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16,000 Thaler und 100 Gulden Schlüsselgeld erkaufte, gehörte von jeher zu den grössten Dörfern der zittauischen Pflege, denn schon um 1570 zählte es 88 Wohnhäuser. Ueber das dasige Rittergut fehlen alle Nachrichten. Da die letzten adeligen Besitzer von Seifhennersdorf nie hier wohnte, so mag der herrschaftliche Grund und Boden frühzeitig in kleinere Grundstücke ausgethan worden sein. Die Seifhennersdorfer Unterthanen hatten ihre Hofedienste nach Rumburg zu leisten. Als früheste Besitzer Seifhennersdorfs kommen vor: die Brüder Benedict und Wenzel von Yben (Ybaw oder Eibau) im J. 1405. Wahrscheinlich gehörten sie zur Familie von Gersdorf, welche sich damals häufig nach ihren Rittersitzen benannte, hier also von Yben oder Eibau, weil sie Eibau besassen und daselbst wohnten. Ihre Nachfolger sind noch unerforscht und man weiss nicht, wann und wie Seifhennersdorf an die von Schleinitz gekommen sei. Früher als die von Schleinitz den Tollenstein kauften mag es nicht geschehen sein, und wir finden die reiche und angesehene Familie erst nachher in dem Besitze aller der Dörfer und Güter jener Gegend, welche gewöhnlich das Schleinitzer Land hiess. Es gehörte dazu der Tollenstein, Oberhennersdorf, Rumburg, Schluckenau, Hainspach, Georgswalde, Eberbach, Warndorf u. a., wenn auch nicht gleichzeitig, doch im Laufe der Zeit. Von den Herren v. Schleinitz, welche Seifhennersdorf, oder Niederhennersdorf im Seifen besassen, sind folgende: Heinrich von Schleinitz, sächsischer Obermarschall, ein Bruder des Bischofs Johann VII. von Meissen, derselbe, welcher seinen Antheil von Oderwitz an die Coelestinermönche zu Oybin verkaufte. Er starb am 14. Jan. 1518. Im gemeinschaftlichen Besitze seiner hinterlassenen Güter und Herrschaften folgten ihm seine Söhne Ernst, Dompropst zu Prag und Meissen, Wolf, Christoph, Hans und Georg v. Schleinitz. Im J. 1523 verkauften sie die Herrschaft Pulsnitz an die Gebrüder von Schlieben und 1524 die Herrschaft Hohnstein an Ernst von Schönburg. Dass nach dem Tode der Brüder Wolf und Hans im J. 1525 eine Sonderung eingetreten wäre, scheint nicht der Fall gewesen zu sein, denn noch im J. 1531 schlossen die Gebrüder von Schleinitz wegen der Obergerichtsbarkeit zu Seifhennersdorf mit dem Stadtrathe zu Zittau einen Vergleich. Georg von Schleinitz ist merkwürdig als Begründer des böhmischen Städtchens Georgenthal. Er starb am 27. September 1563 zu Rumburg. Im Besitze von Seifhennersdorf folgte ihm Heinrich v. Schleinitz und dann Christoph v. Schleinitz, ein frommer, wohlwollender Herr, und besonders deshalb verdient, dass er im J. 1579 der Kirche zu Seifhennersdorf eine beträchtliche Strecke Wald schenkte und die Pfarrwiedemuth verbesserte. Im J. 1575 verkaufte er Niederleutersdorf an den Zittauer Rathsherrn Joachim von Milde. Die Zeit seines Todes ist unbekannt, auch von seinen Familienverhältnissen weiss man nichts. Sein Nachfolger Joachim von Schleinitz verkaufte im J. 1584 den grossen Teich zu Seifhennersdorf an den Zittauer Rath und ist bald nachher gestorben. Ihm folgte Christoph von Schleinitz, der letzte Besitzer und bereits obengenannte Verkäufer Seifhennersdorfs. Der Verkauf geschah mit Genehmigung seines Bruders Hans Haubold v. Schleinitz, welcher auch die Urkunde d. d. Rumburg d. 25. Juni 1584 mit unterzeichnete. Unter zittauischer Herrschaft, namentlich zur Zeit des 30jähr. Kriegs, ward Seifhennersdorf der Zufluchtsort Tausender vertriebener Protestanten aus Böhmen und der Pfarrer Marin Felmer pflegte öfters vor diesen Exulanten in czechischer Sprache zu predigen. Nicht Alle konnten hier eine Heimath finden, aber Viele wurden die Stammväter eines grossen Theils der jetzigen Bewohner. Um das J. 1600 betrug die Einwohnerzahl etwa 1000, um das J. 1700 aber schon 24000 und im J. 1800 4118, während die letzte Zählung vom J. 1858 6027 Einwohner ergab. Da der Ackerbau nicht hinreichende Beschäftigung giebt, so finden sich hier zahlreiche Weber von Leinen- und Baumwollen-Waaren und die hier gedrechselten Spinnräder und Spillen sind ein gesuchter Ausfuhrartikel. Den reichbevölkerten und gewerbfleissigen Ort ziert die in den J. 1796-1800 neuerbaute Kirche.

