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Ober-Leutersdorf.


Ober-Leutersdorf, in alten Urkunden Lutgers- oder Lutgardsdorf genannt, liegt 7 Stunden von Bautzen, 3 Stunden von Zittau, in gleicher Entfernung von Löbau, 2 Stunden von Herrnhut, 1 Meile östlich von der böhmischen Stadt Rumburg.

Wir müssen hier voraus schicken, dass Ober-Leutersdorf in den sächsischen und böhmischen Antheil zerfällt. Zu dem ersteren gehört: Ober-Leutersdorf I., der Ort, dem unsere specielle Beschreibung gewidmet ist, ferner Ober-Leutersdorf II. und III., Hetzwalde mit Mittel-Leutersdorf und Neu-Mittel-Leutersdorf und der zum Dominium gehörigen Bleiche. Letzterer umfasst die Orte Nieder-Leutersdorf, Josephidorf und Neuwalde in sich.

Ober-Leutersdorf I. zählt für sich nur 51 bewohnte Gebäude mit 78 Familien-Haushaltungen und 415 Bewohnern.

Ober-Leutersdorf I. gehört jetzt zum Gerichtsamte Grossschönau, zum Bezirksgerichte Zittau, zur Amtshauptmannschaft Zittau, zum Regierungsbezirk Bautzen. Zu dem Rittergute mit dem Ort Neuwalde gehören 300 Acker Feld, 100 Acker Wiesen und 200 Acker gut bestandene Waldung; der Viehstand besteht aus 50 Stück Rindvieh, 160 Schafen und 8 Pferden.

Ein von Bergen und Höhen begrenztes herrliches Thal umgiebt die Ortschaften Ober- und Niederleutersdorf. Unmittelbar aus diesem Thale erheben sich 3 sogenannte Spitzberge, der Oderwitzer, Spitzkunnersdorfer und Warnsdorfer und gewähren die herrlichste Rundsicht nach allen Himmelsgegenden hin. Nicht minder schön sind von den ringsum befindlichen Höhen die Fernsichten nach den böhmisch-lausitzer-böhmischen-schlesischen Gebirgen und nach den Niederungen der königl. preuss. Oberlausitz und des daran stossenden Schlesiens. Umgeben von den lebendigen Fabrikörtern, wie Eubau, Alt- und Neugersdorf, Rumburg, Seifhennersdorf, Warnsdorf, Grossschönau, Spitzcunnersdorf, Ober- und Nieder-Oderwitz gehört auch Oberleutersdorf I. zu denjenigen Orten, welche sich durch regen Fabrikfleiss auszeichnen. Leinene und meist baumwollene Stoffe werden hier gearbeitet und auf den Messen zu Leipzig und Frankfurt, auf den Märkten zu Wien, Prag und Brünn vertrieben.

Aus den früheren Zeiten haben wir über den Ort nur mangelhafte Nachrichten, da im Jahre 1719 durch einen Brand in Oberleutersdorf alle darauf bezügliche Urkunden ein Raub der Flammen geworden sind. Nur soviel wird erzählt, dass, als die Bischöffe von Meissen die Stadt Zittau befehdeten, die Meissner im Jahre 1347 hier plünderten, aber von den Zittauern angegriffen und überwunden wurden.

Aller Wahrscheinlichkeit zu Folge gehörte Leutersdorf in früherer Zeit zu dem Vassallagio der Standesherrschaft Seidenberg, und noch früher stand es in einem gleichen Verhältnisse zur Herrschaft Friedland.

Erst zu Anfang des 17. Jahrhunderts scheint der Ort aus seinem früheren Verbande gekommen zu sein. Wir finden in dieser Zeit als besondere Besitzerin die Familie von Haferland. Im Jahre 1639 war noch ein gewisser Siegismund von Haferland Besitzer des Gutes, von welchem es an dessen Schwiegersohn Herrn Joachim Ernst von Kyaw, dem Sohne eines Wilrich von Kyaw auf Giessmanndorf und Friedersdorf überging, welcher mit Veronica von Haferland vermählt war. Im Jahre 1647 kaufte das Gut Hans Georg von Oberland auf Lomnitz an der Saale,:
Lausitzer Kreis, 15tes Heft oder 72tes der ganzen Folge.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/168&oldid=- (Version vom 26.9.2016)