Verrat mir schien das Sonnenlicht,
Das Bahn sich durch die Wipfel bricht,
So ward ich – hart, obschon gerecht!
Zum Schatten flohn wir aus der Glut;
Da rauscht und duftet’s frohgemut,
Die Erle wuchert aus dem Moos,
Harz sickert aus der Tannen Schoß;
Daran sich zärtlich schmiegt die Winde;
Durch Blättergrün, vom Abendrot
Vergoldet, schon der Himmel loht;
Schon Tau und Nebel netzt die Erde
Zu Neste schlüpfen Falk und Taube,
Das Moos dem Rauschen lauscht im Laube
Der Birke, die im Bächlein klar
Sich spiegelnd, kämmt ihr Flechtenhaar.
Am Himmel losch der Dämmerschein;
Der Tag entfloh. Wir sind allein
Im Brautgemach: im Waldgezelt;
Die Liebe trennt uns von der Welt!
und hörten sein Geflüster kaum,
Da zwischen uns urplötzlich fiel –
Ich weiß nicht, war es Zufallsspiel –
Das Zauberwort „Ich liebe dich!“
Die Rose, die vor Scham erglühte?
Das Veilchen, das im Traum erblühte?
Das Eichhorn, das vom Zweige hüpfte?
Das Tageslicht, das uns entschlüpfte?
Hat uns der Lenz gespielt den Streich?
Hat uns das Echo nur gedroht?
Wie ward die weiße Lilie rot!
Schon wollt’ ich fragen sie in Hast;
Albert Weiß: Polnische Dichtung in deutschem Gewande. Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Albert_Weiss_-_Polnische_Dichtung_in_deutschem_Gewande.pdf/70&oldid=- (Version vom 20.8.2021)