In chronologischer Folge führt uns nun die weitere Betrachtung nach Gross-Schönau, von dessen Merkwürdigkeiten viel zu sagen wäre, wenn es der Raum gestattete und wenn nicht gegenwärtige Darstellung sich lediglich mit dem zu befassen hätte, was den vormaligen und jetzigen Zustand der Rittergüter kennen lehrt. Wie fast überall, so weiss man auch von Gross-Schönau’s Ursprung nichts. Von drei in der Flur Gross-Schönau’s gelegenen Vorwerken haben wir historische Kunde; von einem vierten spricht wenigstens die Sage. Das niedere Vorwerk auf dem linken Ufer der Mandau unterhalb des Hutberges hatte die Rittergutsqualität und hier befand sich der mit Wall und Graben umgebene Rittersitz an der Stelle, die noch der Hof heisst. Das zweite Vorwerk lag an demselben Mandau-Ufer, aber oberhalb des Hutberges. Die frühesten Nachrichten nennen es das wüste Vorwerk, ohne Angabe, wie es wüst geworden sein mag. Ein Ueberrest desselben, seitdem lt. Urkunde d. d. Mittw. n. Ostern 1545 die Felder vom Erbherrn Thiele Knebel unter drei Bauern parcellirt wurden, ist der s. g. Knobelsbusch, welcher bis zur Grenzausgleichung zwischen Sachsen und Böhmen als böhmische Enclave galt. Das obere Vorwerk lag dem wüsten Vorwerk gegenüber auf dem rechten Mandau-Ufer dem niedern Vorwerk gegenüber. Als Bestandtheil desselben gilt das jetzt dem Bauer Steudner gehörige Gut, welches noch im 16. Jahrhunderte manche herrliche Vorrechte besessen zu haben scheint. Von Parcellirung dieses Vorwerks hat sich keine Nachricht erhalten, so dass sich der Umfang desselben nicht mehr ermitteln lässt. Zum eigentlichen Rittergute gehörten ausser der Waldung die obere Mühle mit der Mühlwiese und die Steinmühle und der Gerichtskretscham war herrschaftliches Lehn, welches erst im J. 1807 in Erbe verwandelt wurde. Gross-Schönau war in ältern Zeiten im Besitz der Burggrafen von Dohna, ob aber der nächstbekannte Erbherr Heinrich von Maxen, welcher im J. 1419 vorkommt, dasselbe afterlehnsweise besass, weiss man nicht. Seine unmittelbaren Nachfolger sind gleichfalls unbekannt. Im 16. Jahrhundert gehörte Gross-Schönau der Familie v. Uechtritz, von denen im J. 1515 Hans v. Uechtritz und seit 1518 Anton v. Uechtritz Erbherren waren. Letzterer vergrösserte den herrschaftlichen Grund und Boden, indem er von Balthasar Uechtritz das Obervorwerk kaufte, welches vormals „dem aldin luckisse“ gehört hatte und von dessen Erben im J. 1515 an balczar vchtricz übergegangen war. Anton v. Uechtritz besass Gross-Schönau bis 1530. Ihm folgte Thiele Knebel auf Warnsdorf. Mit Hainewalde ward er Freitags nach Empfängniss Mariae 1529 belehnt. In Gross-Schönau legte er 1529 den Pitzschelteich an und nach seinem Namen nannte man die vorbehaltene Waldung des wüsten Vorwerks den Knobelsbusch. Er starb 1545 ohne männliche Erben, weshalb seine Güter an K. Ferdinand I. fielen und von diesem dem kaiserl. Rath und Amtshauptmann zu Budissin Dr. Ulrich von Nostitz auf Unwürde und Ruppersdorf für 5000 Gulden überlassen wurden. Ueberdies musste er für die Ansprüche der Wittwe und der Gebrüder und Vettern von Lindenau noch 4500 Gulden bezahlen. Am 20. Sept. 1546 erfolgte die Belehnung. Mittwochs nach Luciae 1546 verkaufte er das obere Vorwerk mit Vorbehalt der Waldung an Merten Thirmer für 750 Zitt. Mark und im J. 1549 setzte er von herrschaftlichem Grund und Boden mehrere Gartennahrungen aus. Seinen Einfluss benutzte er namentlich beim Pönfall zum Nachtheil der Sechsstädte, von deren Gütern er Antheile von Ober- und Niederoderwitz, Gross- und Klein-Schweidnitz, Gorgowitz und Bertsdorf zu erwerben wusste. Bei seinem Tode am 13. Oct. 1552 hinterliess er ausser 2 Töchtern 6 Söhne: Reinhold, Otto, Hans, Christoph, Joachim und Hertwig, welche zum Theil noch unmündig waren. Deshalb blieben die hinterlassenen Güter in gemeinschaftlichem Besitze, bis sie im J. 1564 getheilt wurden. Hertwig von Nostitz erhielt Gross-Schönau und Bertsdorf. Er beförderte die Vergrösserung des Dorfes durch Aussetzung neuer Grundstücke und begünstigte die Aufnahme Fremder, welche sich hier ansässig machen wollten. Um das J. 1585 erwarb er das niedere Gut Warnsdorf und entschloss sich aus unbekannten Gründen, Gross-Schönau und Bertsdorf zu verkaufen. Die Gelegenheit, ein vormaliges Stadtgut wieder zu erlangen, liess sich die Stadt Zittau nicht entgehen. Die Kaufunterhandlungen führten am 14. Jan. 1587 zum Abschluss, wonach die Stadt Zittau dem Verkäufer für beide Güter Gross-Schönau und Bertsdorf 26,000 Thaler gewährte. 500 Thaler für das Vieh und 100 Ducaten Schlüsselgeld zahlte. Ausgeschlossen von diesem Verkaufe blieb allein der s. g. Knobelsbusch, und weil die obwaltenden Umstände in Vergessenheit kamen, so ward er später als ein Pertinenzstück von Warnsdorf und zur Herrschaft Rumburg gehörig angesehen. Man vergass oberlausitzischerseits den ausländischen Besitzer des Knobelsbusches zur Mundgutssteuer zu ziehen und darum ward der Knobelsbusch eine böhmische Enclave. Territorialrechtlich durfte bei der letzten Grenzregulirung keine Entschädigung dafür gefordert und gewährt

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/364&oldid=- (Version vom 9.10.2016)