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das der König wiederum zurückwies. Zitternd traten endlich die Deputirten in den Audienzsaal, wo der König, neben sich die Prinzen, auf dem Throne sass, und die demüthig auf die Kniee niedersinkenden Lausitzer mit finsteren Blicken schweigend ansah. Der Bürgermeister von Budissin, Dr. Franz Göritz hielt darauf an die königliche Majestät, die Prinzen und die versammelten Räthe eine wehmüthige Rede, worauf abermals ein Fussfall der Deputirten erfolgte, so dass mehrere der königlichen Räthe ihre Rührung nicht verbergen konnten. Der König sprach hierauf einige nicht eben ungnädige Worte, und begab sich mit den Prinzen und Räthen in ein Nebengemach, die Deputirten aber liess man auf den Vorsaal treten, wo bald der Schlosshauptmann, Wolf von Neuhaus, mit Trabanten erschien, und die Sechsstädter in anständigen Arrest brachte. Franz Göritz von Budissin, Franz Schneider von Görlitz, Conrad Nesenus von Zittau, Abrosius von Lauban, Andreas Günther von Camenz, Georg Wellisch von Bautzen und Nikolaus Dornspach von Zittau erhielten ihre Haft im Schlosse, die Uebrigen in einem Lokale der Stadt.

Nachdem die Deputirten mehrere Tage in Gefangenschaft gelebt hatten, wurden sie nach verschiedenen Böhmischen Städten gebracht, um dort wegen muthmasslichen geheimen Einverständnisses mit den widerspenstigen Böhmen vernommen zu werden, und endlich erhielten sie Sr. Majestät Bescheid, der indessen durchaus nicht tröstlich lautete. Der König verlangte, die Sechsstädte sollten ihm alle Privilegien, Freiheiten, Aussetzungen, Ordnungen und Statuten zu Händen stellen, und dagegen erwarten, was ihnen aus Gnaden zurückgegeben und zugeordnet werden möchte; dann sollten sie alles Geschütz, Pulver, Munition und sonstiges Kriegsmaterial ausliefern, und ebenfalls erwarten, was ihnen der König davon zurückgeben würde. Ebenso verlangte Ferdinand Abtretung aller städtischen Lehn- und Landgüter, die Verschreibung eines ewigen Biergeldes, Aushändigung aller noch verhandenen Kirchenkleinodien, Stiftungsgelder, Güldbriefe und ähnlicher Dokumente, sowie Erlegung einer Summe Strafgeldes, wovon Budissin 20000, Görlitz 40000, Zittau 20000, Lauban 10000, Löbau 5000 und Camenz 5000, also alle sechs Städte zusammen 100000 Gülden zahlen sollten. Zur Eintreibung des Geldes wurden sofort Reiter auf Execution nach den Städten gesendet.

Nach ausgesprochener königlicher Sendenz, wurden zwei Deputirte jeder Stadt auf freien Fuss gesetzt, und nach der Heimath geschickt, um den Gemeinden des Königs Willen mitzutheilen, die Uebrigen mussten in Haft bleiben, bis die Angelegenheit zu Ende gebracht war. Mit der Vollziehung des königlichen Befehls waren beauftragt: Dr. Abraham Ulrich von Nostitz auf Unwürde, Landeshauptmann, Nikolas von Metzrad auf Hermannsdorf, Hofrichter, und Dr. Georg Mehl, Vicekanzler. Diese Commissaire übernahmen in den Zeughäusern der Sechsstädte alles Kriegsmaterial, sprachen die Unterthanen der städtischen Ritter- und Landgüter von den Pflichten gegen ihre bisherigen Herren los und ledig, und liessen sie dem König Ferdinand einen Huldigungseid schwören. Bald waren auch sämmtliche Kirchenschätze und wichtigen Stiftungsdokumente in ihren Händen, und nachdem die sechs Städte einen Theil der verlangten Summe gezahlt hatten, trafen die zu Prag in Haft gehaltenen Rathsherren und Zunftgenossen bei den Ihrigen gesund und munter wieder ein.

