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Belagerungsheere den erfolgreichsten Widerstand leisten konnte. Lange hatten die Räuber die ganze Nachbarschaft in Furcht und Schrecken erhalten, da entschlossen sich die Bürger der immer mächtiger werdenden Stadt Zittau, die verschiedenen nahen Raubschlösser zu vernichten, bei welchem Vorhaben Kaiser Karl IV. ihnen mit Truppen und Belagerungsgeräth hülfreich beistand. Zwischen den Jahren 1351 und 1359 umzingelten die Bürger Zittaus mit Hülfe anderer bewaffneten Sechsstädter die Burgen Crostau und Kirschau, die auch nach kühnem Widerstande endlich erstürmt wurden, wodurch der Wohlstand des Landmanns einen neuen Aufschwung erhielt, denn die Sechsstädte zertrümmerten ein Raubnest nach dem anderen und deren Bewohner fielen unter den Schwertern der Sieger oder endeten unter den Händen des Henkers oder im Gefängniss. – Als die Burgen zu Crostau und Kirschau vernichtet waren mögen sich neben den wenigen Häusern am Schlossberge friedliche Landleute angesiedelt haben, so dass endlich ein hübsches Dorf entstand, das sogar später zum Marktflecken erhoben wurde. Wo jetzt das Schloss zu Crostau steht befand sich früher der Marktplatz; die Märkte aber sind nach Gaussig verlegt worden.

Das Rittergut zu Crostau, welches an Feld und Waldungen circa dreihundertundachtzig Acker enthält, hat ein schönes herrschaftliches Schloss mit einem Hauptflügel und zwei Seitenflügeln, in deren einem früher eine vom Grafen Watzdorf gesammelte Bibliothek aufgestellt war. Das Schloss ist in neuerer Zeit sehr freundlich umgestaltet worden, indem man die alten Nebengebäude abbrach und dafür Gärten anlegte, und wird von verschiedenen durch die Lage ganz besonders begünstigten Anlagen eingeschlossen, worin sich vor Allem zwei ungeheure Linden auszeichnen, von denen eine dreizehn Ellen im Umfange misst. Die uralten Bäume stehen noch in voller Kraft, und während vor wenigen Jahren ein furchtbarer Orkan die stärksten Bäume entwurzelte, behaupteten die beiden Linden ihren Platz. Ebenso befinden sich im Park zwei Taxusbäume von seltenem Umfang, sowie zwei Fontainen, von denen eine zehn die andere zweiundzwanzig Ellen steigt. Die grössere dieser Fontainen kam im Winter von 1854 zu 1855 in nicht geringen Ruf und wurde von weit und breit besucht, indem man sie bei grosser Kälte hatte springen und gefrieren lassen, wodurch eine zauberhaft schöne Eispyramide entstanden war, aus der das Wasser noch immer in tausend kleinen Strahlen hervorsprudelte. Der einstens so weit und breit berühmte Park hat viel von seiner früheren Schönheit eingebüsst. Der sonstige Lust- und Ziergarten hat sich in einen Obst- und Grasgarten verwandelt, das Gewächshaus ist eingegangen und ein grosser herrschaftlicher Garten, der früher elfhundert Obstbäume enthielt, wird zur Wiedemuth benutzt. Die hiesige Rittergutsbrauerei hat einen alten Ruf.

