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Pohla.


Pohla, wendisch Palow, liegt am Taucherwalde auf einer Anhöhe, zwischen Bautzen und Bischofswerda mit Uhist und Burkau grenzend, 1 Stunde nördlich von Bischofswerda.

Die Gründung des Ortes mag sehr alt sein und derselbe seinen Ursprung den ehemaligen heidnischen Wenden zu verdanken haben.

Die Herrschaft besteht aus den Gütern Pohla, Schönborn und Taschendorf mit dem dazu gehörigen Dorfe Stacha und ist ein Fideicommissgut, welches seit undenklichen Zeiten im Besitze des von Ponickauschen Geschlechts sich befindet.

Dieses Geschlecht war in der Lausitz von den frühesten Zeiten weit verzweigt, sowohl durch Blutsverwandtschaft, als auch Schwägerschaft. Es hatte hier die grössten Besitzungen. Ein Vorbesitzer von Pohla und Taschendorf war Hans Fabian von Ponickau, welcher auch Elstra, Kindisch, Bocka, Printitz mit Mahrsdorf, Rehnsdorf mit Gersdorf, Wohla mit Welka, Boderitz, Ossel, Talpenberg, Dobrig und Bischheim besass.

Als Landesältester des Bautzner Kreises erwarb er sich durch die geschickte und treue Verwaltung dieses Amts in sehr unruhigen Zeiten um die Oberlausitz grosse Verdienste. Die vaterländische Geschichte nennt von 1602 bis 1620 wenigstens 11 Deputationen, zu denen ihn die Stände der Oberlausitz gewählt hatten. Er half in Prag an Ferdinands Stelle den Protestantischen Churfürsten von der Pfalz Friedrich V. zum Könige von Böhmen erwählen; im April 1620 befand er sich wieder unter den Abgeordneten, die den König Friedrich auf dem Landtage zu Prag ersuchten, zur Huldigung persönlich nach Bautzen zu kommen. Dieser aber war der letzte ehrenvolle Auftrag, der ihm zu Teil wurde; denn bald traf ihn ein herbes Geschick. Der Churfürst von Sachsen, Johann Georg I., der ein Bündniss mit dem Kaiser Ferdinand eingegangen war, besetzte noch in demselben Jahre die Lausitz und nahm unter andern auch von Elstra Besitz. Hans Fabian von Ponickau mit 10 andern Ständen der Provinz vom General-Pardon ausgeschlossen, musste nach Cottbus flüchten und seinen Glaubenseifer mit 20000 Fl. büssen, seine Güter wurden auch zwei Jahre lang durch Carl von Crahe sequestrirt. Nur mit grosser Mühe gelang es seinen einflussreichen Freunden, dem Hofmarschall und dem Geheimen Rath Gebrüder von Schönberg Begnadigung für ihn auszuwirken. Das letzte Decennium seines Lebens verlebte er im Familienkreise zu Elstra und Prietitz. Da er zweimal vermählt, und jede Gattin ihm 15 Kinder geboren hatte, so war die Zahl der letzteren nicht klein, obwohl die meisten namentlich aus zweiter Ehe frühzeitig wieder gestorben waren. Nach seinem Tode theilten sich seine Söhne in die Güter und Valentin und Nicol erhielten Taschendorf und Pohla. Ein Nachkomme war der Sächs. geh. Rath Conferenzminister und Reichstagsgesandter, Johann Georg IV. von Ponickau.

Der gegenwärtige Besitzer ist der Stifts-Naumburg-Zeitzische Kammerrath, Heinrich von Ponickau.

Die hiesigen Rittergutsgebäude kann man nicht zu den grossen zählen, aber sie bieten eine liebliche Landschaft, wie diess aus der Abbildung zu ersehen ist. Dieselben stehen erst seit 1722, wo die frühern ganz abgebrannt sind. —

Man hat vom Gute aus nur einige Minuten zu gehen, um zu dem höchsten Punkte des sogenannten Pohlaer Berges zu gelangen, wo sich dem Auge der imposanteste Umblick nach Norden, Osten und Süden eröffnet, wo man das 2 Meilen weite Bautzen zum grössten Theile übersehen und selbst die 8 Meilen weite Landeskrone, mit ihren beiden Hügeln durch ein mässiges Fernrohr beschauen kann. Damit lassen sich auch in dem Umkreise von Süden, Osten und Norden, einige 30 Kirchen zählen, darunter die schöne Kirche im Kloster Marienstern. Wer zum ersten Male diesen höchsten Punct betritt, wird unwillkührlich gefesselt.

Pohla selbst ist nicht gross. Der Ort hat nur 31 bewohnte Gebäude mit 44 Familienhaushaltungen und 182 Einwohnern.

Pohla gehört jetzt zum Gerichtsamte Bischofswerda, zum Bezirksgericht, zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Bautzen.

Die Einwohner leben fast alle von Feldbau; sind aber zum Theil Leinweber.

Einer Sage nach soll dies Dorf zu einer Pestzeit bis auf einen einzigen Mann ausgestorben sein. Während dieser Pestzeit habe eine Frau von Ponickau aus dem Crosswitzschen Kirchspiele geistlichen Zuspruch verlangt, welcher ihr in ihrer Nähe sei versagt worden; erst nach dem sie

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/186&oldid=- (Version vom 19.9.2016)