Zu den erbittersten adeligen Feinden der Sechsstädte, gehörte auch der Dr. Abraham Ulrich von Nostitz auf Unwürde. Als die bekümmerten Deputirten ihm erklärten, es sei geradezu unmöglich eine so ungeheure Summe in der bestimmten kurzen Frist herbeizuschaffen, erwiderte der Landeshauptmann: es wäre ein gar Leidliches, das sie erlegen müssten, er getraue sich aus einer einzigen Commun wohl ein Mehreres herauszupressen, hätte doch die Stadt Prag bei diesem Pönfall 100000 Thaler bezahlen müssen. Sie würden ohne Zweifel dem zur Zeit gefangenen Churfürsten von Sachsen damals ein Mehreres entrichtet haben, wenn es dazu gekommen wäre, eine Contribution zu erheben. Nun könne es ja der König Ferdinand von ihnen, als seinen Unterthanen, mit viel grösserem Rechte verlangen, deshalb sollten sie sich nur nicht sperren, sondern die Pönalartikel unverzüglich erfüllen. Wollten sie übrigens mit der königlichen Majestät noch rechten, so würde morgen das Kammergericht bestellt, und ihnen eine Criminalklage zugefertigt werden! – Ausserdem wurden die Rathspersonen sämmtlicher Städte ihrer Aemter entsetzt, und erst nach Jahresfrist wieder zu einer Neuwahl geschritten, welche die obengenannte königliche Commission unter dem Vorsitze des Dr. von Nostitz zu leiten hatte. – Die glücklichen Unternehmungen des Churfürsten Moritz von Sachsen, gegen Kaiser Carl V., zwangen endlich den König Ferdinand mit den Sechsstädten wieder in ein freundlicheres Verhältniss zu treten, und nach Erlegung bedeutender Geldsummen an die erschöpfte königliche Schatzkammer, empfingen die Städte ihre Rechte und Freiheiten, sowie einen Theil der verlornen Güter zurück.

Durch die Rauhheit, welche Dr. Abraham Ulrich von Nostitz, gegen die Sechsstädte gezeigt, und durch Ankauf mehrerer ihrer confiscirten Güter, hatte er sich den furchtbarsten Hass der Bürger zugezogen, so dass er in beiden Lausitzen, wie in Böhmen unter dem Namen des Städtefeindes bekannt war. Bei der Versöhnung des Königs mit den Städten lag deren Feind bereits im Grabe († 13. October 1552), aber der Grimm des Volkes erfand schauerliche Sagen, worin der gehasste Mann eine schreckliche Rolle spielte. Da an des Landeshauptmanns Sterbetage ein furchtbarer Orkan wüthete, so gab es später eine Menge Leute, die ganz deutlich gesehen haben wollten, wie der böse Geist während des Sturmes mit schrecklichem Geheul den Städtefeind aus dem Schlosse zu Ruppersdorf, seinem Wohnsitze, in die Lüfte entführte, und daselbst martervoll erwürgte. Andere hatten um die Mitternachtsstunde den todten Landeshauptmann in einem, von gespenstigen Rossen gezogenen Wagen durch die Luft nach Unwürde ziehen und bald darauf wieder in seine Todtengruft zurückkehren sehen, und nicht selten erschreckte der ruhelose Geist des Städtefeindes einsame Liebespärchen und nächtliche Schwelger.

Nach dem Tode Joachims von Nostitz kam Unwürde an die Familie der Herren von Hund und Altengrotkau, indem des Verstorbenen Tochter mit Wenzel von Hund und Altengrotkau auf Ramske, Jeschkendorf, Wilschke, Tetschkendorf etc., Oberamtsrathe des Herzogs Johann Christian von Liegnitz und Brieg, sowie Landesältestem des Herzogthums Liegnitz, vermählt war. Unwürde gelangte 1625 an Wenzel Heinrich von Hund und Altengrotkau, des Vorigen Sohn, welcher auch noch Mönau, Obergebelzig, Grossschweidnitz, Laucha, Georgewitz und Dolgowitz besass. Er wurde in Polnisch-Lissa erzogen, nahm gegen Ende des dreissigjährigen Krieges im Regimente Brederode Dienste, und kehrte nach erfolgtem Frieden auf seine Güter zurück, wo er im