Gedeihen der selbstständig gewordenen Stadt nicht förderlich sein und dass die Stadt nicht ungerechte Klagen über die Bewohner des Burglehns zu führen hatte, wurde schon oben bemerkt. Die Selbsthülfe der Bürger veranlasste zwar eine strenge Untersuchung, die Stadt verlor sogar die freie Rathskür, erhielt aber zuletzt noch königliche Verzeihung und die Herren v. Camenz mussten das Burglehn der Bürgerschaft überlassen. Zum Ankaufe des Schlosses selbst gab K. Siegmund der Stadt bereits im J. 1426 unbeschränkte Erlaubniss, aber erst 1432 konnte davon Gebrauch gemacht werden, nachdem die Stadt bei dem Hussitensturme 1429 noch hatte erfahren müssen, dass eine verrätherische Burg ihr keinen Schutz gewähre. Ungern mag das sinkende Geschlecht der Herren von Camenz sich seines Stammsitzes entäussert haben, allein geldbedürftig musste Borso v. Camenz endlich in den Verkauf willigen. 206 Mark Groschen war der Preis, der Baumgarten und ein Freihaus in der Stadt der Vorbehalt auf Lebenszeit, damit er einen Ort habe, wo er über seine Unterthanen zu Gericht sitzen konnte. Nach Borso’s Tode gelangte der Baumgarten und das Freihaus gleichfalls an die Stadt. Die

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/367&oldid=- (Version vom 17.10.2016)