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eröffnet, welcher jedoch ohne Erfolg blieb. Oestreich erklärte sich am 19. Aug. als Feind. Deutschland und halb Europa frohlockte über den Entschluss des Kaisers von Oestreich. Dreimalhunderttausend Gewaffnete mehr erschienen jetzt auf dem Kampfplatz.

Die aufgestellten Heermassen erschienen stark genug, eine Welt zu besiegen oder zu erdrücken. An 800,000 bewaffnete Krieger wurden auf der ungeheuren Linie von der Ostsee bis nach Italien dem französischen Heere gegenüber aufgestellt, welches aus 800,000 Streitern bestand.

Noch einmal traf Napoleon mit trefflich geführtem Schlag seine übermächtigen Feinde. Diese unter Schwarzenberg’s Führung mit grossen Massen aus Böhmen kommend, drangen bis Dresden und erlitten dort die ewig denkwürdige Niederlage durch den Kaiser der Franzosen. Vor und nach diesem Kampfe litt die hiesige Gegend ebenfalls vorzüglich durch die herumstreifenden Marodeurs.

Glücklich ist der zu preisen, der eine solche Zeit nicht mit verleben musste.

Wurschen ist mit Cortnitz Wuischke, Nechern, Belgern, Drehsa, Rackel, Briessnitz, Cannewitz, Weicha nach Gröditz eingepfarrt.

Die Collatur von Kirche, Pfarre und Schule ruht auf den beiden Rittergütern Nechern und Gröditz.

Die Kirche ist schon lange vor der Reformation erbaut und seit dem Jahre 1790 auf den alten Grundmauern völlig erneuert. Alterthümer und Denkmäler von geschichtlichem Werthe sind weder in der Kirche noch auf dem Kirchhofe vorhanden.

Seit dem Jahre 1826 befindet sich in der Parochie eine Nebenschule in Wurschen. Das von der damaligen Besitzerin des Ritterguts Wurschen, der Fr. Friederike Louise Christiane verw. Kammerherrin von Thielau überlassene Haus hat im Jahre 1838 und 1839 eine zweckmässigere Einrichtung erhalten.

Die Zahl der Schulkinder, welche hier unterrichtet werden, beträgt 150.

Die Collatur über die Schulstelle ist mit dem Besitze des Gutes Wurschen verbunden.

Eine andere Nebenschule dieser Parochie befindet sich zu Rackel.

Der Gottesdienst in Gröditz wird, da die Parochie aus Wenden und Deutschen bestehen, an jedem Sonn- und Festtage zuerst in wendischer und gleich darauf in deutscher Sprache gehalten.

Die ganze Kirchfahrt hat einen gemeinschaftlichen Begräbnissplatz, der die Kirche rings umgiebt und den Ruhestätten darauf durchgängig eine felsenfeste Grundlage gewährt.

In der Nähe von Gröditz befindet sich der berühmte Berg, Czernebog oder auch Frageberg genannt. Dieser Berg, wendisch Praschiza, Praschiwa Hora, auch Czerneboh genannt − ist nicht nur im Bereiche der Parochie, sondern auch in der Reihe der Berge, die rechts der Strasse von Bautzen nach Löbau liegen, der höchste Punkt und verdient sowohl wegen der schönen Aussicht, als auch deswegen erwähnt zu werden, weil er zu den Orten in der Lausitz gehört, wo die schauerlichen Mysterien der gefürchteten Nacht- und Todesgöttin – Czerneboh Pya – Statt fanden und von dieser wie von der Lebens- und Liebesgöttin – Ziea – durch Priester und Priesterinnen Orakelsprüche ertheilt wurden. Der Tradition zufolge fand sich vornehmlich eine Repräsentation und ein Orakel der Czerneboh Pya auf dem genannten Frageberge. Er ist zum Theil mit Holz bewachsen und mit vielen grösseren und kleineren Felsstücken bedeckt. Insonderheit zeichnen sich 5 grosse immer einige 100 Schritte von einander entfernte und gleichsam geschichtete Haufen Granitblöcke auf demselben aus. Der von Osten gegen Westen gerechnet erste Fels heisst mala Kaczka – kleine Ente, der andere wulka Kaczka – grosse Ente – der folgende dritte, vierte und fünfte Haufen aber führen den Namen des ersten, zweiten und dritten Fragebergs.

Nachdem bei der Einführung des Christentums auch hier die Arae Deorum Dearumgne zerstört und die zu den Symbolen der auf

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/235&oldid=- (Version vom 26.12.2019)