Die Geschichte hat die Namen der streitlustigen Ritter, welche einst auf dem Raubschlosse Crostau hausten, nicht aufbewahrt, der erste uns bekannt gewordene Besitzer war David von Metzrad, dem das Rittergut 1592 gehörte, worauf Hans Christoph von Rechenberg, mit Elisabeth von Schönfeld vermählt, 1594 vorkommt. Dieser Herr hat für Crostau ausserordentlich viel gethan, indem er um das Jahr 1596 hier eine neue Kirche baute (Crostau war vorher nach Schirgiswalde eingepfarrt) und somit eine neue Parochie gründete, drei Glocken hineinschenkte und Pfarre nebst Schule durch Grundbesitz dotirte. Die Kirche war ursprünglich katholisch und wurde auf Bitten Hans Christophs von Rechenberg mit Kaiser Rudolph II. Zustimmung in eine protestantische verwandelt. Von den Kindern dieses Herrn von Rechenberg starb Johannes Asmus 1597 und Johann Carl 1598; beide wurden in der Kirchengruft beigesetzt, in deren Nähe ihre steinernen Denkmäler noch jetzt vorhanden sind. Nach dieses Besitzers von Crostau Tode, der um das Jahr 1604 erfolgt sein muss, gehörte das Gut Ernst von Rechenberg, Kaiser Rudolphs II. Rath, Landeshauptmann und Amtsverwalter im Markgrafenthum Oberlausitz, mit einem Fräulein von Gersdorf aus dem Hause Rengersdorf vermählt. Sein Sohn, Rudolf von Rechenberg, vermählte sich mit Barbara von Ponickau und starb als Landesältester der Oberlausitz und Herr auf Crostau, Kleinbautzen, Sohland, Rhodowitz, Oppach und Prietitz. Nach ihm besass Crostau und Kleinbautzen einer seiner Söhne, Hans Ernst von Rechenberg, dessen erste Gemahlin Barbara von Ponickau aus dem Hause Elstra war, nach deren Tode er Cunigunden von Uechtritz aus dem Hause Steinkirchen heimführte, die Wittwe Hansens von Metzradt auf Taubenheim. Er starb als Landesbestallter im Jahre 1648 und wurde in der hiesigen Erbgruft beigesetzt. Von ihm wurden die Einkünfte des Crostauer Pfarrers verbessert, indem er einige Scheffel Feld und Wiesen zum Pfarrgute schlug, während seine zweite Gemahlin die Kirche mit neuer Kanzel- und Altarbekleidung ausstattete. Die beiden Söhne Hans Ernsts von Rechenberg, Hans Rudolf und Hans Ernst, konnten nicht verhindern, dass des Vaters Gut bald nach seinem Hinscheiden sub hasta veräussert wurde, und so kam Crostau in Besitz des Schwedischen Obristleutnants Heinrich von Seidlitz, vermählt mit Sabine von Gersdorf aus dem Hause Gröditz. Er liess auf eigne Kosten die Crostauer Kirche erweitern, baute an der Stelle des bis dahin vom Pfarrer bewohnten Bauernhauses eine neue Pfarrwohnung und vermehrte die Einnahme des Pastors alljährlich um zwölf Thaler; seine Gattin aber schenkte der Kirche einen silbernen stark vergoldeten Kelch und eine silberne Oblatenschachtel, die noch jetzt im Gebrauche sind. Als der Obristleutnant von Seidlitz 1670 zu Rhodowitz mit Tode abging übernahm das Gut sein Schwager, Christian Wilhelm von Watzdorf, churfürstlich Sächsischer Kammerjunker, Amtshauptmann der Herrschaft Hoyerswerda und Oberlandfischmeister durch ganz Sachsen. Er hatte sich mit Eva Catharina von Seidlitz, der Schwester des vorigen Besitzers, vermählt, die schon bei Lebzeiten ihres Bruders Mitbelehnte von Crostau war, und starb 1690 auf dem Schlosse zu Hoyerswerda. Auch dieser Gutsherr hat viel für die Kirche zu Crostau gethan, denn er vollendete die Pfarrwohnung, liess die Kirche renoviren und erweitern, den Thurm erhöhen und mit neuer Fahne und neuem Knopfe versehen, sowie ein neues Orgelwerk bauen, wozu er ein Legat von hundert Thalern (dem seine Gemahlin später ebenfalls hundert Thaler beifügte) auf das Rittergut anwies, dessen Interessen zu Erhaltung der Orgel und zu Gunsten des Organisten verwendet werden sollten. Von seiner Gemahlin empfing die Kirche einen zweiten silbernen Kelch, ein Oblatenschüsselchen, eine Oblatenschachtel und eine neue Altarbekleidung.

Der nächste Besitzer des Rittergutes Crostau war Christoph Heinrich von Watzdorf, königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Kammerherr und Kreishauptmann des Leipziger Kreises, später Obersteuer- und Generalaccisdirektor, auch wirklicher Geheimrath, Conferenzminister, Ritter des Polnischen

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Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)