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Ober-Oderwitz.


Zu dem Gütercomplex der Rittergüter Ober- und Niederruppersdorf mit Neuruppersdorf gehört auch das Dorf und Rittergut Oderwitz, seit dem siebzehnten Jahrhundert den Namen Ober-Oderwitz führend. Ober-Oderwitz liegt bei Herrnhut, 3 Stunden von Löbau und 3 Stunden von Zittau entfernt, wie dies Alles schon bei dem Rittergute Ober-Ruppersdorf erzählt worden ist. Es liegt in einem sehr schönen Thale, wovon es auch den Namen hat; denn Oderwitz heisst auf slavisch Wodrinza, Wadrynge und dies bedeutet ein durch Wasser zerrissenes Thal. Es liegt unmittelbar an der Dresdner-Zittauer Chaussee.

Das Dorf selbst hat 467 Häuser mit 4500 Einwohnern, von denen der grössere Theil die Leinweberei betreibt. Es besteht aus drei Antheilen, dem Ruppersdorfer mit dem Kirchenlehn, dem Hainewalder und dem Zittauer. Ueber die Gründung des Dorfes fehlen die näheren Nachrichten. So viel ist sicher, dass dasselbe bis zu dem traurigen Pönfall[1] der Sechsstädte der Stadt Zittau zugehörte.

Im Jahre 1549 kam Oderwitz in Besitz des mehrerwähnten Dr. Ulrich von Nostiz, aus welcher Zeit folgender Lehnbrief stammt:

„Wir Ferdinand v. G. G., Römischer König etc., bekennen für unns unnsre Erben hiermit diesen Brief vor Maneglich. Als wir dem etc. Ulrichen von Nostiz zu Ruppersdorf, unsern Rath und Hauptmann zu Budissin, verthines sieben und vierzigsten Jars unsre drei Dörfer, nämlich: das Dorf Oderwiz, im Sitt’schen Weichbilde gelegen, unmaassen die Stadt Sittau desselben Innhalts, denselben Ihren Lehnbrieff, die sie zu Unsern Handen überantwortet, gebraucht und genossen, und das Dorf Grossschweiniz und das Dorf Georgewiz im Lubischen Weichbilde alles in unserm Markgrafenthum Oberlausitz gelegen, zusammt etc. – wie die im genannten unserm M. O. L. und angezeigten Ihren Weichbildern gelegen und vormals beide Stadt Sittaw und Lubew und jetzo wir genossen und innegehabt, um 6000 Thaler, die wir Ime hiervon In Ansehung seiner langgethanen Dienstleistung unsrer derselben Insonderheit ausgegangen Verschreibung des Datum Prag, den ersten Octobris verthines sieben und vierzigsten Jahres gestanden, gegeben Pfandweise eingeräumt und volgunds dieselben durch etliche unnsre in gewalt M. Ob. L. abgefertigte Commissari dem Landesgebrauch nach auf fünf tausent Taller, den Taller zu ein und dreissig Weiss-Groschen gerechnet, geschätzet und taxirt worden. Da wir demnach wohlbedächtlich etc. – gewelten Ullrich von Nostiz und allen seinen männlichen Leybs-Lehn, haben solche obgenannte drei Dörfer etc. – umb obgedachte Summe der 6000 Taller im rechten erblichen Kauff Lehnsweise folgen und zu Thumme haben lasse. Thun solches auch hiermit wissentlich und in Chrafft dieses Brieffs etc. zu Urkunde verfertiget mit unserm Kuniglichen nahmigen Innsigl. Geben auff unserm Kuniglichen Schloss Prag nen fünften Tag des Monats Maney


  1. Der Sieg des kaiserlichen Heeres am 24. April 1547 über die Sachsen bei Mühlberg entzog den Sechsstädten (Bautzen, Görlitz, Zittau, Löbau, Lauban und Camenz) als Rache und Strafmittel (der sog. Pönfall der Sechsstädte) ihre durch die Reformation erlangten Freiheiten, ihr Hab und Gut, ihre Privilegien und Vorrechte, die sie wegen Bekämpfung der Raubritter erlangt hatten.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)